12 - Im Auge des Tigers
dem Laufenden zu halten. Sie können Ihre gewohnte E-Mail-Adresse verwenden. Ihr Notebook ist mit dem entsprechenden Verschlüsselungsprogramm ausgestattet.«
Wovon redet er nur?, fragte sich Jack verwirrt. »Entschuldigen Sie, Mr Granger, aber ich komme nicht ganz mit.
Worum geht es hier überhaupt?«
»Jede Wette, dass auch Ihr Vater seinerzeit mehr als einmal diese Frage gestellt hat.« Granger setzte ein Lächeln auf, das die Eiswürfel in einem Highball hätte frösteln lassen. »Gerry Hendley meint, die Zwillinge brauchten nach-522
richtendienstliche Unterstützung. Deshalb wurden Sie, Jack, dazu abgestellt, diese Unterstützung zu leisten – gewissermaßen als Berater vor Ort für die beiden. Im Grunde werden Sie aber nichts anderes tun, als über das virtuelle Büro die nachrichtendienstlichen Entwicklungen zu beobachten.
Dabei haben Sie sich bisher ja schon ganz ordentlich be-währt. Sie haben einen guten Riecher dafür, im Internet Dinge aufzuspüren-jedenfalls einen erheblich besseren als Dom und Brian. Ihre Wachsamkeit vor Ort könnte sich als nützlich erweisen. So viel zur Begründung. Sie können den Auftrag ablehnen, aber an Ihrer Stelle würde ich ihn annehmen. Alles klar?«
»Wann geht der Flug?«
»Das steht in Ihren Reiseunterlagen.
Jack sah nach. »Da muss ich mich aber beeilen.«
»Dann beeilen Sie sich. Ein Wagen wird Sie zum Flughafen bringen. Auf geht’s.«
»Ja, Sir.« Jack stand auf. Nur gut, dass er einen Wagen zur Verfügung gestellt bekam. Er hätte äußerst ungern seinen Hummer auf einem Flughafenparkplatz stehen gelassen.
Autodiebe waren ganz verrückt nach diesen Kisten. »Ach, eine Frage noch: Wer darf davon wissen?«
»Rick Bell wird Wills Bescheid geben. Ansonsten niemand, ich wiederhole: niemand. Ist das klar?«
»Jawohl, Sir. Okay, dann mach ich mich mal gleich auf den Weg.« Er warf einen Blick in die Reiseunterlagen, die unter anderem eine schwarze American-Express-Card enthielten. Wenigstens ging die Reise auf Firmenkosten. Wie viele von diesen Dingern hatte der Campus wohl in seinen Aktenschränken rumliegen?, fragte er sich. Jedenfalls war solch eine Karte eigentlich alles, was er für die Reise brauchte.
»Was soll das?«, fragte Dominic seinen Computer. »Aldo, morgen kommt jemand rüber, um uns Gesellschaft zu leisten.«
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»Wer?«, erkundigte sich Brian.
»Das steht hier nicht. Hier steht nur, wir sollen nichts unternehmen, bis er hier ist.«
»Meine Fresse, für wen halten die uns eigentlich? Als ob wir was dafür könnten, dass uns der letzte Typ praktisch in die Arme gelaufen ist. Was hätten wir da lange rumfackeln sollen?«
»Du kennst doch diese Schreibtischhengste. Wenn du zu effizient bist, kriegen die sofort Schiss. Was hältst du von einem Abendessen?«
»Gern, wir können ja mal die hiesige Version von Kalb al-la milanese probieren. Glaubst du, es gibt hier anständigen Wein?«
»Es gibt nur eine Möglichkeit das rauszufinden, Aldo.«
Dominic suchte eine Krawatte aus. Das Hotelrestaurant wirkte ungefähr so steif und förmlich wie Onkel Jacks ehemaliges Zuhause.
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Kapitel 21
Endstation Trambahn
Für Jack war diese Erfahrung in zweierlei Hinsicht neu.
Zum einen war er noch nie in Österreich gewesen. Zum anderen war er natürlich noch nie als Agent zum Einsatz gekommen, geschweige denn in Zusammenarbeit mit einem Liquidatorenteam. So begrüßenswert es ihm auch an seinem Schreibtisch in West Odeon, Maryland, noch erschienen war, dass gewisse Leute getötet werden sollten, die Amerikaner umbrachten – 34.000 Fuß über dem Atlantik auf Sitzplatz 3A eines Airbus vom Typ 330 sah die Sache plötzlich ganz anders aus. Granger hatte ihm allerdings versichert, er, Jack, würde sich nicht aktiv an diesen Aktionen beteiligen müssen. Das war Jack sehr recht, auch wenn er durchaus mit einer Pistole umzugehen verstand. Er übte regelmäßig auf dem Schießstand des Secret Service in der Washingtoner Innenstadt, oder manchmal, wenn Mike Brennan da war, auch auf dem der Akademie in Beltsville, Maryland. Allerdings schloss Jack aus dem MI5-Bericht, der auf seinem Computer gelandet war, dass Brian und Dominic zum Töten keine Schusswaffe benutzten. Herzinfarkt –
wie konnte man einen Herzinfarkt bloß so gut vortäuschen, 525
dass ein Pathologe den Braten nicht roch? Das musste er Brian und Dom unbedingt fragen. Vermutlich hatte er die nötige Freigabe, es zu erfahren.
Das Essen war besser als der übliche Flugzeugfraß, und an
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