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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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versuchte zu erraten, was das unerwartete Erscheinen der Polizei in ihrem Hotel bedeuten konnte, während sie gleichzeitig zu taxieren suchte, mit welchem Grad von Intensität die Unterhaltung geführt wurde.
    Wenig später war Simon wieder zurück, aber er setzte sich nicht.
    »Ich muss dich allein lassen.« Sein Gesicht war ernst. Er ergriff die Serviette, die er auf dem Stuhl liegen gelassen hatte, und faltete sie akkurat, wie das seine Art war.
    »Warum?«, fragte sie.
    »Ich hatte offenbar Recht. Le Gallez hat neue Beweise. Er möchte gern, dass ich sie mir ansehe.«
    »Das kann nicht warten? Wenigstens bis nach...?«
    »Er hat es eilig. Anscheinend will er noch heute Abend jemanden festnehmen.«
    »Und dazu braucht er deine Erlaubnis? Simon, das ist doch -«
    »Ich muss gehen, Deborah. Iss du ruhig weiter. Ich werde nicht lange weg sein. Ich muss ja nur zum Präsidium. Einmal um die Ecke, und schon bin ich wieder da.« Er beugte sich zu ihr hinunter und küsste sie.
    »Wieso ist er persönlich gekommen, um dich zu holen?«, fragte sie. »Er hätte doch - Simon!« Aber er ging schon davon.
    Deborah blieb einen Moment still sitzen und starrte ins flackernde Licht der Kerze auf ihrem Tisch. Sie hatte dieses unbehagliche Gefühl, das einen befällt, wenn man eine eklatante Lüge aufgetischt bekommt. Sie wollte Simon nicht nachlaufen und eine Erklärung verlangen, aber gleichzeitig war ihr klar, dass sie nicht hier sitzen bleiben und warten konnte. Also entschied sie sich für den Mittelweg und verließ den Speisesaal, um in die Bar zu gehen, wo ein Fenster nach vorn hinausführte.
    Dort, vor dem Hotel, sah sie Simon, wie er gerade seinen Mantel überzog. Le Gallez sprach mit einem uniformierten Constable. Draußen auf der Straße wartete ein Streifenwagen mit Fahrer. Dahinter stand ein weißer Kleinbus der Polizei, durch dessen Fenster Deborah die Silhouetten weiterer Polizisten erkennen konnte.
    Sie stieß einen kleinen Schrei aus. Sie fühlte den Schmerz, erkannte ihn als das, was er war, und eilte aus der Bar hinaus.
    Sie hatte Tasche und Mantel im Zimmer gelassen. Auf Simons Vorschlag hin, wie sie jetzt erkannte. Er hatte gesagt: »Das brauchst du doch alles gar nicht, Liebes«, und sie hatte sich nach ihm gerichtet, wie sie sich immer nach ihm richtete, da er ja so klug war, so um sie besorgt, so... was? So fest entschlossen, zu verhindern, dass sie ihm folgte. Während er selbst natürlich seinen Mantel irgendwo ganz in der Nähe des Speisesaals gehabt hatte, weil er von Anfang an gewusst hatte, dass Le Gallez aufkreuzen würde.
    Aber Deborah war nicht so töricht, wie ihr Mann anscheinend glaubte. Sie verfügte über den Vorteil der Intuition. Und über den noch größeren Vorteil, schon einmal an dem Ort gewesen zu sein, der zweifellos das Ziel der Männer war. Der ihr Ziel sein musste, trotz allem, was Simon ihr erzählt hatte, um eine falsche Spur zu legen.
    Nachdem sie Mantel und Tasche geholt hatte, lief sie wieder nach unten und zur Straße hinaus. Die Polizeifahrzeuge waren weg, der Bürgersteig war leer, die Straße frei. Sie rannte zum Parkplatz um die Ecke vom Hotel und gegenüber dem Polizeipräsidium. Es wunderte sie nicht, weder Streifenwagen noch einen Kleinbus auf seinem Hof stehen zu sehen. Sie hatte von Anfang an nicht geglaubt, dass Le Gallez mit einer Eskorte gekommen war, um Simon abzuholen und die knapp hundert Meter bis zur Polizeidienststelle zu befördern.
    »Wir haben im Herrenhaus angerufen, um ihr Bescheid zu geben«, sagte Le Gallez zu St. James, als sie schnell durch die Dunkelheit in Richtung St. Martin fuhren, »aber es hat sich niemand gemeldet.«
    »Was glauben Sie, hat das zu bedeuten?«
    »Ich hoffe, es bedeutet, dass sie ausgegangen ist, in ein Konzert oder zu Freunden zum Essen vielleicht. Sie ist Samariterin, vielleicht ist bei denen heute Abend was los. Wir können es nur hoffen.«
    Sie folgten den Windungen des Val des Terres, immer nahe an der moosbewachsenen Mauer entlang, die die baumbestandenen Hänge befestigte. Mit dem Kleinbus hinter ihnen erreichten sie Fort George, wo das Licht der Straßenlampen auf die leere Wiese auf der Ostseite der Fort Road fiel. Die Häuser auf der Westseite wirkten seltsam unbewohnt um diese Stunde, bis auf das von Bernard Debiere. In seinem Haus waren sämtliche Fenster, die nach vorn hinausgingen, hell erleuchtet, als erwartete er eine große Gesellschaft.
    Das einzige Geräusch im Wagen, während sie mit unvermindert hoher

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