12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem
das gefällt uns noch mehr. Wir werden ihn beschützen und ihm dienen, und er soll mit uns zufrieden sein!“
„So frage ich noch einmal, welche Befehle euch der Pascha gegeben hat.“
„Er hat uns befohlen, dafür zu sorgen, daß der Emir wie der beste Freund, wie der Bruder des Pascha aufgenommen werde.“
„So werden wir überall unentgeltlich Obdach und Nahrung erhalten?“
„Alles, was ihr braucht, und auch wir.“
„Hat er euch auch gesagt von dem Disch-parassi?“
„Ja.“
„Der wird in barem Geld einkassiert?“
„Ja.“
„Wie hoch beläuft er sich?“
„So hoch, wie der Emir es will.“
„Allah segne den Pascha! Sein Verstand ist hell wie die Sonne, und seine Weisheit erleuchtet die Welt. Ihr sollt es gut haben bei uns. Seid ihr ganz bereit, die Reise anzutreten?“
„Ja.“
„Habt ihr zu essen?“
„Für einen Tag.“
„Aber keine Zelte!“
„Wir brauchen keine, denn wir werden an jedem Abend eine gute Wohnung bekommen.“
„Wißt ihr, daß wir durch das Land der Dschesidi gehen werden?“
„Wir wissen es.“
„Fürchtet ihr euch vor den Teufelsanbetern?“
„Fürchten? Agha Halef Omar, hast du vielleicht einmal gehört, daß ein Arnaute sich gefürchtet hat? Oder ist vielleicht ein Merd-esch-Scheïtan, ein Mann des Teufels, der Scheïtan selbst? Sage dem Emir, daß wir bereit sind, ihn zu empfangen!“
Nach einer Weile ließ ich mein Pferd vorführen und trat hinaus. Die zehn Mann standen in Achtung vor mir, ein jeder bei dem Kopf seines Pferdes. Ich nickte nur, stieg auf und winkte, mir zu folgen. Der kleine Trupp setzte sich in Bewegung.
Wir ritten über die Schiffbrücke hinüber und befanden uns am linken Ufer des Tigris außerhalb der Stadt Mossul. Dort erst rief ich den Onbaschi an meine Seite und fragte ihn dann:
„Wem dienst du jetzt, mir oder dem Pascha?“
„Dir, o Emir.“
„Ich bin mit dir zufrieden. Schicke mir den Buluk Emini her.“
Er ritt zurück, und dann kam der kleine Dicke.
„Dein Name ist Ifra? Ich habe gehört, daß du ein tapferer Krieger bist.“
„Sehr tapfer!“ versicherte er mit seiner Trompetenstimme.
„Du kannst schreiben?“
„Sehr gut, sehr schön, o Emir!“
„Wo hast du gedient und gekämpft?“
„In allen Ländern der Erde.“
„Ah! Nenne mir diese Länder.“
„Wozu, Emir? Es würden mehr als tausend Namen sein!“
„So mußt du ein berühmter Buluk Emini sein.“
„Sehr berühmt! Hast du noch nichts von mir gehört?“
„Nein.“
„So bist du sicher in deinem Leben noch nicht aus dem Land fortgekommen, sonst hättest du von meinem Ruhm gehört. Ich muß dir zum Beispiel einmal erzählen, wie ich um meine Nase gekommen bin. Das war nämlich damals, als wir vor Sebastopol gegen die Moskows kämpften; da stand ich im dichtesten Kampfgewühl und erhob grad meinen Arm – – –“
Er wurde unterbrochen. Mein Rappe konnte jedenfalls den Geruch des Esels nicht ertragen; er schnaubte zornig, sträubte die Mähne und biß nach dem Grauen des Buluk Emini. Der Esel erhob sich vorn, um dem Biß auszuweichen, drehte sich dann zur Seite und riß aus – ja, es war keine Flucht, sondern ein wirkliches Ausreißen. Es ging über Stock und Stein, uns voran; der kleine Buluk Emini konnte sich kaum auf dem Rücken des Esels erhalten, und bald waren beide aus unsern Augen verschwunden.
„So geht es ihm stets!“ hörte ich den Onbaschi zu Halef sagen.
„Wir müssen ihm nach“, antwortete dieser; „sonst verlieren wir ihn.“
„Den?“ lachte der Arnaut. „Es wäre nicht schade um ihn. Aber sorge dich nicht! Es ist ihm schon tausendmal passiert, und niemals ging er verloren.“
„Aber warum reitet er diese Bestie?“
„Er muß.“
„Muß? Warum?“
„Der Jüsbaschi (Hauptmann, Befehlshaber von hundert Mann) will es. Er macht sich einen Spaß mit Ifra und dem Esel.“
Als wir zwischen Kufjundschik und dem Kloster des heiligen Georg hindurch waren, sahen wir den Buluk Emini vor uns halten. Er ließ mich herankommen und rief bereits von weitem:
„Herr, hast du vielleicht geglaubt, daß der Esel mit mir durchgegangen ist?“
„Ich bin überzeugt davon.“
„Du irrst, Emir! Ich bin nur vorausgeritten, um den Weg zu untersuchen, den wir reiten werden. Gehen wir den Khausser entlang, oder reiten wir den gewöhnlichen Weg?“
„Wir bleiben auf dem Pfad.“
„So erlaube mir, daß ich dir meine Geschichte später erzähle. Ich werde euch jetzt als Wegweiser dienen.“
Er ritt voran. Der
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