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12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem

Titel: 12 - Im Schatten des Grossherrn 01 - Durch Wüste und Harem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Khausser ist ein Bach oder Flüßchen, welches an den nördlichen Ausläufern des Dschebel Maklub entspringt und auf seinem Lauf nach Mossul die Ländereien zahlreicher Dörfer bewässert. Wir ritten auf einer kleinen Brücke über ihn hinweg und hatten ihn dann stets zu unserer linken Seite. Die Ruinen und das Dorf von Khorsabad liegen ungefähr sieben Wegstunden nördlich von Mossul. Die Gegend besteht aus Marschboden, aus welchem giftige Fieberdünste emporsteigen. Wir eilten, unser Ziel zu erreichen, hatten aber wohl noch eine gute Wegstunde vor uns, als uns ein Trupp von vielleicht fünfzig Arnauten entgegenkam. An der Spitze ritten einige Offiziere, und in der Mitte sah ich die weiße Kleidung eines Arabers. Näher gekommen, erkannte ich – den Scheik Mohammed Emin.
    O weh! Er war in die Hände dieser Leute gefallen, er, der Feind des Pascha, der bereits dessen Sohn gefangen genommen und nach Amadijah geschickt hatte. Jetzt fragte es sich vor allen Dingen, ob er sich gewehrt hatte; doch konnte ich keinen einzigen Verwundeten entdecken. Hatten sie ihn vielleicht im Schlaf überrumpelt? Ich mußte alles aufbieten, ihn aus dieser gefährlichen Gesellschaft zu bringen. Daher blieb ich mitten im Weg halten und ließ den Trupp herankommen.
    Meine Begleitung stieg vom Pferd, um sich zur Seite des Weges auf den Boden zu werfen. Halef und ich blieben zu Pferd. Der Anführer trennte sich von den andern und kam uns in scharfem Trab entgegen geritten. Hart vor mir parierte er sein Pferd und fragte, ohne die am Boden liegenden zu beachten:
    „Sallam! Wer bist du?“
    „Aaleïkum! Ich bin ein Emir aus dem Westen.“
    „Von welchem Stamm?“
    „Vom Volk der Nemsi.“
    „Wohin willst du?“
    „Nach dem Osten.“
    „Zu wem?“
    „Überall hin!“
    „Mann, du antwortest sehr kurz! Weißt du, was ich bin?“
    „Ich sehe es.“
    „So antworte besser! Mit welchem Recht reitest du hier?“
    „Mit demselben Recht, mit welchem du hier reitest!“
    „Tallahi, bei Gott, du bist sehr kühn! Ich reite hier auf Befehl des Mutessarif von Mossul und des Padischah von Konstantinopel; das kannst du dir denken!“
    „Und ich reise hier auf Befehl des Mutessarif von Mossul und des Padischah von Konstantinopel; das kannst du dir denken!“
    Er öffnete die Augen ein wenig und befahl mir dann:
    „Beweise es!“
    „Hier!“
    Ich gab ihm meine Legitimationen. Er öffnete sie unter den vorgeschriebenen Formalitäten und las sie dann. Darauf faltete er sie sorgfältig wieder zusammen, gab sie mir zurück und meinte dann in sehr höflichem Ton:
    „Du trägst selbst die Schuld, daß ich streng zu dir sprach. Du sahst, wer ich bin, und hättest mir höflicher antworten sollen!“
    „Du trägst selbst die Schuld, das dies nicht geschehen ist“, antwortete ich ihm. „Du sahst meine Begleitung, die mich als einen Mann legitimiert, welcher sich der Freundschaft des Mutessarif erfreut, und hättest höflicher fragen sollen! – Grüße deinen Herrn sehr viele Male von mir; guten Morgen!“
    „Zu Befehl, mein Herr!“ antwortete er.
    Ich wandte mich weiter. Es war meine Absicht gewesen, etwas zur Befreiung von Mohammed Emin zu tun, hatte aber gleich beim Anfang des Gespräches mit dem Offizier bemerkt, daß dies unnötig sei. Die Begleitung desselben war etwas rückwärts hinter ihm halten geblieben und hielt ihre Augen mehr auf mich als auf ihren Gefangenen gerichtet. Dieser machte sich diesen Umstand sofort zu Nutzen. Er war nur leicht gefesselt und saß auf einem schlechten türkischen Pferd. Im letzten Glied des Trupps aber führte man sein vortreffliches Tier, an dessen Sattel alle seine Waffen hingen. Ich bemerkte seine glücklichen Bemühungen, sich die Hände frei zu machen, und grad in dem Augenblick, an welchem ich das Gespräch abbrach, sprang er mit den Füßen auf den Rücken seines Tieres.
    „Halef, aufgepaßt!“ raunte ich dem Diener zu, welcher ebenso aufmerksam beobachtet hatte, wie ich selbst.
    „Zwischen sie und ihn hinein, Sihdi!“ antwortete er mir.
    Er hatte mich also sofort verstanden. Jetzt wagte der Haddedihn einige kühne Sprünge von Croupe zu Croupe der hinter ihm haltenden Pferde, deren Reiter sich einer solchen Verwegenheit gar nicht versehen hatten, und ehe sie ihn noch zu fassen vermochten, hatte er seinen eigenen Renner erreicht, saß im Sattel, riß den Zügel aus der Hand dessen, der denselben hielt, und jagte seitwärts von dannen, nicht den Weg hinauf oder hinab, sondern stracks auf das

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