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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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praktischen Möglichkeiten des bisher rein virtuell agierenden Campus.
    Wenn alles nach Plan lief, würde er über den Ablauf der Operation sogar noch schneller informiert werden als Rick Bell über den Kabeldienst des Geheimdienstnetzwerks. Jetzt kam der Teil, den er am wenigsten leiden konnte: zu warten, dass andere die Mission ausführten, die er hier an diesem Schreibtisch geplant hatte. Der Kaffee half ein wenig.
    Noch besser wäre eine Zigarre gewesen, aber er hatte keine.
    In diesem Moment ging die Tür auf.
    Es war Gerry Hendley.
    »Sie auch?«, fragte Granger gleichermaßen überrascht wie amüsiert.
    Hendley grinste. »Na ja, es ist immerhin das erste Mal. Ich konnte nicht schlafen.«
    »Wem sagen Sie das? Gibt es hier irgendwo Spielkarten?«
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    »Schön war’s.« Hendley war ein ziemlich guter Karten-spieler. »Schon irgendwas von den Zwillingen?«
    »Kein Mucks. Der Flieger ist pünktlich gelandet, inzwischen sind sie wahrscheinlich im Hotel. Ich könnte mir vorstellen, sie haben ihre Zimmer bezogen, sich frisch gemacht und einen kleinen Erkundungsgang unternommen. Das Hotel liegt in unmittelbarer Nähe von bin Salis Haus.
    Himmel, ich hab keine Ahnung – womöglich haben sie ihn sogar schon in den Arsch gepiekst. Der Zeitpunkt wäre gar nicht mal unpassend. Sofern die Engländer seinen Tagesablauf richtig rekonstruiert haben – und ich denke schon, darauf kann man sich verlassen –, müsste er jetzt gerade auf dem Weg zur Arbeit sein.«
    »Es sei denn, er hat einen unerwarteten Anruf bekommen oder irgendetwas Interessantes in der Zeitung gelesen, oder sein Lieblingshemd war nicht ordentlich gebügelt. Denken Sie dran, Sam: Die Wirklichkeit ist analog, nicht digital.«
    »Wissen wir das nicht alle nur zu gut?«, erwiderte Granger.
    Der Finanzdistrikt erwies sich als typisches Beispiel solcher Viertel, wenn auch etwas freundlicher als die New Yorker Stahl- und Glaswüste. Solche Gebäude gab es selbstverständlich auch hier einige, aber sie wirkten weniger bedrü-
    ckend. Nicht weit von der Stelle, wo die Brüder aus dem Taxi stiegen, befand sich ein Teil des alten Stadtwalls aus der Römerzeit. Die Römer hatten diese Stelle aufgrund der guten Quellen und des großen Flusses für den Bau einer Legionsstadt – des damaligen Londinium – gewählt. Den Zwillingen fiel auf, dass die Leute hier größtenteils gut gekleidet und die Geschäfte – selbst für Londoner Verhältnisse – ausnahmslos teuer waren. Es herrschte hektisches Treiben, Unmengen von Leuten hasteten rasch und zielstrebig ihres Weges. Es gab auch eine reichhaltige Auswahl an Pubs, meist mit einer Tafel neben dem Eingang, auf die mit Kreide die Tagesgerichte geschrieben waren. Dominic und 440

    Brian entschieden sich für ein Lokal, von dem aus man das Lloyd’s Building gut im Blick hatte. Passenderweise gab es auch Tische im Freien, wie bei den Restaurants an der Spanischen Treppe in Rom. Der klare Himmel strafte Londons regnerischen Ruf Lügen. Die Zwillinge waren gut genug gekleidet, um nicht auf den ersten Blick als amerikanische Touristen aufzufallen. Brian entdeckte einen Geldautomaten und zog etwas Geld, das er mit seinem Bruder teilte.
    Dann bestellten sie beide Kaffee – sie waren zu sehr Amerikaner, als dass sie Tee getrunken hätten – und warteten.
    Bin Sah arbeitete in seinem Büro am Computer. Gerade bot sich ihm die Gelegenheit, ein Stadthaus in Belgravia zu kaufen, einem Viertel, das sogar noch teurer war als das, wo er derzeit wohnte. Der Kaufpreis betrug achteinhalb Millionen Pfund – nicht gerade ein Schnäppchen, aber auch durchaus kein Wucher. Es ließe sich mit Sicherheit gut vermieten, überlegte bin Sali, und da es auf freiem Grund-besitz stand, würde er mit dem Haus auch das Eigentum an dem Grund und Boden erwerben, sodass er keine Boden-pacht an den Duke of Westminster zahlen müsste. Diese war zwar nicht sehr hoch, aber trotzdem summierte sich so etwas. Er machte sich eine Notiz und nahm sich vor, sich das Objekt noch in dieser Woche anzusehen. Im Übrigen war der Währungsmarkt ziemlich stabil. Bin Sali hatte in den vergangenen Monaten gelegentlich mit Devisenarbitrage gespielt, war aber zu dem Schluss gekommen, dass seine Ausbildung nicht ausreichte, um richtig in derartige Geschäfte einzusteigen. Jedenfalls noch nicht. Vielleicht würde er mit ein paar Leuten reden, die sich auf diesem Gebiet auskannten. Man konnte alles lernen, und nachdem er Zugriff auf über 200 Millionen Pfund hatte, konnte er

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