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12 Tante Dimity und der Wilde Westen (Aunt Dimity Goes West)

12 Tante Dimity und der Wilde Westen (Aunt Dimity Goes West)

Titel: 12 Tante Dimity und der Wilde Westen (Aunt Dimity Goes West) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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gefassten Gesichter in schneller Abfolge an mir vorbeihuschten, fragte ich mich, wer von denen es wirklich geschafft hatte, oder ob sie alle so erbärmlich gestorben waren, wie Rose Blanding auf dem Friedhof beschrieben hatte.
    Ein gutturales Donnergrollen wälzte sich von einem Ende des Tals zum anderen, und ich kauerte mich tiefer in den Sessel. Toby hatte meine Reaktion wohl bemerkt, denn er wedelte mit einem Foto unter meiner Nase, als sei es Riechsalz.
    »Hier«, verkündeter er, »ich habe ein Foto mit einer Aufschrift entdeckt. Es ist Emerson Auerbach. Er muss Mr Auerbachs Ururgroßvater oder so etwas gewesen sein. Ziemlich interessant, was?«
    Emerson Auerbach hatte es offensichtlich tatsächlich geschafft. Er war wohlbeleibt und makellos gekleidet. Er trug einen Zylinder, einen Siegelring und eine Taschenuhr, die an einer schweren Kette hing, die sich über seine elegante Weste spannte. Er reckte sein Doppelkinn hoch, und so wie er in die Kamera blickte, schien er zu sagen: »Ich bin ein Mann, mit dem zu rechnen ist.«
    »Und hier ist eine Gruppenaufnahme an der Lord-Stuart-Mine«, sagte Toby und reichte mir ein größeres Foto.
    Ich schaute es mir an und vergaß für eine Weile den Sturm. Einundzwanzig Männer in Hemdsärmeln saßen auf einer von Steinen übersäten Bergflanke und schauten in die Kamera. Im Gegensatz zu Emerson Auerbach waren sie ausgemergelt und verdreckt. Die Hüte, die sie trugen, waren aus der Form geraten, ihre Hemden hatten keine Kragen, und unter ihren Fingernägeln sah man den Dreck. Dennoch wirkten sie alle sehr selbstbewusst, ja fast großspurig. Auch sie, dachte ich, waren Männer, mit denen zu rechnen war. Ich beugte mich über das Foto, um mir jeden einzelnen genauer anzusehen, doch dann fuhr ich erschrocken hoch.
    »Da ist er wieder«, sagte ich und zwang mich zur Ruhe. »Der Mann vom ersten Foto.«
    »Wo?«, fragte Toby.
    Ich deutete auf die hintere Reihe. »Er hat einen Bart und trägt einen Hut, aber die Augen … die Augen sind dieselben.«
    Toby nahm das Foto in die Hand und betrachtete es eingehend. »Tatsächlich, das ist derselbe Typ. Wahrscheinlich hat er sich gebadet, rasiert und seinen einzigen Anzug angezogen, als er sich fotografieren ließ.« Er stellte die Schachtel auf dem Boden ab und hielt mir das Foto hin. »Erinnert er Sie an jemanden, Lori? Jemand in England? So wie Brett Whitcombe, als Sie ihn das erste Mal auf der Farm sahen?«
    »Der Mann, an den Brett mich erinnert hat, ist fast so etwas wie ein Heiliger«, sagte ich zu ihm. »Der Mann auf diesem Foto erinnert mich an den … Tod.«
    »Ich wusste es«, zischte Toby. Er sprang auf und ging wütend im Zimmer auf und ab. »Ich wusste, dass Amanda Sie verwirrt hat. Ich konnte es an Ihrem Gesicht sehen, als sie davon sprach, dass der Tod seine Hand nach Ihnen ausstrecken würde. Ich schwöre, ich erwürge diese Frau tatsächlich, wenn ich sie das nächste Mal …«
    »Aber Amanda hatte recht«, unterbrach ich ihn. »Der Tod hat nach mir gegriffen, und ich bin ihm entkommen.«
    »Was?« Toby hörte auf herumzulaufen und baute sich vor mir auf. »Wann? Wo? Heute Abend?«
    »Nicht heute Abend. Es geschah vor sieben Wochen.« Ich seufzte laut. Eigentlich wollte ich Toby nichts von dem Schuss erzählen, aber ich wollte auch nicht, dass Amanda die Schuld – oder die Verantwortung – für mein seltsames Betragen übernehmen sollte. Außerdem schämte ich mich wirklich dafür, dass ich einen so aufrichtigen jungen Mann wie Toby belogen hatte. Wenn jemand ein Recht hatte, die Wahrheit zu hören, dann er. Ich deutete auf einen Sessel und sagte: »Setzen Sie sich bitte.« Toby gehorchte, und ich starrte auf den Boden. Ich hatte keinen Bedarf, die Mischung aus Entsetzen und Mitleid zu sehen, die sich bald in seinen Augen spiegeln würde. Ich hatte sie schon zu oft gesehen.
    »Ich habe mir die Schulter nicht bei einem Sturz vom Pferd verletzt«, begann ich. »Jemand hat auf mich geschossen. Ein Wahnsinniger, in Schottland, während eines Sturms.«
    »Ah«, sagte Toby leise.
    »Die Kugel streifte eine Arterie. Ich wäre fast verblutet.« Ich hörte, wie er scharf einatmete, und sprach weiter. »Der Mann, der auf mich geschossen hatte, nannte sich Abaddon. Er wollte auch Will und Rob töten, aber ich konnte ihn aufhalten. Sein Gesicht …« Mein Blick fiel auf die Schachtel, aber ich schaute nicht lange hin. »Sein Gesicht war so bleich wie Milch. Er hatte wirres schwarzes Haar, und in seinen Augen schien kein Weiß zu

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