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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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»Wieso?«
    »Hättest du nur vorher mit mir gesprochen.«
    »Worüber?«
    »Dass du vorhattest, zu verraten -«
    »Ich habe nichts verraten -«
    »Aber du sagtest, er war dabei, als du die Herkunft des Rings überprüft hast.«
    »Er wollte helfen. Er hat Angst. Er fühlt sich schuldig, weil er seine Schwester zu dieser Reise überredet hat und sie jetzt des Mordes beschuldigt wird. Als ich bei China weggegangen bin, sah er aus. Er leidet mit ihr. Für sie. Er wollte helfen, und ich fand nichts dabei, ihm das zu erlauben.«
    »Er gehört zu den Verdächtigen, Deborah, genau wie seine Schwester. Wenn sie Brouard nicht getötet hat, dann war es ein anderer. Und er war zur fraglichen Zeit auf dem Gelände.«
    »Du glaubst doch nicht im Ernst. Niemals. Herrgott noch mal! Er ist nach London geflogen. Er ist zu uns gekommen. Er war in der Botschaft. Er ist mit mir zu Tommy gegangen. Er sucht verzweifelt jemanden, der Chinas Unschuld beweisen kann. Glaubst du wirklich, dass er das alles unternommen hätte - oder auch nur einen Teil davon -, wenn er der Mörder wäre? Warum?«
    »Ich habe keine Antwort darauf.«
    »Ah, ja. Und trotzdem beharrst du -«
    »Aber ich habe etwas anderes«, unterbrach er sie. Er verachtete sich, als er dem Schwall bitteren Triumphs, der in ihm hochschoss, freien Lauf ließ. Er hatte sie in die Enge getrieben und verfügte über die Waffe, um sie zu besiegen und ein für alle Mal klarzustellen, wer im Recht und wer im Unrecht war. Er berichtete ihr von den Papieren, die er Le Gallez gebracht hatte; diese Papiere, die bewiesen, dass Guy Brouard eine Reise nach Amerika unternommen hatte, von der seine eigene Schwester nichts gewusst hatte. Es störte ihn nicht, dass er bei der Diskussion mit Le Gallez genau das Gegenteil von dem vertreten hatte, was er jetzt seiner Frau über eine mögliche Verbindung zwischen Brouards Kalifornienreise und Cherokee River vorhielt. Hauptsache, sie begriff, dass in Sachen Mord er der Zuständige war. Ihre Welt, unterstellten seine Worte, war die der Fotografie, der Zelluloidbilder, die in einer Dunkelkammer manipuliert wurden. Seine Welt war die der exakten Wissenschaft, der Tatsachen. Fotografie war nur ein anderes Wort für Imagination. Das alles sollte sie in Zukunft bedenken, wenn sie vorhatte, auf eigene Faust zu handeln, ohne ihn zu Rate zu ziehen.
    Als er zum Ende gekommen war, sagte sie steif: »Ich verstehe. Die Sache mit dem Ring tut mir Leid.«
    »Ich weiß, dass du es gut gemeint hast«, sagte St. James mit der ganzen Großzügigkeit des Ehemanns, der sich seinen rechtmäßigen Platz in der Partnerschaft zurückerobert hat. »Ich bringe ihn jetzt gleich zu Le Gallez und erkläre ihm, was los war.«
    »Gut«, sagte sie. »Ich begleite dich, wenn du willst. Ich bin gern bereit, selbst alles zu erklären, Simon.«
    Ihr Angebot befriedigte ihn. Es zeigte ihre Einsichtigkeit. »Das ist wirklich nicht nötig«, lenkte er ein. »Ich mach das schon, Liebes.«
    »Willst du das wirklich tun?« Es war eine durchtriebene Frage.
    Ihr Ton hätte ihn warnen müssen, aber er merkte nichts und sagte wie der naive Tor, der sich einbildet, eine Frau in irgendeiner Hinsicht übertrumpfen zu können: »Ich tue es gern, Deborah.«
    »Komisch. Das hätte ich nicht gedacht.«
    »Was?«
    »Dass du auf die Gelegenheit verzichten würdest, zuzusehen, wie Le Gallez mir die Daumenschrauben anlegt. Dass du dir das entgehen lassen willst!«
    Sie sah ihn mit einem bitteren Lächeln an und drängte sich brüsk an ihm vorbei, um zur Straße zurückzueilen.
    Chief Inspector Le Gallez wollte im Hof des Polizeipräsidiums gerade in seinen Wagen steigen, als St. James durch das Tor kam. Es hatte wieder zu regnen angefangen, als Deborah ihn in dem kleinen Park so abrupt stehen lassen hatte, und er hatte zuvor in seiner Hast keinen Schirm mitgenommen. Aber um sich im Hotel einen zu holen, hätte er seiner Frau folgen müssen, und das wollte er nicht, denn es hätte so ausgesehen, als wünschte er etwas von ihr. Und da das nicht der Fall war, wollte er auch nicht diesen Anschein erwecken.
    Ihr Benehmen war unmöglich. Gewiss, sie hatte einige Informationen zusammengetragen, die sich als wertvoll erweisen konnten: Die Entdeckung der Herkunft des Rings würde Zeit sparen, und der Hinweis auf einen möglichen zweiten Herkunftsort eines solchen Rings würde vielleicht die Polizei in ihrer Überzeugung von China Rivers Schuld erschüttern können. Aber das war keine Entschuldigung für die

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