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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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lassen. Dann hätte er ihn nach Hause bringen und anbinden können.
    Er stieß gegen das durchgesessene alte Sofa und ließ sich darauf niederfallen. Jemand kam durchs Zimmer und setzte sich zu ihm. Er spürte, wie ein Arm sich um seine Schulter legte. Es sollte ein Trost sein, aber es fühlte sich an wie eine Klammer aus glühendem Metall. Er schrie auf und schüttelte den Arm ab.
    »Ich weiß, wie schlimm das für dich ist, mein Junge«, sagte sein Vater so dicht an seinem Ohr, dass er die Worte hören musste. »Sie haben das arme Tier zum Tierarzt gebracht. Sie haben gleich angerufen. Bei Mama in der Arbeit, weil jemand da unten wusste, wem es gehört, und -«
    Es. Sein Vater nannte Taboo es. Paul konnte es nicht hören, dass jemand so ein Nichts-Wort für seinen Freund gebrauchte, das einzige Wesen, das ihn wirklich kannte. Er hatte eine Seele, und er war so wenig ein Es wie Paul selbst.
    »... fahren wir gleich rüber. Sie warten auf uns«, schloss sein Vater.
    Paul sah ihn an, verwirrt und voller Angst. Was hatte er gesagt?
    Mave Fielder schien zu wissen, war in ihrem Sohn vorging. Sie sagte: »Sie haben ihn noch nicht eingeschläfert, Paulie, Schatz. Ich habe nein gesagt. Ich habe gesagt, sie sollen warten. Ich habe gesagt, unser Paulie muss sich doch von ihm verabschieden, tun Sie bitte alles, was möglich ist, um es dem Hund angenehm zu machen, und warten Sie, bis Paul da ist. Dad fährt dich jetzt rüber. Die Kinder und ich...« Sie wies zur Küche, wo Pauls Brüder und seine kleine Schwester beim Abendbrot saßen, froh und glücklich, dass ausnahmsweise die Mutter es ihnen gerichtet hatte. »Wir warten hier auf dich, Paulie.« Und als Paul und sein Vater aufstanden, fügte sie hinzu: »Es tut mir so Leid, mein Schatz.«
    Draußen sagte Pauls Vater nichts mehr. Sie gingen zu dem alten Lieferwagen, auf dessen Seite noch die verblasste rote Aufschrift Fielders Metzgerei in den Marktballen sichtbar war, stiegen schweigend ein, und Ol Fielder ließ den Motor an.
    Die Fahrt von Le Bouet aus dauerte viel zu lang. Die Tierklinik, die rund um die Uhr geöffnet war, befand sich am anderen Ende an der Route Isabelle, und einen direkten Weg dorthin gab es nicht. Sie mussten genau um die Tageszeit, wo der Verkehr am schlimmsten war, nach St. Peter Port hineinfahren und quer durch die ganze Stadt zuckeln, um ihr Ziel zu erreichen. Paul war krank vor Sorge. Seine Hände wurden feucht, sein Gesicht wurde eiskalt. Er konnte den Hund sehen, aber sonst nichts: immer nur den Hund, wie er bellend, bellend hinter dem Streifenwagen rannte, weil der einzige Mensch, den er liebte, ihm fortgenommen werden sollte. Paul und Taboo waren immer unzertrennlich gewesen. Selbst wenn Paul in der Schule war, saß der Hund geduldig wie ein Lamm in der Nähe und wartete.
    »Hier sind wir, Paul. Komm mit rein.«
    Die Stimme seines Vaters war sanft. Paul ließ sich zur Tür der Klinik führen. Er nahm alles wie durch einen Schleier wahr. Er roch die Tiere und die Medikamente, hörte die Stimmen seines Vaters und des Tierarztes. Aber er konnte nichts richtig erkennen. Er konnte erst wieder etwas erkennen, als sie ihn nach hinten gebracht hatten, in die stille dämmrige Ecke, wo ein elektrischer Heizofen eine zugedeckte kleine Gestalt warm hielt und aus einem Tropf ein Beruhigungsmittel in den Körper sickerte.
    »Er hat keine Schmerzen«, murmelte sein Vater ihm ins Ohr, bevor er die Hand nach dem Hund ausstreckte. »Das haben wir ihnen extra gesagt, Paul. Sie sollen dafür sorgen, dass er nicht leidet. Geben Sie ihm keine Betäubung, haben wir gesagt. Wir möchten, dass er weiß, dass Paulie bei ihm ist. Und genauso haben sie's gemacht.«
    Eine andere Stimme gesellte sich dazu. »Ihm gehört der Hund? Das ist Paul?«
    »Das ist er«, bestätigte Ol Fielder.
    Sie sprachen über Pauls Kopf hinweg, als dieser sich zu dem Hund hinunterbeugte und die Decke wegschob, um Taboo sehen zu können. Er lag mit halb geschlossenen Augen da und hechelte leicht, in seinem teilweise rasierten Vorderlauf steckte eine Nadel. Paul senkte sein Gesicht zu dem des Hundes hinunter. Er atmete in Taboos lakritzschwarze Nase. Der Hunde winselte, und seine Augenlider flatterten matt. Er schob die Zunge vor - eine schwache Bewegung - und berührte mit ihr Pauls Wange.
    Wer konnte wissen, was sie miteinander teilten und was sie einander waren und was sie voneinander wussten? Niemand. Denn was sie hatten, was sie waren und was sie wussten, war zwischen ihnen allein. Wenn die

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