12 Stephanie Plum: Kalt erwischt (Twelve Sharp)
senken Sie den Kopf, damit Sie nichts sehen!«
»Verdammt noch mal! Ich habe es satt!«
»Jetzt machen Sie schon! Wenn Sie nicht endlich die Klappe halten, sprenge ich Sie noch in die Luft!«
Ich hatte es so weit ausgereizt wie möglich, mehr war nicht drin. Deswegen beugte ich mich, den Kopf zwischen die Knie. Ruckartig bog der Wagen vom Schotterweg ab, kam ins Schleudern und blieb auf einer Grasfläche stehen.
»Verdammt! Was soll der Scheiß?«, schrie ich.
»Oh, tut mir leid«, sagte Scrog. »Aber wenn Sie sich so vorbeugen, ist hinten nicht mehr viel Leder zu sehen.«
Ich zog das T-Shirt tiefer. »Ein Gentleman würde nicht hingucken. Aber das kann man von Ihnen wohl nicht verlangen.«
»Nicht meine Schuld. Der Anblick von so viel weißem Hintern hat mich geblendet.«
Mir fielen beinahe die Ohren ab. »Wie bitte? So viel weißer Hintern?«
»Ich habe mich falsch ausgedrückt«, sagte Scrog. »So habe ich es nicht gemeint. Fangen Sie jetzt bloß nicht wieder an zu heulen.«
»Nun fahren Sie schon weiter! Zurück auf die Straße. Los.«
»Wenn ich es mir recht überlege, würde ich mir gern etwas Zeit nehmen, um mich mit Ihrem... ähem, Hinterteil etwas eingehender zu beschäftigen, jetzt, wo ich mal einen Blick drauf werfen konnte.«
»Habe ich das richtig verstanden? Erst wollen Sie mich in die Luft sprengen, und jetzt baggern Sie mich an?«
»Ja, genau.«
»Solange ich eine wandelnde Bombe bin, ist jeder Anbaggerungsversuch zwecklos. Wenn Sie baggern wollen, binden Sie mir erst diese blöde Bombe ab.«
»Das geht nicht. Als ich das letzte Mal nicht aufgepasst habe, haben Sie mich getreten.«
Was sollte ich darauf antworten? Bei der nächstbesten Gelegenheit würde es nicht mehr beim Treten bleiben, ich würde Scrog in den Kopf schießen, andererseits wollte ich ihn auch nicht verängstigen. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und gab mich bockig. Ich war noch nie bockig gewesen, aber es schien zu der Rolle zu passen, die ich hier spielte.
»Heißt das: nein ?«, fragte er.
Ich zog eine übertrieben dicke Schnute. »Zu diesem Thema äußere ich mich nicht mehr.«
Scrog seufzte und fuhr rückwärts auf den Schotterweg.
»Wo soll es hingehen?«
»Stark Street.«
22
Wir waren auf der East State Street, fuhren Richtung Stadtzentrum und suchten nach einem Dunkin-Donut-Drive-in.
»Wir sind schon an einigen Scheißläden vorbeigefahren«, sagte Scrog. »Warum muss es ausgerechnet Dunkin Donut sein?«
»Die machen den besten Kaffee. Das weiß doch jeder.«
»Die kippen einfach literweise Sahne rein«, sagte Scrog. »Das verklumpt nur Ihre Arterien. Außerdem habe ich in dieser Straße sowieso noch nie ein Dunkin Donut gesehen.«
»Vielleicht ist in der Greenwood eins.«
»Ich will ja nicht schlecht von Ihnen denken, aber langsam habe ich den Verdacht, dass wir nur durch die Gegend kurven, damit uns jemand sieht.«
»Quatsch. Sie fahren andauernd durch die Gegend, und man hat Sie noch nie gesehen.«
»Ja, aber ich verkleide mich ja auch als Frau, wenn ich Auto fahre. Ich habe allein drei verschiedene Perücken.«
»Also in Greenwood ist bestimmt ein Drive-In.«
»Also gut. Aber das ist der letzte Versuch. Danach greifen wir uns endlich Lonnie Johnson.«
»Hier ist es«, sagte ich zu Scrog. »Das Haus auf der rechten Straßenseite, da, wo die Tür fehlt und die Fenster im Erdgeschoss mit Brettern vernagelt sind.«
»Es sieht unbewohnt aus.«
»So sehen hier viele Häuser aus. Manche sind sogar zum Abbruch freigegeben, und trotzdem wohnen noch immer Leute drin. Gucken Sie sich mal die Fenster im ersten und zweiten Stock an, da sehen sie, dass die Wohnungen besetzt sind. Eine Gardine gegen neugierige Blicke, ein paar leere Bierflaschen auf dem Fensterbrett.«
Freitagmorgen war eine ruhige Zeit in der Stark Street. Die Bewohner schliefen ihren Rausch aus, Alkohol, Drogen, Verzweiflung. In einer Stunde öffneten die Kneipen, und die Prostituierten würden wieder ihre Posten an den Straßenkreuzungen beziehen. Der Verkehr würde zunehmen, und die anliegenden Geschäfte, Videoverleihe, Pornoschuppen, Leihhäuser, Getränkeläden und Haschbuden, würden ihre Gitter öffnen. Nach und nach würden die verdreckten, wütenden, verlorenen Seelen der Stark Street aus ihren verschwitzten Betten steigen und sich hinunter zu den Betonstufen vor dem Hauseingang, zu ihren Klappstühlen und ausrangierten Sofas begeben und an diesem schwülheißen Sommertag genussvoll ihre erste Zigarette rauchen.
In
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