12 - Im Auge des Tigers
reden.«
»Erst mal mindestens zehn Minuten lang über sein Wo-chenendabenteuer. Wetten?«
»Ja, er redet wirklich gern«, gab ihm Peter Recht.
»Sie ist zu dünn, aber sie versteht ihr Geschäft«, berichtete bin Sali seinem Kollegen. »Ungläubige Frauen haben durchaus was für sich, mein Freund.« Mandy und Rosalie mochten ihn wirklich. Dafür hatte er ein untrügliches Ge-spür.
»Freut mich zu hören, Uda«, erwiderte Mohammed in Paris geduldig. »Aber jetzt zum Geschäft.«
»Wie Sie wünschen, mein Freund.«
»Die Operation in Amerika war ein voller Erfolg.«
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»Ja, ich habe die Berichte gesehen. Wie viele insgesamt?«
»Dreiundachzig Tote und hundertdreiundvierzig Verletzte. Es hätten mehr sein können, wenn nicht dem einen Team ein Fehler unterlaufen wäre. Aber was viel wichtiger ist: Die Sache ist überall in den Nachrichten. Im Fernsehen haben sie heute nichts anderes gebracht als Berichte über unsere heiligen Märtyrer und ihre Anschläge.«
»Prächtig. Ein großer Erfolg für Allah.«
»O ja. Allerdings brauchte ich auf meinem Konto etwas mehr Geld.«
»Wie viel?«
»Hunderttausend britische Pfund dürften fürs Erste ge-nügen.«
»Bis morgen zehn Uhr kann ich das veranlassen.« Es wäre sogar ein, zwei Stunden früher gegangen, aber er wollte am nächsten Morgen ausschlafen. Er hatte sich mit Mandy ziemlich verausgabt. Jetzt lag er im Bett, trank französischen Wein, rauchte eine Zigarette und hatte nebenbei den Fernseher laufen, um die Sky News zur vollen Stunde nicht zu versäumen. »Sonst noch was?«
»Vorerst nicht.«
»Ich kümmere mich darum«, versicherte er Mohammed.
»Sehr gut. Gute Nacht, Uda.«
»Moment, noch eine Frage…«
»Jetzt nicht. Wir müssen vorsichtig sein«, warnte Mohammed. Ein Mobiltelefon zu benutzen war mit Risiken verbunden. Er hörte ein Seufzen als Antwort.
»Na schön. Gute Nacht.« Und beide unterbrachen die Verbindung.
»Der Pub in Somerset – das Blue Boar – war ganz okay«, erzählte Mandy. »Das Essen war nicht übel. Freitagabend hat Uda Truthahn gegessen und dazu zwei Bier getrunken.
Gestern Abend waren wir in einem Restaurant gegenüber vom Hotel essen, im Orchard. Er hatte ein Chateaubriand und ich Seezunge. Samstagnachmittag waren wir kurz ein-422
kaufen. Er hatte keine besondere Lust auszugehen, wollte eigentlich die meiste Zeit über im Bett bleiben.« Der süße Detective nahm alles auf und machte sich zwischendurch Notizen, ebenso ein weiterer Polizist. Beide waren so nüchtern und sachlich wie Mandy.
»Hat er über irgendetwas gesprochen? Über die Nachrichten im Fernsehen oder in der Zeitung?«
»Er hat sich im Fernsehen die Nachrichten angesehen, sich aber nicht dazu geäußert. Als ich sagte, was für ein grauenhaftes Gemetzel, hat er nur geknurrt. Er kann unglaublich herzlos sein, dabei ist er zu mir immer so nett.
Zwischen uns ist noch nie ein böses Wort gefallen«, erzählte sie den beiden und umschmeichelte sie mit ihren blauen Augen.
Es fiel den Polizisten nicht leicht, ihrer Informantin mit professioneller Neutralität zu begegnen. Sie sah aus wie ein Model, obwohl sie mit ihren einsfünfundfünfzig viel zu klein dazu war. Außerdem hatte sie einen ganz speziellen Charme, der ihr in ihrem Job sehr zustatten kommen musste. Doch ihr Herz war aus purem Eis. Traurig, aber im Grunde ging es die beiden Polizisten nichts an.
»Hat er mit jemandem telefoniert?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, mit niemandem. An diesem Wochenende hatte er sein Handy nicht dabei. Er sagte, er wollte nur für mich da sein und an diesem Wochenende brauchte ich ihn mit niemand anderem zu teilen. Das war neu. Ansonsten war alles wie immer.« Ihr fiel noch etwas ein: »Neuerdings wäscht er sich häufiger. Ich hab ihn an beiden Tagen zum Duschen geschickt, und er hat nicht mal gemurrt. Na ja, ich habe auch ein bisschen nachgeholfen.
Ich bin mit ihm unter die Dusche.« Sie lächelte kokett. Damit war das Gespräch praktisch beendet.
»Danke, Miss Davis. Sie haben uns wie immer sehr geholfen.«
»Keine Ursache. Glauben Sie, er ist ein Terrorist oder so was?« Das musste sie einfach fragen.
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»Nein. Wenn Ihnen Gefahr drohen würde, würden wir Sie rechtzeitig warnen.«
Mandy griff in ihre Louis-Vuitton-Handtasche und förderte ein Messer mit einer zwölf Zentimeter langen Klinge zutage. Es war verboten, eine solche Waffe bei sich zu tragen, aber in ihrer Branche brauchte sie einen zuverlässigen Begleiter, und dafür hatten die
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