Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
Vom Netzwerk:
›Emir‹. Das Ergebnis war ein einziger Verweis. »Dem hier zufolge ist es ein Name oder Titel, der vor etwa einem Jahr in einem abgehörten Gespräch fiel, Kontext ungewiss, und seitdem ist nichts Relevantes nach-gekommen. Bei der Agency nimmt man an, es könnte ein Kürzel für einen Killer aus dem Mittelbau der Organisation sein.«
    »In diesem Zusammenhang sieht es mir aber so aus, als müsste man ihn deutlich höher ansiedeln«, dachte Jack laut.
    »Möglich«, räumte Tony Wills ein. »Es gibt eine ganze Menge, was wir über diese Typen noch nicht wissen. Langley wird wahrscheinlich einen höherrangigen Mitarbeiter darauf ansetzen. Das täte ich jedenfalls an deren Stelle«, schloss er wenig zuversichtlich.
    »Kann jemand von unseren Leuten Arabisch?«
    »Wir haben zwei Jungs, die die Sprache sprechen – von 468

    der Monterey School –, aber keine Experten für die Kultur, nein.«
    »Einen Versuch ist es trotzdem wert.«
    »Dann schreiben Sie es auf. Mal sehen, was die Jungs da-zu meinen. In Langley haben sie einen ganzen Haufen Ge-dankenleser, und ein paar von denen sind sogar richtig gut.«
    »Mohammed ist der am höchsten gestellte Typ in dieser Gruppe, den wir bisher kennen. Und jetzt bezieht er sich auf jemanden, der noch über ihm steht. Das ist etwas, dem wir unbedingt nachgehen müssen«, erklärte der junge Ryan mit allem ihm zu Gebote stehenden Nachdruck.
    Wills wusste, dass sein junger Kollege damit richtig lag.
    Außerdem hatte Jack implizit gerade das größte Problem der gesamten Geheimdienstarbeit zur Sprache gebracht. Zu viele Daten, zu wenig Zeit, sie auszuwerten. Das Vernünf-tigste wäre, eine Anfrage von der NSA an die CIA und von der CIA an die NSA zu fälschen und um ein paar Stellung-nahmen zu dieser speziellen Frage zu bitten. Sie mussten jedoch vorsichtig sein. Daten wurden zwar täglich millio-nenfach angefordert, und angesichts der schieren Menge wurden diese Bitten nie, niemals, überprüft – ganz abgesehen davon, dass die Funkverbindung schließlich sicher war
    –, aber eine Bitte um Analytikerzeit konnte sehr schnell einen Telefonanruf nach sich ziehen, was sowohl eine Nummer erforderte als auch eine Person, die den Hörer abnahm. Das konnte zu einem Leck führen, und Lecks waren genau das, was sich der Campus unter keinen Umständen leisten konnte. Weshalb Anfragen dieser Art immer an die Chefetage gingen. Das kam vielleicht zweimal im Jahr vor. Der Campus war ein Parasit am Körper der nachrichtendienstlichen Gemeinschaft. Und Parasiten hatten keinen Mund zum Sprechen, sondern nur zum Blutsaugen.
    »Schreiben Sie Rick Bell Ihre Ideen auf«, riet ihm Wills.
    »Dann wird er mit dem Senator darüber reden.«
    »Toll«, murrte Jack. Mit seiner Geduld war es noch nicht 469

    weit her. Erst recht nicht mit seiner Erfahrung mit Bürokratien. Aber selbst der Campus kam nicht ohne aus. Das Witzige war: Wäre Jack in Langley ein Analytiker der mittleren Ebene gewesen, hätte er einfach zum Telefon greifen, eine Nummer wählen und die Meinung eines Experten einholen können – oder zumindest etwas, das dem relativ nahe kam.
    Aber er war hier nun mal nicht in Langley. Die CIA war ziemlich gut im Beschaffen und Auswerten von Informationen. Eine derartige Effizienz stiftete in einer Regierungsbehörde schon wieder Verwirrung. Während Jack seine Bitte und die Gründe dafür aufschrieb, fragte er sich, was wohl dabei herauskommen würde.
    Der Emir nahm die Nachricht gelassen auf. Uda war ein nützlicher Untergebener gewesen, aber kein wichtiger. Es gab viele Geldquellen für ihre Operationen. Der Emir war ziemlich groß für jemanden seiner ethnischen Zugehörigkeit, nicht besonders gut aussehend, hatte eine semitische Nase und einen olivfarbenen Teint. Seine Familie war angesehen und sehr wohlhabend, allerdings verfügten über den größten Teil des Familienvermögens seine insgesamt neun Brüder. Sein Haus in Riad war groß und komfortabel, aber kein Palast. Solchen Prunk überließ er der Königsfamilie, deren zahlreiche Prinzchen umherstolzierten, als wäre jeder einzelne von ihnen der König dieses Landes und der Hüter der Heiligen Stätten. Für die Königsfamilie, deren Mitglieder er gut kannte, hatte er nur stille Verachtung übrig, aber er ließ seine Gefühle niemals an die Oberfläche kommen.
    In seiner Jugend war er nicht so zurückhaltend gewesen.
    Zum Islam hatte er mit zwölf oder 13 Jahren gefunden, unter der Anleitung eines sehr konservativen Imam, dessen Lehren ihn

Weitere Kostenlose Bücher