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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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noch geschwiegen. Ich dachte...« Er schaute von ihr weg und starrte den Topf mit der Brühe an, als enthielte er einen Hexentrank.
    »Was dachtest du?«, fragte sie, denn sie musste es wissen, und er musste sprechen, damit sie es leugnen und damit das Thema zwischen ihnen ein für alle Mal ad acta legen konnte.
    »Zuerst«, sagte er, »war ich überzeugt, du hättest mit Henry geredet, obwohl du mir versprochen hattest, den Mund zu halten. Mein Gott, dachte ich, sie hat ihrem Bruder von Cyn erzählt, und jetzt glaubt sie, dass er Brouard umgebracht hat, und sagt mir nichts, weil ich sie von Anfang an davor gewarnt habe, mit Henry zu sprechen. Aber dann sagte ich mir, es musste was anderes sein, was Schlimmeres. Schlimmer für mich, meine ich.«
    »Was denn?«
    »Val, ich habe den Mann gekannt. Er hatte die Abbott, aber die war nichts für ihn. Er hatte Cyn, aber Cyn war ein kleines Mädchen. Er hat eine Frau gesucht, eine richtige Frau, die das Verhalten und das Wissen einer Frau besaß, die er genauso brauchen würde wie sie ihn. Und du bist so eine Frau, Val. Das hat er gewusst. Ich hab's ihm angesehen, dass er das wusste.«
    »Und da hast du gedacht, Guy Brouard und ich...?« Valerie konnte es kaum fassen; dass er das geglaubt hatte, und sie das Glück gehabt hatte, dass er es glaubte. Er sah so unglücklich aus, dass er ihr Leid tat. Am liebsten hätte sie gelacht über diese irrsinnige Vorstellung, dass Guy Brouard ausgerechnet sie begehrt haben sollte, mit ihren schwieligen Händen und ihrem verbrauchten Körper, den kein Schönheitschirurg wieder hergerichtet hatte. Du Dummkopf, hätte sie am liebsten gesagt, er wollte Jugend und Schönheit, um sich selbst jung und schön zu fühlen. Aber stattdessen sagte sie: »Wie konntest du so was nur glauben, Schatz?«
    »Geheimniskrämerei ist nicht deine Art«, sagte er. »Wenn es nicht wegen Henry war -«
    »Was es nicht war«, sagte sie lächelnd und ließ der Lüge ihren Lauf.
    »Was hätte es sonst sein können?«
    »Aber die Vorstellung, dass Mr. Brouard und ich... wie konntest du nur denken, dass ich mich für ihn interessiere?«
    »Ich habe nicht gedacht. Ich habe nur die Augen aufgemacht. Ich weiß, wie er war, und du hattest Geheimnisse vor mir. Er war reich, und wir werden nie reich werden - ich dachte, das könnte auch eine Rolle spielen. Und du... das war der Teil, der leicht zu verstehen war.«
    »Warum?«
    Er breitete die Hände aus. Sein Gesicht verriet ihr, dass das, was er gleich sagen würde, das Vernünftigste an dieser ganzen Fantasie war, mit der er sich herumgequält hatte. »Wer würde nicht versuchen, dich zu erobern, wenn er die geringste Aussicht auf Erfolg sähe?«
    Sie spürte, wie ihr Körper weich wurde: wegen der Frage, die er gestellt hatte, wegen dem Ausdruck in seinem Gesicht, wegen der Bewegung seiner Arme. Sie merkte, wie die Weichheit sich in ihren Augen und ihren Gesichtszügen ausbreitete. Sie ging zu ihm und sagte: »In meinem Leben hat es immer nur einen Mann gegeben, Kevin. Es gibt wenige Frauen, die das sagen können, und noch weniger, die stolz darauf sind, es sagen zu können. Ich kann es sagen, und ich bin stolz darauf: Es hat immer nur dich gegeben.«
    Er nahm sie in die Arme, zog sie ohne Zärtlichkeit an sich und hielt sie ohne Begehren fest. Was er suchte, war Gewissheit; sie wusste es, weil sie sie auch suchte.
    Zum Glück stellte er ihr keine Fragen mehr.
    So brauchte sie nichts mehr zu sagen.
    Margaret warf ihren zweiten Koffer aufs Bett, klappte ihn auf und nahm den nächsten Stapel Kleidung aus der Kommode. Sie hatte sie bei ihrer Ankunft alle sorgsam gefaltet hineingelegt, jetzt war es ihr egal, wie sie im Koffer landeten. Sie war fertig mit den Brouards, fertig mit allem hier. Sie hatte keine Ahnung, wann die nächste Maschine nach England ging, aber sie würde darin sitzen.
    Sie hatte getan, was sie konnte: für ihren Sohn, für ihre ehemalige Schwägerin, für alle rundherum, verdammt noch mal. Aber so wie Ruth sie abserviert hatte, das war noch unerträglicher gewesen als das letzte Gespräch mit Adrian.
    »Ich kann dir sagen, welcher Meinung sie ist«, hatte sie erklärt. Sie hatte ihn in seinem Zimmer vermutet, dort aber nicht angetroffen und ihn schließlich oben in der Galerie aufgestöbert, wo sich ein Teil der Antiquitäten und die meisten Kunstwerke befanden, die Guy im Lauf der Jahre gesammelt hatte. Das alles hätte Adrian gehören können... hätte ihm gehören müssen... Egal, dass die meisten

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