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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Menschen Hund sagten, dachten sie an ein Tier. Paul aber dachte nie so von Taboo. Für ihn war Taboo ein göttliches Wesen, und mit Taboo zusammen zu sein, war Liebe und Hoffnung.
    Dumm, dumm, dumm, hätte sein Bruder gesagt.
    Dumm, dumm, dumm, hätte die ganze Welt gesagt.
    Aber das spielte für Paul und Taboo keine Rolle. Sie hatten eine gemeinsame Seele. Sie waren Teil eines Wesens.
    »... Operation«, sagte der Tierarzt. Paul konnte nicht erkennen, ob er mit seinem Vater sprach oder einer anderen Person. »... Milz erwischt, aber das muss nicht tödlich sein... die größte Herausforderung... die Hinterläufe... könnte letztlich verlorene Liebesmüh sein... schwer zu sagen... eine sehr schwierige Sache.«
    »Das kommt leider nicht in Frage«, sagte Ol Fielder mit Bedauern. »Die Kosten.«
    »... verstehe... selbstverständlich.«
    »Ich meine, allein schon das heute... was Sie getan haben...« Er seufzte tief. »Das wird einiges...«
    »Ja. Ich verstehe... natürlich... Sowieso nur eine geringe Chance bei der gebrochenen Hüfte... weitgehende orthopädische Maßnahmen...«
    Paul sah zu ihnen hinauf, als er begriff, wovon sie sprachen. Von seiner Position aus, in der Hocke und über den Hund gebeugt, sahen die beiden Männer wie Riesen aus: der Tierarzt in seinem langen weißen Kittel und Ol Fielder in seiner schmutzigen Arbeitskluft. Aber für Paul waren sie die Verkörperung plötzlicher Hoffnung.
    Er richtete sich auf und nahm seinen Vater beim Arm. Ol Fielder sah seinen Sohn an und schüttelte den Kopf. »So viel Geld haben wir nicht, mein Junge. Das können wir uns einfach nicht leisten. Und selbst wenn sie das alles mit dem armen Tier machen würden, wäre Taboo danach wahrscheinlich nicht mehr derselbe.«
    Paul sah den Tierarzt an. Er hatte ein Plastikschildchen am Kittel, auf dem Dr. Alistair Knight, Tierarzt, stand. »Er wäre langsamer, das ist wahr. Und mit der Zeit würde er arthritisch werden. Und, wie gesagt, es kann sein, dass alle diese Maßnahmen ihn nicht am Leben erhalten würden. Wenn doch, würde die Rekonvaleszenz Monate dauern.«
    »Das ist zu viel«, sagte Ol Fielder. »Das siehst du doch ein, nicht, Paulie? Deine Mutter und ich... Wir schaffen das nicht... Es würde ein Vermögen kosten. Und das haben wir nicht... Es tut mir so Leid, Paul.«
    Dr. Knight kauerte nieder und strich mit der Hand über Taboos zottiges Fell. Er sagte: »Ein braver Hund ist das. Nicht wahr, mein Freund?« Und als verstünde er, schob Taboo wieder seine blasse Zunge vor. Er zitterte, und sein Atem pfiff. Seine Vorderpfoten zuckten. »Tja, dann werden wir ihn wohl einschläfern müssen«, sagte Dr. Knight und richtete sich wieder auf. »Ich hole die Spritze.« Und zu Paul: »Es wäre für euch beide ein Trost, wenn du ihn hältst.«
    Paul beugte sich wieder zu Taboo hinunter, aber er nahm den Hund nicht in die Arme. Er hätte nur noch mehr Schaden angerichtet, wenn er ihn hochgenommen hätte, und das wollte er auf keinen Fall.
    Ol Fielder trat von einem Fuß auf den anderen, während sie auf die Rückkehr des Tierarztes warteten. Paul zog behutsam die Decke über Taboo hoch. Er schob das elektrische Heizgerät näher heran, und als der Tierarzt mit zwei Spritzen in der Hand zu ihnen trat, war er bereit.
    Ol Fielder kauerte nieder. Der Tierarzt ebenfalls. Paul wehrte die Hand des Arztes ab. »Ich habe das Geld«, sagte er so klar, als spräche er die ersten Worte, die je zwischen zwei Menschen gesprochen worden waren. »Es ist mir egal, was es kostet. Retten Sie Taboo.«
    Deborah und ihr Mann ließen sich gerade den ersten Gang des Abendessens schmecken, als der Oberkellner an ihren Tisch trat. Nachdem er sich für die Störung entschuldigt hatte, sagte er zu Simon, draußen sei ein Herr, der ihn zu sprechen wünsche. Er warte gleich vor der Tür zum Speisesaal. Ob Mr. St. James ihm etwas ausrichten lassen wolle? Oder ob er ihn gleich persönlich sprechen wolle?
    Simon drehte sich auf seinem Stuhl herum und blickte in die Richtung, aus der der Oberkellner gekommen war. Deborah machte es wie er und sah einen schweren Mann im grünen Anorak, der unmittelbar vor der Tür zu lauern und sie zu beobachten schien. Als ihre Augen sich trafen, richtete er seinen Blick auf Simon.
    »Das ist Le Gallez. Entschuldige mich einen Moment, Liebes«, sagte Simon und ging hinaus, um mit dem Mann zu sprechen.
    Beide Männer kehrten dem Restaurant den Rücken. Ihr Gespräch dauerte weniger als eine Minute. Deborah beobachtete sie und

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