12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem
ist der Weg zum Tod und in die Dschehennah!“
Er schnitt dabei das bedenklichste Gesicht, welches ich jemals bei ihm gesehen hatte.
„So gefährlich, Hadschi Halef Omar?“
„Du glaubst es nicht, Sihdi? Habe ich nicht gehört, daß du auf diesem Weg die drei Männer besuchen willst, welche sich Pali, Selek und Melaf nennen, die drei Männer, welche du auf der Insel Abu Hammed gerettest hast und die, nachdem sie bei den Haddedihn sich erholt hatten, nach ihrer Heimat zogen?“
„Ich werde sie besuchen.“
„Dann sind wir verloren. Du und ich, wir beide sind wahre Gläubige; aber ein jeder Gläubige, der zu ihnen kommt, der hat das Leben und den Himmel verloren.“
„Das ist mir neu, Hadschi Halef! Wer hat es dir gesagt?“
„Das weiß jeder Moslem. Hast du noch nicht erfahren, daß das Land, in welchem sie wohnen, Scheïtanistan genannt wird?“
Ah, jetzt wußte ich, was er meinte. Er fürchtete sich vor den Dschesidi, den Teufelsanbetern. Dennoch aber stellte ich mich, als ob ich nichts wisse, und fragte:
„Scheïtanistan, das Land des Teufels? Warum?“
„Es wohnen die Radjahl esch Scheïtan dort, die Männer des Teufels, welche den Scheïtan anbeten.“
„Hadschi Halef Omar, wo gibt es hier Leute, welche den Teufel anbeten?“
„Du glaubst es nicht? Hast du noch nie von solchen Leuten gehört?“
„O ja; ich habe sogar solche Leute gesehen.“
„Und dennoch tust du, als ob du mir nicht glaubst?“
„Ich glaube dir wirklich nicht.“
„Und hast sie selbst gesehen?“
„Aber nicht hier. Ich war in einem Land, weit jenseits des großen Meeres; die Franken nennen es Australien. Dort fand ich wilde Männer, welche einen Scheïtan haben, dem sie den Namen Yahu geben. Den beten sie an. Hier aber gibt es keine Leute, welche den Teufel anbeten.“
„Sihdi, du bist klüger als ich und klüger als viele Leute; zuweilen aber ist deine Klugheit und deine Weisheit ganz verflogen. Frage einen jeden Mann, der dir begegnet, und er wird dir sagen, daß man in Scheïtanistan den Teufel anbetet.“
„Warst du dabei, als sie ihn anbeteten?“
„Nein. Ich habe es aber gehört.“
„Waren denn jene Leute dabei, von denen du es gehört hast?“
„Sie hatten es auch von anderen gehört.“
„So will ich dir sagen, daß es noch kein Mensch gesehen hat; denn die Dschesidi lassen keinen Menschen bei ihren Gottesdiensten gegenwärtig sein, wenn er einen anderen Glauben hat, als sie.“
„Ist das wahr?“
„Ja. Wenigstens wäre es eine sehr große und eine sehr seltene Ausnahme, wenn sie einmal einem Fremden erlaubten, beizuwohnen.“
„Aber dennoch weiß man alles, was sie tun.“
„Nun?“
„Hast du noch nicht gehört, daß man sie Dscheragh Sonderan nennt?“
„Ja.“
„Das muß ein böser Name sein; ich weiß nicht, was er bedeutet.“
„Er bedeutet so viel wie Verlöscher des Lichtes.“
„Siehst du, Sihdi! Bei ihren Gottesdiensten, bei denen auch die Frauen und Mädchen gegenwärtig sind, wird das Licht verlöscht.“
„Da hat man dir eine große Lüge gesagt. Man hat die Dschesidi mit einer anderen Sekte (Mit den Assyrern in Syrien) verwechselt, bei welcher dies vorkommen soll. Was weißt du noch von ihnen?“
„In ihren Gotteshäusern steht ein Hahn oder ein Pfauhahn, den sie anbeten, und das ist der Teufel.“
„Ist er es wirklich?“
„Ja.“
„O du armer Hadschi Halef Omar! Haben sie viele Gotteshäuser?“
„Ja.“
„Und in jedem steht ein Hahn?“
„Ja.“
„Wie viele Teufel müßte es dann geben! Ich denke, es gibt nur einen?“
„O Sihdi, es gibt nur einen einzigen, aber der ist überall. Doch sie haben auch falsche Engel.“
„Inwiefern?“
„Du weißt, der Koran lehrt, daß es nur vier Erzengel gibt, nämlich Dschebraïl (Gabriel), welcher der Ruh el Kuds (der heilige Geist) ist und mit Allah und Mohammed dreieinig ist, grad wie bei den Christen der Vater, der Sohn und der Geist; sodann Azraïl, der Todesengel, den man auch Abu Jahah nennt; nachher Mikaïl und endlich Israfil. Die Teufelsanbeter haben aber sieben Erzengel, und diese heißen Gabraïl, Michaïl, Rafaïl, Azraïl, Dedraïl, Azrafil und Schemkil. Ist dies nicht falsch?“
„Es ist nicht falsch, denn auch ich glaube, daß es sieben Erzengel gibt.“
„Du? Warum?“ fragte er erstaunt.
„Das heilige Buch der Christen sagt es (Siehe Buch Tobias 12, V. 15, Offenbarung 1, V. 4 und 4, V. 5), und dem glaube ich mehr als dem Koran.“
„O Sihdi, was muß ich hören! Du warst in
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