12 - Im Auge des Tigers
meisten sind deshalb in drei Wohneinheiten unterteilt, aber unser Freund Uda hat eins ganz für sich allein, ein Disneyland für Sex und sonstige Ausschweifungen. Hmmm…« Er sah etwa 20 Meter voraus einen Wagen der British Telecom am Stra-
ßenrand stehen. »Das ist sicher das Observierungsteam…
ganz schön auffällig.« Im Innern des Lieferwagens war nichts zu erkennen, was daran lag, dass die Fenster mit einer speziellen Plastikbeschichtung versehen waren, die kein Licht nach außen dringen ließ. Der Lieferwagen stach sofort ins Auge, denn in dieser Gegend fiel jedes Fahrzeug auf, das nicht mindestens ein Jaguar war. Aber der absolute King unter den Autos war der schwarze Vanquish auf der anderen Seite des Parks.
»Das ist ja vielleicht ein Schlitten«, kommentierte Brian.
Allein schon wie der Wagen da vor dem Haus stand, konnte man ihm die Geschwindigkeit bereits förmlich ansehen.
»Das absolut Schärfste ist der McLaren F1. Kostet eine Million und hat vorn nur einen Sitz, glaube ich. Geht ab wie ein Kampfjet. Aber für diese Kiste hier musst du auch schon eine viertel Million hinblättern.«
»Meine Fresse…«, japste Brian. »So viel?«
»Die Dinger werden handgefertigt, Aldo, von Typen, die in ihrer Freizeit an der Sixtinischen Kapelle rumbasteln.
Jedenfalls ein ganz schön heißer Ofen. Könnte mir auch gefallen.«
»Schluckt garantiert eine Mordsmenge Sprit.«
»Tja… alles hat seinen Preis – Moment mal, ist das nicht unser Freund?«
Die Tür des Hauses war aufgegangen, und heraus kam 437
ein junger Mann, der einen dreiteiligen Anzug in Johnny-Reb-Grau trug. Er blieb auf der mittleren der fünf Steinstu-fen stehen und sah auf seine Uhr. Wie auf Bestellung kam ein schwarzes Londoner Taxi den Hügel herunter. Der Mann ging die übrigen Stufen hinunter und stieg ein.
Einsfünfundsiebzig, etwas über 70 Kilo, dachte Dominic.
Lange schwarze Koteletten, die ganze Kieferlinie runter, wie in einem Piratenfilm. Fehlt nur noch der Säbel zwischen den Zähnen…
»Jünger als wir«, bemerkte Brian im Weitergehen. Auf Dominics Vorschlag hin durchquerten sie den Park und gingen auf der anderen Seite wieder zurück, nicht ohne noch rasch einen lüsternen Blick auf den Aston Martin zu werfen. Anschließend kehrten sie ins Hotel zurück. Hier gab es ein Cafe, wo sie zum Frühstück Kaffee und Croissants mit Marmelade bestellten.
»Dass unser Vogel observiert wird, gefällt mir gar nicht«, bemerkte Brian.
»Das lässt sich nun mal nicht ändern. Anscheinend haben auch die Engländer den Verdacht, dass an dem Kerl was faul ist. Aber vergiss nicht, er wird einfach einen Herzinfarkt erleiden. Das ist etwas völlig anderes, als wenn wir ihn abknallen würden, Schalldämpfer hin oder her. Keine Spuren, kein Lärm.«
»Na gut, meinetwegen. Nehmen wir ihn auch noch an seinem Arbeitsplatz unter die Lupe, und wenn wir kein gutes Gefühl bei der Sache haben, blasen wir das Ganze einfach ab und überdenken noch mal alles, okay?«
»Einverstanden.« Dominic nickte. Auf jeden Fall mussten sie es geschickt anstellen. Wahrscheinlich würde er die Führung übernehmen – schließlich war es auch seine Aufgabe, den Polizeischatten des Kerls zu identifizieren. Zu lange sollten sie allerdings auch nicht warten. Sie hatten sich am Berkeley Square einen ersten Eindruck verschafft und sogar die Zielperson schon gesehen. Der Ort war allerdings für einen Anschlag denkbar ungeeignet, zumal 30 Meter ent-438
fernt ein Observierungsteam kampierte. »Schon mal gut, dass sein Schatten ein Anfänger sein soll. Falls ich den Typen identifizieren kann, stoße ich einfach mit ihm zusammen, während du dich bereitmachst, und frage ihn nach dem Weg oder so. Du brauchst für den Piekser höchstens eine Sekunde. Danach gehen wir beide weiter, als ob nichts geschehen wäre. Selbst wenn jemand nach einem Krankenwagen ruft, sehen wir uns nur beiläufig um
– bloß nicht stehen bleiben.«
Brian spielte das Ganze im Kopf durch. »Zuerst müssen wir die Umgebung auskundschaften.«
»Okay.« Ohne ein weiteres Wort beendeten sie ihr Frühs-tück.
Sam Granger war bereits in seinem Büro. Es war 3.15 Uhr morgens, als er es betrat und seinen Computer hochfuhr.
Die Zwillinge waren etwa um 1.00 Uhr nachts Ostküsten-zeit in London eingetroffen, und wenn ihn sein Gefühl nicht trog, würden sie bei der Durchführung der Mission nicht lange fackeln. Diese erste Operation wäre – unabhängig von ihrem Ausgang – die Nagelprobe für die
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