12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem
Festung Amadijah und das dritte an alle Ortsoberhäupter und sonstigen Behörden, und darin hieß es, daß ich das Recht habe, den Disch-parassi zu erheben, und die Bewohner meinen Anforderungen grad so entsprechen sollten, als ob der Pascha sie selbst stelle.
Konnte ich mehr verlangen? Der Zweck meiner Anwesenheit in Mossul war über Erwartung vollständig erreicht, und dieses Wunder hatte außer meinem furchtlosen Auftreten nur das kohlensaure Natron erreicht.
„Bist du mit mir zufrieden?“ fragte er.
„Unendlich, o Pascha. Deine Güte will mich mit Wohltaten erdrücken!“
„Danke mir nicht jetzt, sondern später.“
„Ich wünsche, daß ich es einst vermag!“
„Du vermagst es!“
„Wodurch?“
„Das kann ich dir bereits jetzt sagen. Du bist nicht nur ein Hekim, sondern auch ein Offizier.“
„Weshalb vermutest du dies?“
„Ein Hekim oder ein Mann, der Bücher schreibt, würde es nicht wagen, mich ohne die Begleitung eines Konsuls zu besuchen. Du hast ein Bu-Djeruldu des Großherrn, und ich weiß, daß der Padischah zuweilen fremde Offiziere kommen läßt, die seine Länder bereisen müssen, um ihm dann militärischen Bericht zu erstatten. Gestehe es, du bist ein solcher!“
Diese irrige Ansicht konnte mir nur von Vorteil sein, und es wäre sehr unklug von mir gewesen, sie zu widerlegen. Ich wollte aber auch nicht lügen und darum drechselte ich folgende diplomatische Phrasen:
„Ich kann es nicht gestehen, o Pascha. Wenn du weißt, daß der Padischah solche fremde Offiziere sendet, so hast du wohl auch gehört, daß dies meist im geheimen geschieht. Dürfen sie dieses Geheimnis verraten?“
„Nein. Ich will dich gar nicht dazu bereden, aber du wirst mir dafür dankbar sein. Das ist es, was ich vorhin meinte.“
„Womit kann ich dir meine Dankbarkeit beweisen?“
„Wenn du aus den Bergen von Kurdistan zurückkehrst, werde ich dich zu den Arabern von Schammar senden, besonders zu den Haddedihn. Du sollst ihre Gebiete bereisen und mir dann melden, wie ich sie besiegen kann.“
„Ah!“
„Ja. Dir wird dies leichter werden, als einem meiner Leute. Ich weiß, daß die Offiziere der Franken klüger sind, als die unsrigen, obgleich ich selbst ein Oberst gewesen bin und dem Padischah große Dienste geleistet habe. Ich würde dich ersuchen, dir die Gegenden der Dschesidi anzusehen; aber dazu ist es schon zu spät. Ich habe von ihnen bereits das, was ich brauche.“
Diese Worte gaben mir die Überzeugung, daß ich vorhin ganz richtig vermutet hatte. Die in Kufjundschik versammelten Truppen standen bereit, über die Teufelsanbeter herzufallen. Er fuhr fort:
„Du wirst ihr Gebiet sehr schnell durchreisen und nicht etwa warten bis zu dem Tage, an welchem sie ihr großes Fest feiern.“
„Welches Fest?“
„Das Fest ihres Heiligen; es wird am Grab ihres Scheik Adi gefeiert. Hier hast du deine Schreiben. Allah sei bei dir! Zu welcher Zeit wirst du morgen früh die Stadt verlassen?“
„Zur Zeit des ersten Gebetes.“
„Die zehn Khawassen sollen dann in deiner Wohnung sein.“
„Herr, ich habe an zweien genug.“
„Das verstehst du nicht. Zehn sind besser als zwei; das merke dir. Du sollst fünf Arnauten und fünf Baschi erhalten. Kehre bald zurück und vergiß nicht, daß ich dir meine Liebe geschenkt habe!“
Er gab mir das Zeichen der Entlassung, und ich ging erhobenen Hauptes aus dem Haus, welches ich vor einigen Stunden als halber Gefangener betreten hatte. Als ich meine Wohnung erreichte, fand ich Halef in Waffen.
„Preis sei Allah, daß du kommst, Sihdi!“ begrüßte er mich. „Wärst du beim Untergang der Sonne noch nicht hier gewesen, so hätte ich mein Wort gehalten und den Pascha erschossen!“
„Das muß ich mir verbitten; der Pascha ist mein Freund!“
„Dein Freund? Wie kann der Tiger der Freund des Menschen sein!“
„Ich habe ihn gezähmt.“
„Maschallah! Dann hast du ein Wunder getan. Wie ist dies gekommen?“
„Es ging leichter, als ich ahnen konnte. Wir stehen unter seinem Schutz und werden zehn Khawassen erhalten, die uns begleiten.“
„Das ist gut!“
„Vielleicht auch nicht! Außerdem hat er mir Empfehlungsbriefe gegeben und das Recht, den Disch-parassi zu erheben.“
„Allah akbar, so bist du ja auch Pascha geworden! Aber sage, Sihdi, wer hat zu gehorchen: ich den Khawassen oder sie mir?“
„Sie dir, denn du bist nicht ein Diener, sondern Hadschi Halef Omar Agha, mein Begleiter und Beschützer.“
„Das ist gut, und ich sage dir,
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