12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem
willst du mich bei dieser Fahrt verlassen?“
„Ich reite mit!“
„Allah segne dich! – Kommt, laßt uns diese Botschaft allen Männern der Haddedihn verkünden!“
Er eilte dem Wadi zu, und Halef trat zu mir heran mit der Frage:
„Sihdi, ist es wahr, daß du mitgehst?“
„Ich gehe mit.“
„Sihdi, darf ich dir folgen?“
„Halef, denke an dein Weib!“
„Hanneh ist in guter Hut, aber du, Herr, brauchst einen treuen Diener! Darf ich dich begleiten?“
„Gut, so nehme ich dich mit; doch frage vorher Scheik Mohammed Emin und Scheik Malek, ob sie es erlauben.“
ELFTES KAPITEL
Bei den Teufelsanbetern
So war ich denn in Mossul und erwartete eine Audienz bei dem türkischen Pascha.
Ich sollte mit Mohammed Emin hinauf in die kurdischen Gebirge reisen, um seinen Sohn Amad el Ghandur durch List oder Gewalt aus der Festung Amadijah herauszuholen; eine Aufgabe, welche nicht so ohne weiteres zu lösen war. Der tapfere Scheik der Haddedihn wäre am liebsten mit den Kriegern seines ganzen Stammes aufgebrochen, um sich durch das türkische Gebiet zu schlagen und Amadijah frei und offen zu überfallen; doch gab es hundert dringende Gründe, welche die Ausführung eines so phantastischen Planes zur Unmöglichkeit machten. Ein einzelner Mann hatte hier mehr Hoffnung auf Erfolg, als eine ganze Horde von Beduinen, und so war Mohammed Emin endlich auf meinen Vorschlag eingegangen, das Unternehmen nur zu dreien auszuführen. Diese drei waren: er, Halef und ich.
Freilich hatte es einen großen Aufwand an Überredung gekostet, um Sir David Lindsay, welcher sich gar zu gern angeschlossen hätte, klar zu machen, daß er mit seinem vollständigen Mangel an Sprachkenntnis und Anbequemungsfähigkeit uns mehr Schaden als Nutzen bringen würde; aber er hatte sich schließlich doch entschlossen, bei den Haddedihn zu bleiben und dort unsere Rückkehr zu erwarten. Dort konnte er sich des verwundeten Griechen Alexander Kolettis als Dolmetscher bedienen und nach Fowling-bulls graben. Die Haddedihn hatten versprochen, ihm so viel Ruinen zu zeigen, als er wolle. Nach Mossul hatte er mich nicht begleitet, weil ich es ihm abriet. Er konnte mir in Mossul nichts nützen, und der Zweck, welcher ihn dorthin führen mochte, nämlich die Absicht, um den Schutz des dortigen englischen Konsuls nachzusuchen, brauchte nicht verfolgt zu werden, da bis jetzt der Schutz der Haddedihn für ihn vollständig genügte.
Die Streitigkeit derselben mit ihren Feinden war völlig geschlichtet worden. Die drei Stämme hatten sich unterworfen und Geiseln bei den Siegern zurücklassen müssen. So kam es, daß Mohammed Emin bei den Seinen entbehrt werden konnte. Er war natürlich nicht mit nach Mossul geritten, da er dort ganz außerordentlich gefährdet gewesen wäre; wir hatten uns vielmehr verabredet, in den Ruinen von Khorsabad, dem alten assyrischen Saraghum, zusammenzutreffen. Wir waren also zusammen nach Wadi Murr, Aïn el Khalkhan und El Kasr geritten. Dort aber hatten wir uns getrennt; ich war mit Halef nach Mossul gereist, und der Scheik hatte mit Hilfe eines Floßes seine Überfahrt über den Tigris bewerkstelligt, um auf der anderen Seite des Flusses längst des Dschebel Maklub unser Stelldichein zu erreichen.
Was aber wollte ich in Mossul? Etwa auch den Vertreter Englands aufsuchen, um mir seinen Schutz zu erbitten? Das fiel mir gar nicht ein, denn ich war ohne denselben ebenso sicher wie mit demselben. Den Pascha aber mußte ich aufsuchen, das war unumgänglich notwendig; denn ich wollte mich mit allem ausrüsten, was unser Vorhaben zu fördern vermochte.
Es war eine fürchterliche Hitze in Mossul. Ein Blick auf das Thermometer zeigte mir 116 Grad Fahrenheit im Schatten, wenn ich mich zu ebener Erde befand. Ich hatte mich aber in einem jener Sardaubs (Keller) einlogiert, in denen die Bewohner dieser Stadt während der heißen Jahreszeit ihren Aufenthalt zu nehmen pflegen.
Halef saß bei mir und putzte seine Pistolen. Es hatte längeres Stillschweigen zwischen uns geherrscht, doch sah ich es dem Kleinen an, daß er irgend etwas auf dem Herzen hatte. Endlich aber drehte er sich mit einem raschen Ruck zu mir herum und sagte:
„Daran hatte ich nicht gedacht, Sihdi!“
„Woran?“
„Daß wir die Haddedihn niemals wiedersehen werden.“
„Ah! Warum?“
„Du willst nach Amadijah, Sihdi?“
„Ja. Du weißt dies ja längst.“
„Ich habe es gewußt, aber den Weg, welcher dorthin führt, den habe ich nicht gekannt. Allah il Allah! Es
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