12 - Wer die Wahrheit sucht
Mörder genannt. Und du glaubst, dass sie mit drinsteckt, richtig? Deshalb wolltest du vor ihr nicht sagen, was du weißt. Du glaubst, sie waren es. Entweder zusammen, oder einzeln. Das glaubst du doch, stimmt's?«
»Wir wissen jedenfalls nicht mit Sicherheit, dass sie es nicht waren«, antwortete St. James, obwohl er eigentlich etwas ganz anderes sagen wollte. Er wusste, das war keine Antwort auf Deborahs Frage, sondern eine Reaktion auf ihren anklagenden Ton, die er nicht unterdrücken konnte, obwohl ihm klar war, dass dies der erste Schritt auf dem Weg zum Streit war. »Wie kannst du das sagen?«, rief Deborah. »Wie kannst du es nicht sagen, Deborah?«
»Weil ich dir gerade erzählt habe, was wir entdeckt haben, und weil nichts davon mit Cherokee zu tun hat. Und ebenso wenig mit China.«
»Das stimmt«, räumte er ein. »Was du entdeckt hast, hat mit ihnen nichts zu tun.«
»Aber das, was du weißt, hat mit ihnen zu tun. Das willst du doch sagen. Und als vorbildlicher Ermittler behältst du es für dich. Na, wunderbar. Dann kann ich ja nach Hause fahren und es dir überlassen -«
»Deborah!«
»- die Sache hier in die Hand zu nehmen, da du ja so versessen darauf bist.« Wie China ergriff sie ihren Mantel. Aber als sie ihn anziehen wollte, erwies er sich als widerspenstig und vereitelte so den großen Abgang, den sie zweifellos geplant hatte.
»Deborah«, sagte er. »Setz dich, und hör mir zu.«
»Rede nicht in diesem Ton mit mir! Ich bin kein Kind.«
»Dann benimm dich auch -« Er brach ab und hob die Hände, eine Geste, die besagte: Komm, lassen wir das. Er zwang sich, ruhig und vernünftig zu sprechen. »Was ich glaube, ist überhaupt nicht wichtig.«
»Dann glaubst du also -«
»Und«, unterbrach er sie, ohne sich beirren zu lassen, »was du glaubst, das ist auch nicht wichtig. Wichtig sind allein die Fakten. Gefühle dürfen in eine Situation wie diese nicht hineinspielen.«
»Mein Gott, du hast deine Entscheidung schon getroffen, nicht? Auf welcher Grundlage bitte?«
»Ich habe überhaupt keine Entscheidung getroffen. Es ist nicht meine Sache, etwas zu entscheiden.«
»Dann sag mir, was los ist.«
»Es sieht nicht gut aus.«
»Was weißt du? Was hat die Polizei in der Hand?« Als er nicht sofort antwortete, rief sie: »Herrgott noch mal, vertraust du mir nicht? Was denkst du denn, dass ich mit der Information anfange?«
»Was würdest du mit ihr anfangen, wenn sie den Bruder deiner Freundin belastete?«
»Was für eine Frage! Was glaubst du denn? Dass ich es ihm sagen würde?«
»Bei dem Ring...« St. James sagte es ungern, aber es musste gesagt werden. »Wie sich zeigte, hat er ihn gekannt, aber er sagte kein Wort davon. Wie erklärst du das, Deborah?«
»Es ist nicht meine Sache, das zu erklären. Das muss er tun. Und er wird es tun.«
»So fest glaubst du an ihn?«
»Er ist kein Mörder.«
Aber die Fakten sprachen eine andere Sprache, auch wenn St. James nicht riskieren konnte, sie ihr mitzuteilen. Eschscholzia californica, eine Flasche auf einem Feld, Fingerabdrücke auf der Flasche. Und außerdem alles, was sich in Orange County, Kalifornien abgespielt hatte.
Er überlegte einen Moment. Alles deutete auf River hin, nur eines nicht: Die Verschiebung der Gelder von Guernsey nach London.
Margaret stand am Fenster. Jedes Mal, wenn sich draußen etwas bewegte, und sei es nur ein vorbeiflatternder Vogel, kreischte sie aufgeregt. Sie hatte noch zweimal bei der Polizei angerufen und zu wissen verlangt, wann man endlich gegen diesen »elenden kleinen Dieb« vorgehen würde, und erwartete jetzt die Ankunft einer Amtsperson, die sich ihre Geschichte anhören und die angebrachten Maßnahmen ergreifen würde.
Ruth versuchte, sich auf ihre Stickerei zu konzentrieren, aber das ließ Margaret nicht zu. Sie machte unaufhörlich irgendwelche Bemerkungen wie »In spätestens einer Stunde wird dir dein frommer Glaube an die Unschuld dieses Früchtchens vergehen«, oder: »Ich werde dir beweisen, was Wahrheit und Ehrlichkeit ist«, während sie warteten. Worauf sie warteten, wusste Ruth nicht, denn ihre Exschwägerin hatte nach ihrem ersten Anruf bei der Polizei nur gesagt: »Sie kümmern sich sofort darum.«
Das Warten zog sich in die Länge, und Margaret wurde immer ungeduldiger. Sie war auf dem besten Weg, ein weiteres Mal zum Telefon zu greifen, um sofortiges Handeln zu verlangen, als draußen ein Streifenwagen vorfuhr. »Sie haben ihn«, jubelte sie und eilte zur Tür.
Ruth versuchte, ihr
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