12 - Im Auge des Tigers
tun.«
»Und weiter?«
»Und weiter hat er Geld auf ein gewisses Konto verschoben, das die Quelle für eine Reihe von Visa-Cards ist – unter anderem die der vier Typen, die ihr gestern kennen gelernt habt.« Die Hinweise ergaben noch keinen geschlosse-403
nen Kreis, aber das FBI würde nicht mehr lange brauchen, um ihn zu schließen. »Außerdem hat er sich in seinen E-Mails über die großartigen Ereignisse‹ von gestern ausgelassen.«
»Wie bist du denn an seine E-Mails rangekommen?«, wollte Dominic wissen.
»Das darf ich nicht sagen. Das müsst ihr aus jemand anderem rauskriegen.«
»Ungefähr zehn Meilen in dieser Richtung, oder?« Dominic deutete nach Nordosten. In Geheimdienstkreisen arbeitete man nicht selten mit Methoden, die dem Federal Bureau of Investigation normalerweise untersagt waren. Cousin Jack setzte eine ziemlich ausdruckslose Miene auf, mit der er allerdings beim Poker wohl kaum ein Vermögen gewonnen hätte.
»Er finanziert also Terroristen?«, fragte Brian.
»So ist es.«
»Das spricht nicht gerade dafür, dass er ein guter Mensch ist«, spann Brian den Gedanken weiter.
»Wohl kaum«, stimmte ihm der Junior zu.
»Vielleicht lernen wir ihn ja noch kennen. Was kannst du uns sonst noch über ihn erzählen?«, bohrte Brian.
»Teure Adresse, ein Stadthaus am Berkeley Square –
schöne Gegend von London, nur ein paar Straßen von der amerikanischen Botschaft entfernt. Amüsiert sich gern mit Callgirls. Besonders eine gewisse Rosalie Parker hat es ihm angetan. Der britische Security Service hat schon ein Auge auf ihn und quetscht sein Herzblatt, diese Rosalie, regelmä-
ßig aus. Der Typ bezahlt sie sehr gut, in bar. Miss Parker scheint bei Reichen hoch im Kurs zu stehen. Muss einiges drauf haben«, fügte Jack voller Abscheu hinzu. »In der Akte im Computer gibt es ein neues Foto. Der Bursche hat ungefähr unser Alter, dunkle Hautfarbe, so einen Bart, wie ihn sich ein Typ stehen lässt, um möglichst scharf auszusehen.
Fährt einen Aston Martin. Heißer Schlitten. In London selbst ist er allerdings meist mit dem Taxi unterwegs. Er hat 404
kein festes Domizil auf dem Land, fährt aber übers Wochenende häufig raus und steigt in irgendwelchen Hotels ab, meistens mit Miss Parker oder irgendeiner anderen Edelnutte. Arbeitet im Zentrum, im Finanzviertel. Hat ein Büro im Lloyd’s of London Building – zweiter Stock, glaube ich. Wickelt vielleicht drei bis vier Geschäfte pro Woche ab.
Die meiste Zeit sitzt er wohl nur rum und sieht fern, verfolgt die Börsenkurse, liest Zeitung und so.«
»Ein verwöhntes reiches Jüngelchen also, das etwas Aufregung im Leben sucht?«, fasste Dominic zusammen.
»Genau. Nur dass er vielleicht zwischendurch gern mal rausgeht und mitten auf der Straße spielt.«
»Das ist gefährlich, Jack«, gab Brian zu bedenken. »Davon könnte glatt jemand Kopfschmerzen im Kaliber drei-fünf-sechs kriegen.« Bei dem Gedanken an ein Zusammentreffen mit dem Mann, der den Tod von David Prentiss finanziert hatte, verengten sich Brians Augen gefährlich.
Und plötzlich konnte sich Jack des Eindrucks nicht er-wehren, dass Miss Rosalie Parker nicht mehr allzu viele Louis-Vuitton-Handtaschen bekommen würde. Aber wenn sie so clever war, wie Security Service und Special Branch glaubten, hatte sie sich gewiss schon um ihre Altersvorsor-ge gekümmert.
»Wie geht’s deinem Dad?«, erkundigte sich Dominic.
»Er schreibt seine Memoiren«, berichtete Jack. »Ich frage mich nur, wie viel er darin tatsächlich erzählen darf. Nicht mal Mom weiß richtig darüber Bescheid, was er bei der CIA getan hat, und das Wenige, was ich weiß – also, da gibt es eine ganze Menge, worüber er sich ausschweigen muss.
Sogar Dinge, die für die breite Öffentlichkeit mehr oder weniger ein offenes Geheimnis sind, darf er nicht bestätigen.«
»Wie zum Beispiel, dass er den KGB-Chef zum Überlau-fen gebracht hat. Das muss ja vielleicht eine Story sein! Der Typ war im Fernsehen. Wahrscheinlich ist er immer noch stinksauer auf deinen Dad, dass er ihn daran gehindert hat, 405
die Regierung der Sowjetunion an sich zu reißen. Wahrscheinlich denkt der Kerl, er hätte sein Land vor dem Untergang bewahren können.«
»Kann schon sein. Jedenfalls hat Dad eine Menge Geheimnisse. Genau wie einige seiner alten Freunde bei der Firma. Vor allem einer, ein gewisser Clark. Der Typ ist mir nicht ganz geheuer, aber er und Dad stehen sich sehr nahe.
Ich glaube, er ist zurzeit in England und leitet
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