12 - Im Auge des Tigers
kann Gedanken lesen. Hatte wahrscheinlich einen Doktor im Kellnern.«
»Das Haus hat keine Garage«, bemerkte Dominic, um wieder zur Sache zu kommen. »Wahrscheinlich gibt es dahinter einen Parkplatz.«
»Was ist denn der Audi TT so für ein Auto, Enzo?«
»Zunächst mal ein deutsches Auto, und die bauen hier 478
keinen Schrott, Bruderherz. Ein Audi ist zwar kein Mercedes, aber auch nicht irgend so eine Reisschüssel. Ich kann mich nicht erinnern, mal woanders als in Motor Trend einen gesehen zu haben. Aber ich weiß, wie er aussieht, irgendwie kurvenreich und windschnittig, auf jeden Fall so, als ob er ziemlich schnell wäre. Ist er wahrscheinlich auch, bei den Autobahnen, die sie hier haben. In Deutschland kann man Auto fahren wie bei den Indy 500 – heißt es zumindest. Da kann ich mir kaum vorstellen, dass irgendein Deutscher freiwillig ein langsames Auto fährt.«
»Wohl nicht.« Brian überflog die Speisekarte. Die Gerichte waren natürlich auf Deutsch aufgeführt, aber mit englischen Übersetzungen. Wie es aussah, waren die Kommentare eher für Engländer gedacht als für Amerikaner. Es gab hier noch immer englische NATO-Stützpunkte – wahrscheinlich eher zum Schutz gegen die Franzosen als gegen die Russen, dachte Dominic und kicherte in sich hinein.
Historisch gesehen schienen die Deutschen in dieser Hinsicht allerdings nicht viel Hilfe nötig zu haben.
»Was darf’s denn sein, meine Herren?«, fragte der Kellner, der so plötzlich auftauchte, als hätte Scottie persönlich ihn herabgebeamt.
»Zuallererst, wie heißen Sie?«, fragte Dominic.
»Emil.«
»Danke. Ich nehme die Weißwurst mit Kartoffelsalat.«
Dann war Brian mit Bestellen dran. »Für mich bitte den Schweinebraten. Dürfte ich Sie was fragen?«
»Sicher.« Der Kellner nickte.
»Ist das da hinten eine Moschee?« Brian deutete die Stra-
ße hinunter.
»Ja.«
»Ist das nicht ungewöhnlich?«, hakte Brian nach.
»In Deutschland gibt es viele türkische Gastarbeiter, und die sind alle Mohammedaner. Die essen weder Wurst, noch trinken sie Bier. Sie kommen nicht gut mit uns Deutschen aus. Aber was will man da schon groß machen?«
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Mit einem Anflug von Missfallen hob der Kellner die Schultern.
»Danke«, sagte Brian, und der Kellner verschwand nach drinnen.
»Was heißt das nun?«, überlegte Dominic laut.
»Sie mögen sie nicht besonders und wissen nicht recht was mit ihnen anzufangen, aber schließlich haben sie eine Demokratie, genau wie wir, weshalb sie zur Toleranz verpflichtet sind. Der Durchschnittsdeutsche ist zwar nicht sonderlich begeistert von den ›Gastarbeitern‹, aber nennenswerte Probleme gibt es deswegen nicht, nur hier und da mal ein paar Handgreiflichkeiten. Hauptsächlich Knei-penschlägereien, soviel ich gehört habe. Demnach kann man wohl davon ausgehen, dass die Türken inzwischen doch Geschmack am Bier gefunden haben.«
»Woher weißt du das alles?« Dominic war überrascht.
»In Afghanistan gibt es ein deutsches Kontingent. Wir waren Nachbarn – unsere Lager, meine ich –, und ich habe mich mit einigen der Offiziere dort unterhalten.«
»Hatten sie was drauf?«
»Das waren Deutsche, Bruderherz, und diese Typen waren alle Berufssoldaten, keine Wehrpflichtigen. Ja, sie hatten ziemlich was drauf«, versicherte ihm Aldo. »Es war ein Aufklärungsbataillon. Ihr körperlicher Drill ist genauso hart wie unserer, sie kennen sich in den Bergen sehr gut aus und verfügen über eine solide Grundausbildung. Unsere NCOs und deren Unteroffiziere kamen bestens miteinander aus, tauschten häufig Mützen und Abzeichen. Außerdem war in ihren TO and E, ihren Ausrüstungs- und Verpflegungsvor-gaben, auch Bier mit aufgeführt, weshalb sie bei meinen Leuten recht beliebt waren. Du musst wissen, das Bier ist hier echt klasse.«
»Wie in England. In Europa ist Bier eine Art Religion, und jeder geht in die Kirche.«
Dann kam der Kellner mit dem Mittagessen, und das, so stellten beide fest, war ebenfalls in Ordnung. Was die zwei 480
allerdings nicht hinderte, das Wohnhaus ständig im Auge zu behalten.
»Dieser Kartoffelsalat ist echt ein Knaller, Aldo«, bemerkte Dominic zwischen zwei Bissen. »So was habe ich noch nie gegessen. Jede Menge Essig und Zucker, und irgendwie knackig.«
»Gutes Essen muss nicht unbedingt italienisch sein.«
»Wenn wir wieder zu Hause sind, müssen wir auf jeden Fall ein deutsches Restaurant ausfindig machen.«
»Meinetwegen gern. Sieh mal da rüber, Enzo.«
Es war nicht ihre
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