12 - Im Auge des Tigers
zusammengereimt?
John Patrick Ryan jr. öffnete seine Aktenmappe. »Erst mal ist das hier das einzige Gebäude, das auf der Sichtlinie zwischen Fort Meade, dem Sitz der NSA, und Langley, dem Sitz der CIA, liegt und höher als ein privates Wohnhaus ist.
Im Internet gibt es Satellitenfotos zum Runterladen. Ich habe sie alle ausgedruckt. Hier.« Er reichte Hendley ein kleines Ringbuch. »Ich habe bei der Baubehörde nachge-fragt und erfahren, dass drei weitere Bürogebäude für entsprechende Standorte geplant waren, für alle drei jedoch keine Baugenehmigung erteilt wurde. Die Gründe gingen aus den Unterlagen nicht hervor, aber später hat kein Hahn mehr danach gekräht. Das Medical Center, das an derselben Straße liegt, hat wiederum für die revidierten Pläne von der Citibank ausgesprochen nette Konditionen bekommen. Die meisten Ihrer Mitarbeiter sind ehemalige Nachrichtendienstler und Ihre Security-Leute allesamt ehemalige Angehörige der Military Police der Rangstufe E-7 oder höher.
Das elektronische Sicherheitssystem hier ist besser als das von Fort Meade. Nebenbei – wie zum Teufel haben Sie das eigentlich bewerkstelligt?«
»Als Privatmann hat man eine Menge mehr Freiheit in der Verhandlung mit Bauunternehmen. Fahren Sie fort«, sagte der ehemalige Senator.
»Sie haben nie etwas Illegales getan. Dieser Vorwurf des Interessenkonflikts, der Ihre Senatorenkarriere ruiniert hat, war ein Haufen Scheiße. Jeder anständige Anwalt hätte in null Komma nichts erreichen können, dass das Verfahren eingestellt wird, aber stattdessen haben Sie den Kopf hin-gehalten und so getan, als wäre das Ihr Untergang. Ich weiß noch, dass Dad große Stücke auf Ihren Verstand hielt, und er sagte immer, bei Ihnen wüsste man, woran man ist. So hat er nicht über viele auf dem Capitol Hill gesprochen. Die 67
Spitzenleute der CIA haben gern mit Ihnen zusammenge-arbeitet, und Sie haben geholfen, Mittel für ein Projekt auf-zutreiben, weswegen ein paar andere Leute auf dem Hügel Tobsuchtsanfälle gekriegt haben. Ich weiß nicht warum, aber viele dort haben einen Hass auf die Nachrichtendienste. Das hat Dad immer zur Raserei getrieben – wenn er über solche Sachen mit Senatoren und Kongressabgeordneten zu beraten hatte, musste er sie immer erst mit Zuckerstückchen bestechen: Projekte für ihre Wahlbezirke und solches Zeug.
Gott, wie Dad das hasste! Wenn es wieder mal so weit war, dann war er davor und danach eine Woche lang ungenieß-
bar. Aber Sie haben ihm sehr geholfen. Sie haben auf dem Capitol Hill wirklich gute Arbeit geleistet. Nur wegen dieses politischen Problems haben Sie dann einfach alle Viere von sich gestreckt. Ich fand das schon ziemlich unglaublich!
Was ich allerdings wirklich nicht begriff, war die Tatsache, dass Dad nie ein Wort darüber verloren hat. Immer wenn ich ihn darauf ansprach, wechselte er das Thema. Selbst Arnie hat sich nie dazu geäußert – und Arnie ist mir sonst niemals auf irgendeine Frage die Antwort schuldig geblieben. Tja, dieses Schweigen konnte einem schon komisch vorkommen – Sie verstehen?« Jack lehnte sich zurück, wobei er sein Gegenüber nicht aus den Augen ließ. »Jedenfalls
– ich habe zwar auch nie was gesagt, aber während meines Abschlussjahres in Georgetown habe ich ein bisschen her-umgeschnüffelt und mit allen möglichen Leuten geredet, und die haben mir beigebracht, wie man eine Sache ohne viel Aufhebens unter die Lupe nimmt. Wie gesagt, alles halb so schwer.«
»Und zu welchem Schluss sind Sie gekommen?« »Sie wä-
ren ein guter Präsident geworden, Senator. Der Verlust Ihrer Familie war natürlich ein harter Schlag. Wir waren alle tief erschüttert. Mom mochte Ihre Frau sehr. Entschuldigen Sie bitte, dass ich davon anfange, Sir! Aber das war doch der Grund, warum Sie sich aus der Politik zurückgezogen haben, nicht wahr? Trotzdem denke ich, Sie sind zu 68
sehr Patriot, als dass Sie aufhören könnten, sich Gedanken über Ihr Land zu machen, und ich glaube, Hendley Associates ist Ihr Beitrag zum Wohl Ihres Landes - an den Büchern vorbei, sozusagen. Ich erinnere mich an eine Unterhaltung, die Dad und Mr Clark bei einem Drink im Obergeschoss geführt haben. Das war während meines letzten Highschool-Jahres. Ich habe nicht viel von dem Gespräch mitbekommen. Sie wollten mich nicht dabeihaben. Darum habe ich ferngesehen – History Channel. Zufällig lief an dem Abend was über die Special Operations Executive, die britischen Kommandotruppen im Zweiten
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