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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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ganz anderes.«
    »Es geht ja auch nicht um dich«, sagte er. »Es geht um mich. Du bist jemand. Du bist nie vor etwas weggelaufen, und du würdest das auch nie tun, weil du dann nicht mehr diejenige sein könntest, die du bist. Aber ich sehe die Welt mit den Augen eines Menschen, der weggelaufen ist, Deborah. Mehr als ein Mal. Mehr als nur vor dir. Und darum ist die Welt für mich ein Ort, wo die Menschen einander ständig fertig machen durch Egoismus, Gier, Schuldgefühle, Dummheit. Oder, wie in meinem Fall, Angst. Reine Angst. Das ist es, was mich überfällt, wenn jemand wie Cherokee River vor meiner Tür steht. Die Angst ergreift Besitz von mir, und alles, was ich tue, wird von der Angst bestimmt. Ich wollte, dass er der Mörder ist, weil ich dann deiner hätte sicher sein können.«
    »Glaubst du wirklich, es hat eine große Bedeutung, Simon?«
    »Was?«
    »Du weißt schon.«
    Er senkte den Kopf und blickte zu seiner Hand hinunter, die auf der ihren lag. Wenn sie wirklich von seinen Lippen las, würde sie es so vielleicht nicht lesen können. Er sagte: »Ich konnte nicht einmal ohne Probleme zu dir gelangen, Liebes. Im Dolmen. So wie ich bin. Darum - ja, ich denke, es hat eine große Bedeutung.«
    »Nur wenn du glaubst, dass ich beschützt werden muss. Aber das ist nicht mehr nötig. Simon, ich bin schon lange nicht mehr sieben Jahre alt. Was du damals für mich getan hast... das brauche ich heute nicht mehr. Ich will es nicht einmal mehr. Ich will nur dich.«
    Er hörte, was sie sagte, und versuchte, es anzunehmen. Er war zum Invaliden geworden, als sie vierzehn Jahre alt gewesen war, lange nach dem Tag, an dem er die Gruppe Schulkinder gerügt hatte, die ihr das Leben schwer gemacht hatte. Er wusste, dass er und Deborah an einem Punkt angekommen waren, wo es seine Aufgabe war, auf die Stärke zu vertrauen, die sie gemeinsam besaßen. Er war nur nicht sicher, dass er das schaffen würde.
    Dieser Moment war für ihn wie eine Grenzüberschreitung. Er konnte die Grenze erkennen, aber nicht, was dahinter war. Man brauchte Vertrauen, um in Neuland aufzubrechen. Er wusste nicht, woher solches Vertrauen kam.
    »Ich werde mich irgendwie in dein Erwachsensein hineinarbeiten müssen, Deborah«, sagte er schließlich. »Mehr schaffe ich im Augenblick nicht, und selbst da werde ich wahrscheinlich ständig ins Fettnäpfchen treten. Kannst du das aushalten? Willst du es aushalten?«
    Sie drehte ihre Hand in der seinen und umfasste seine Finger. »Es ist ein Anfang«, antwortete sie. »Und ich bin vollauf zufrieden mit einem Anfang.«

31
    Am dritten Tag nach der Explosion fuhr St. James nach Le Reposoir und traf Ruth Brouard und ihren Neffen an, die gerade an den Stallungen vorbei zum Haus gingen. Sie waren auf dem Rückweg von der Koppel, wo Ruth sich den Dolmen angesehen hatte. Sie hatte natürlich von seiner Existenz gewusst, aber für sie war er stets nur »der alte Grabhügel« gewesen. Dass ihr Bruder ihn freigelegt, den Eingang gefunden und den alten Bau als Versteck benutzt hatte... Das alles hatte sie nicht gewusst. Und Adrian ebenso wenig, wie St. James feststellte.
    Sie hatten die Explosion in der Stille der Nacht gehört, aber sie hatten keine Ahnung gehabt, wo sie stattgefunden und was sie verursacht hatte. Von dem Donnerschlag aus dem Schlaf gerissen, waren sie beide aus ihren Zimmern gestürzt und im Korridor zusammengetroffen. Ruth bekannte St. James gegenüber - mit einem verlegenen Lachen -, dass sie in der ersten Verwirrung geglaubt hatte, der entsetzliche Lärm stünde in direktem Zusammenhang mit Adrians Rückkehr nach Le Reposoir. Sie hatte intuitiv gewusst, dass irgendwo jemand eine Bombe gezündet hatte, und hatte dies mit Adrians ungewohnter Fürsorge am Abend in Verbindung gebracht, als er höchstpersönlich am Herd gestanden und sich um ihr Essen gekümmert und später unnachgiebig darauf bestanden hatte, dass sie etwas von dem Gericht zu sich nahm. Sie hatte geglaubt, er hätte ihr etwas ins Essen gegeben, um ihren Schlaf zu fördern. Sie hatte daher, als sie, von der Erschütterung des Hauses durch die Druckwellen geweckt und aus ihrem Zimmer gelaufen war, überhaupt nicht damit gerechnet, im Korridor auf ihren Neffen zu stoßen, der im Pyjama herumrannte und etwas von Flugzeugabstürzen, Gasexplosionen, arabischen Terroristen und der IRA schrie.
    Sie hatte geglaubt, er hätte einen zerstörerischen Angriff auf Haus und Grund vorgehabt, gestand sie. Wenn er den Besitz nicht erbte, würde er ihn

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