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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Tür von Apartment B berührt, da öffnete Deborah schon. »Gott sei Dank«, rief sie. »Ich bin so froh, dass du hier bist, Liebster. Komm rein, und dann kannst du endlich China kennen lernen.«
    China River hockte im Schneidersitz auf dem Sofa, eine Decke um die Schultern, die sie wie eine Stola zusammenhielt. Sie sagte: »Ich hätte nie gedacht, dass ich Sie tatsächlich noch mal kennen lernen würde. Ich hätte nie gedacht...« Sie konnte nicht weitersprechen und drückte die Faust auf den Mund.
    »Was ist geschehen?«, wandte St. James sich an Deborah.
    »Das wissen wir auch nicht«, antwortete sie. »Die Polizisten wollten uns nicht sagen, wo sie ihn hinbringen. Chinas Anwalt ist gleich nach unserem Anruf losgefahren, um mit der Polizei zu reden, aber wir haben noch nichts von ihm gehört. Aber, Simon« - sie senkte die Stimme - »ich glaube, sie haben was - sie haben irgendwas gefunden. Was könnte es sonst sein?«
    »Seine Abdrücke auf dem Ring?«
    »Cherokee wusste nichts von dem Ring. Er hatte ihn nie gesehen. Er war so überrascht wie ich, als wir ihn in dem Antiquitätengeschäft zeigten und hörten -«
    »Deborah«, rief China vom Sofa her, und sie drehten sich nach ihr um. Es war ihr deutlich anzusehen, dass sie unschlüssig war. Und dann voller Bedauern. »Ich... wie soll ich...?« Sie schien nach der Kraft zu suchen fortzufahren. »Deborah, ich habe Cherokee den Ring gezeigt, nachdem ich ihn gekauft hatte.«
    St. James sagte zu seiner Frau: »Bist du sicher, dass er nicht -«
    »Debs wusste nichts davon. Ich habe es nicht gesagt. Ich wollte nichts sagen, weil Cherokee kein Wort sagte, als sie mir den Ring zeigte - hier im Apartment. Er hat so getan, als würde er ihn nicht kennen. Ich konnte das nicht verstehen - ich meine, warum er...« Nervös biss sie an der Nagelhaut ihres Daumens herum. »Er sagte nichts... Und ich dachte nicht...«
    »Seine Sachen haben sie auch mitgenommen«, berichtete Deborah ihrem Mann. »Er hatte einen Matchsack und einen Rucksack. Auf die waren sie besonders scharf. Sie waren zu zweit - zwei Constables, meine ich -, und sie sagten ein paar Mal: ›Ist das alles? Ist das alles, was Sie bei sich haben?‹ Nachdem sie ihn weggebracht hatten, kamen sie noch einmal zurück und schauten sämtliche Schränke durch. Unter den Möbeln haben sie auch nachgesehen. Sogar im Müll.«
    St. James nickte. Er sah China an. »Ich werde sofort mit Chief Inspector Le Gallez sprechen.«
    »Das war von Anfang an geplant«, erklärte China. »Man sucht sich zwei dumme Amerikaner, möglichst solche, die noch nie außer Landes waren und wahrscheinlich das Geld nicht haben, um auch nur über Kaliforniens Grenzen zu reisen, es sei denn, sie trampen. Und man bietet ihnen ein einmaliges Geschäft an, das sich so fantastisch anhört, dass sie sofort mit beiden Händen zugreifen. Und dann hat man sie im Sack.« Ihre Stimme zitterte. »Wir sind reingelegt worden. Zuerst ich. Jetzt er. Es wird heißen, wir hätten es schon vor unserer Abreise von zu Hause geplant. Gemeinsam. Wie sollen wir beweisen, dass das nicht stimmt? Dass wir diese Leute nicht einmal gekannt haben. Keinen von ihnen. Wie sollen wir das beweisen?«
    St. James hätte am liebsten nicht gesagt, was Deborahs Freundin gesagt werden musste. Gewiss lag für sie ein perverser Trost darin zu glauben, sie und ihr Bruder steckten nun gemeinsam im Morast. Aber die Wahrheit der Geschichte lag in dem, was zwei Zeuginnen am Morgen des Mordes gesehen hatten. Sie lag in den Spuren, die am Tatort hinterlassen worden waren, und sie lag in der Person des Verhafteten und dem Grund für diese Verhaftung. Er sagte: »Ich denke, es ist ziemlich klar, dass es nur einen Täter gibt, China. Es wurde nur eine Person beobachtet, die Brouard zur Bucht folgte, und bei seiner Leiche wurden die Fußabdrücke nur einer Person gefunden.«
    Das Licht im Zimmer war gedämpft, aber er sah, wie China schluckte. »Dann war es wahrscheinlich egal, wer von uns beiden angeklagt werden würde. Ich oder er. Aber sie brauchten uns auf jeden Fall alle beide hier, um die Chance zu verdoppeln, dass einer von uns reinrasseln würde. Es war alles geplant, von Anfang an. Das muss Ihnen doch auch klar sein, oder nicht?«
    St. James schwieg. Ja, ihm war klar, dass jemand alles genau überlegt hatte. Ihm war klar, dass das Verbrechen nicht ein Werk des Moments gewesen war. Aber ihm war auch klar, dass nach allem, was er bis jetzt wusste, nur vier Personen bekannt gewesen war, dass zwei

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