12 - Im Auge des Tigers
Sicherheit würde Uda bin Sali das Ende dieser Woche nicht mehr erleben. Jack rechnete damit, im morgendlichen Nachrichtenverkehr aus dem Thames House über seinen Tod zu lesen. Unwillkürlich fragte er sich, wie wohl die Engländer darauf reagieren würden. Auf jeden Fall würde er, Jack, bald in allen Einzelheiten erfahren, wie der Job ausgeführt wurde – eine Frage, die ihn bereits intensiv beschäftigte. Er hatte genügend Zeit in London verbracht, um zu wissen, dass man dort keine Schusswaffen benutzte, wenn es sich nicht gerade um einen staatlich sanktionierten Mord handelte. In solch einem Fall – wenn zum Beispiel der Special Air Service jemanden beseitigte, der in der Downing Street Nr. 10 ganz besonderes Missfallen erregt hatte –, unterließ es die Polizei geflissentlich, der Sache allzu gründlich nachzugehen. Der Form halber gab es vielleicht ein paar Vernehmungen, gerade genug, um eine Akte zusam-432
menzubekommen, die dann schnellstens im Schrank mit den ungelösten Fällen abgelegt wurde, wo sie Staub und geringes Interesse ansetzte. Man musste kein Genie sein, um sich dazu seinen Teil zu denken.
Aber in diesem Fall handelte es sich um einen Anschlag durch Amerikaner auf britischem Boden, und darüber wäre die Regierung Ihrer Majestät garantiert nicht erfreut. Das war eine Frage des Anstands. Außerdem handelte es sich hier nicht um eine von der amerikanischen Regierung an-geordnete Maßnahme. Rein rechtlich betrachtet, war es vorsätzlicher Mord, eine Straftat also, die jede Regierung zutiefst missbilligte. Jack hoffte inständig, dass seine Cousins sich in Acht nähmen. Selbst sein Vater könnte bei einer Angelegenheit dieses Kalibers nicht viel ausrichten.
»Also wirklich, Uda, du bist ein richtiges Tier, hauchte Rosalie Parker atemlos, als er sich endlich von ihr herunter-wälzte. Sie sah auf die Uhr. Es war spät geworden, und am kommenden Tag hatte sie nach dem Mittagessen eine Verabredung mit einem leitenden Angestellten einer Ölfirma aus Dubai. Er war eigentlich ein recht sympathischer alter Knabe – und sehr großzügig –, auch wenn er ihr mal gesagt hatte, sie erinnere ihn an eine seiner Lieblingstöchter. Perverser alter Sack.
»Bleib doch über Nacht«, drängte Uda.
»Das geht nicht, Schatz. Ich bin morgen mit meiner Mutter zum Mittagessen verabredet, und anschließend gehen wir bei Harrods shoppen. Lieber Gott, ich muss los!«, stieß sie mit gut gespielter Hektik hervor und sprang auf.
»Nein.« Uda packte sie an der Schulter und zog sie wieder zu sich herunter.
»Du Teufel!« Ein Kichern und ein warmes Lächeln.
»Er heißt › Shahatee ‹ «, korrigierte Uda sie. »Und er gehört nicht zu meiner Familie.«
»Du kannst einen wirklich fertig machen, Uda.« Nicht, dass sie etwas dagegen gehabt hätte, aber jetzt war keine 433
Zeit dafür. Sie stand auf und sammelte ihre Kleider vom Boden auf, wo er sie wie üblich verteilt hatte.
»Rosalie, mein Engel, für mich gibt es nur dich«, seufzte er. Sie wusste, dass das gelogen war. Immerhin war sie es gewesen, die ihn mit Mandy bekannt gemacht hatte.
»Tatsächlich?«, fragte sie. »Und was ist mit Mandy?«
»Ach, die! Viel zu dünn. Die isst ja gar nichts. Sie ist nicht wie du, meine Prinzessin.«
»Du bist richtig süß.« Noch ein rascher Kuss, ehe sie ihren BH anzog. »Uda, du bist wirklich der Beste, der Allerbeste.«
Ein männliches Ego konnte nie genügend Streicheleinheiten bekommen, und Uda hatte ein größeres Ego als die meisten.
»Das sagst du nur, um mir zu schmeicheln«, warf ihr bin Sali vor.
»Hältst du mich etwa für eine Schauspielerin? Glaub mir, Uda, du bist absolut umwerfend. Aber trotzdem muss ich jetzt gehen, Schatz.«
»Na schön.« Er gähnte. Er würde ihr am nächsten Tag ein Paar Schuhe kaufen, beschloss er. Nicht weit von seinem Büro gab es einen neuen Jimmy-Choo-Laden, den er mal testen wollte, und sie hatte exakt Größe 6. Ihre Füße sind wirklich entzückend, dachte er.
Rosalie huschte kurz ins Bad, um einen Blick in den Spiegel zu werfen. Ihre Frisur war eine Katastrophe – Uda wühlte immer darin herum, als wollte er sein Eigentum markieren. Ein paar Sekunden mit der Haarbürste machten sie aber fast wieder präsentabel.
»Ich muss los, Schatz.« Sie beugte sich über ihn, um ihn noch einmal zu küssen. »Bleib ruhig liegen. Ich finde schon allein nach draußen.« Ein letzter verlockender Kuss… um ihm Lust auf das nächste Mal zu machen. Uda war mit Abstand ihr
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