12 - Wer die Wahrheit sucht
nicht bei ihm war, als ich mit ihm darüber sprechen wollte. Interessiert es dich vielleicht, was das heißt?«
»Ach so!« Sie reckte die Nase in die Höhe. Ihr Ton war triumphierend wie der einer Frau, die zusieht, wie der Mann in die Falle tappt, die sie ihm gestellt hat. »Um dich geht es. Du hast dumm da gestanden. Wie peinlich!«
»Die Behinderung polizeilicher Ermittlungen ist keine Peinlichkeit«, sagte er schroff. »Das ist ein Vergehen.«
»Ich habe nichts behindert. Ich habe den verdammten Ring bei mir.« Sie fuhr mit der Hand in ihre Schultertasche, holte den in das Taschentuch eingeschlagenen Ring heraus, packte ihren Mann so fest beim Arm, wie er vorher sie gepackt hatte, und drückte ihm den Ring samt Tuch in die Hand. »So! Bist du jetzt zufrieden? Bring ihn deinem hochverehrten Chief Inspector. Was würde der denn von dir denken, wenn du jetzt nicht sofort angerannt kämst!«
»Warum bist du so?«
»Ich? Warum bist du so?«
»Weil ich dir genau gesagt habe, was du tun sollst. Weil wir ein Beweisstück in Besitz haben. Weil wir wissen, dass es ein Beweisstück ist. Weil wir es von Anfang an wussten und -«
»Nein«, unterbrach sie. »Falsch. Das wussten wir nicht. Wir haben es vermutet. Und auf Grund dieser Vermutung hast du mich gebeten, den Ring mitzunehmen. Aber wenn es so ungeheuer wichtig war, dass die Polizei das Ding auf der Stelle bekommt - wenn dieser Ring so offenkundig entscheidende Bedeutung besitzt -, dann hättest du ihn verdammt noch mal, selbst bringen können, anstatt dich irgendwo in der Gegend herumzutreiben, was dir offenbar wichtiger war als der blöde Ring.«
St. James hörte sich das alles mit wachsendem Zorn an. »Du weißt ganz genau, dass ich bei Ruth Brouard war. Da sie immerhin die Schwester des Ermordeten ist und mich um ein Gespräch gebeten hatte, wie du ebenfalls weißt, kann man wohl sagen, dass das, worum ich mich in Le Reposoir kümmern musste, nicht ganz unwichtig war.«
»Natürlich! Und das, worum ich mich gekümmert habe, war unwichtig.«
»Worum du dich kümmern solltest -«
»Hör endlich auf, darauf herumzureiten!« Ihre Stimme war nur noch ein Kreischen. Sie schien es selbst zu hören, denn als sie weitersprach, tat sie es leiser, wenn auch nicht weniger erregt. »Ich werde dir sagen, worum ich mich gekümmert habe.« Sie gab dem Verb einen höhnischen Unterton mit. »Hier!« Sie kramte wieder in ihrer Schultertasche und brachte einen gelben Kanzleiblock zum Vorschein, der in der Mitte genickt war. »Das hat China geschrieben. Sie dachte, es könnte dir nützlich sein. Außerdem«, fuhr sie mit einer bemühten Höflichkeit fort, die genauso viel sagte wie der Hohn, »habe ich einiges über den Ring in Erfahrung gebracht. Ich erzähle es dir gern, wenn du die Information für wichtig genug hältst.«
St. James nahm den Schreibblock. Er überflog das Geschriebene, um Daten, Zeiten, Orte und Erläuterungen zu prüfen.
Deborah sagte: »Sie hat es für dich aufgeschrieben und mich ausdrücklich gebeten, es dir zu geben. Den Ring hat sie gekauft.«
Er blickte auf. »Was?«
»Ich denke, du hast mich genau gehört. Den Ring oder einen, der genauso aussieht, hat China in einem Laden in der Mill Street gekauft. Cherokee und ich haben das herausgefunden. Und dann haben wir sie danach gefragt. Sie sagte, dass sie ihn für ihren Freund gekauft hat. Für Matt. Ihren Exfreund.«
Deborah erzählte den Rest. Sie berichtete in förmlichem Ton von den Antiquitätengeschäften und den Potters; was China mit dem Ring getan hatte; dass es möglicherweise einen identischen gab, der aus dem Talbot Valley stammte. »Cherokee hat die Sammlung selbst gesehen«, sagte sie zum Schluss. »Er war mit einem Jungen namens Paul Fielder dort.«
»Cherokee?«, fragte St. James scharf. »Er war dabei, als du versucht hast, die Herkunft des Rings herauszufinden.«
»Das habe ich doch gesagt.« »Dann weiß er also über alles Bescheid?«
»Ich finde, darauf hat er ein Recht.«
Im Stillen verfluchte St. James sich selbst, die ganze Situation, die Tatsache, dass er sich da aus Gründen, über die er nicht nachdenken wollte, hatte hineinziehen lassen. Deborah war nicht dumm, aber sie war eindeutig überfordert. Wenn er ihr das sagte, würde es die Schwierigkeiten zwischen ihnen verschlimmern. Aber wenn er nichts sagte, konnte das die gesamten Ermittlungen gefährden. Er hatte keine Wahl.
»Das war unklug, Deborah.«
Sie hörte seinen Ton, und erwiderte mit Schärfe.
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