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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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abgelegten Kleidern gefunden hatte.
    St. James hoffte, dass seine Frau irgendwann einige dieser Fragen würde beantworten können. Andere, das war ihm klar, würden nie beantwortet werden.
    Deborah würde wieder hören können, sagte man ihm. Es könne ein durch die Nähe der Explosion hervorgerufener Schaden zurückbleiben, aber das lasse sich erst im Lauf der Zeit feststellen. Sie habe eine schwere Gehirnerschütterung erlitten und würde mehrere Monate brauchen, um sich ganz davon zu erholen. Zweifellos werde sie sich an die Ereignisse unmittelbar vor und nach der Explosion zunächst nicht erinnern können. Ob und in welchem Umfang die Erinnerung zurückkehren werde, sei ungewiss.
    Er rief ihren Vater stündlich an und erstattete Bericht. Als alle Gefahr vorbei war, sprach er mit Deborah über die Geschehnisse. Er sprach direkt in ihr Ohr, leise, seine Hand auf der ihren. Die Verbände, die die Verletzungen in ihrem Gesicht bedeckt hatten, waren abgenommen worden, doch an der großen Wunde an ihrem Kinn mussten noch die Fäden gezogen werden. Die Verfärbungen in ihrem Gesicht waren erschreckend anzusehen, aber sie hatte keine Ruhe. Sie wollte nach Hause. Heim zu ihrem Vater, zu ihrer Fotografie, zu ihrem Hund und ihrer Katze; heim nach London in die Cheyne Row und zu allem, was ihr vertrautest war.
    »China ist tot, nicht wahr?«, sagte sie mit einer Stimme, die sich ihrer Kraft immer noch nicht wieder sicher war. »Erzähl mir alles. Ich glaube, ich kann es hören, wenn du ganz nah rankommst.«
    Und ganz nah bei ihr wollte er ja ohnehin sein. Er setzte sich neben sie aufs Bett und erzählte ihr, was geschehen war, soweit er es wusste. Er sagte ihr alles, was er ihr verschwiegen hatte. Und er gestand, dass er ihr diese Erkenntnisse zum Teil als Strafe dafür unterschlagen hatte, weil sie mit dem Totenkopfring ihre eigenen Wege gegangen war, zum Teil aber auch wegen der Standpauke, die Le Gallez ihm wegen des Rings gehalten hatte. Nachdem er mit Guy Brouards amerikanischem Anwalt gesprochen und erfahren hatte, dass die Pläne nicht von Cherokee River geliefert worden waren, sondern einem schwarzen Rastafari, hatte er, wie er sagte, Le Gallez überreden können, dem Killer eine Falle zu stellen. Es muss einer der beiden Rivers sein, hatte er gesagt und Le Gallez vorgeschlagen, beide auf freien Fuß zu setzen. Lassen Sie sie unter der Bedingung frei, hatte er gesagt, dass sie die Insel am nächsten Morgen mit dem ersten verfügbaren Verkehrsmittel verlassen müssen. Wenn dieser Mord wegen des Gemäldes begangen wurde, das im Dolmen gefunden worden ist, muss der Mörder es vor Morgengrauen holen - vorausgesetzt, es ist einer der beiden Rivers.
    »Ich habe fest damit gerechnet, dass es Cherokee sein würde«, sagte St. James und zögerte einen Moment, ehe er gestand: »Ich wollte, dass er es ist.«
    Deborah drehte den Kopf, um ihn anzusehen. Er wusste nicht, ob sie ihn hören konnte, wenn seine Lippen nicht direkt an ihrem Ohr waren, und er wusste nicht, ob sie von seinen Lippen ablesen konnte, was er sagte, aber er sprach trotzdem weiter, während ihr Blick auf ihn gerichtet war. Das war er ihr schuldig: genau dieses Geständnis unter vier Augen.
    »Ich frage mich immer wieder, ob es irgendwann einmal nicht daraufhinauslaufen wird«, sagte er.
    Sie hörte ihn, oder sie las die Worte von seinen Lippen ab. Es spielte keine Rolle. Sie sagte: »Worauf?«
    »Auf diese ewige Rivalität. Ich gegen sie. So, wie ich bin. So wie sie sind. Wofür du dich entschieden hast, und was du bei einem anderen hättest haben können.«
    Ihre Augen wurden groß. »Cherokee?«
    »Es hätte jeder sein können. Da steht er plötzlich vor unserer Tür. Ich kenne ihn nicht und kann mich nicht erinnern, in den Jahren, seit du aus Amerika zurück bist, je von ihm gehört zu haben. Aber er ist dir bekannt. Ihr seid vertraut miteinander. Er gehört unbestreitbar zu dieser Zeit deines Lebens, was für mich nicht gilt und nie gelten wird. Das ist das eine, und das andere ist, dass dieser gut aussehende Bursche hierher gekommen ist, um meine Frau nach Guernsey zu holen. Denn darauf wird es hinauslaufen, das sehe ich sofort, ganz gleich, was er von der amerikanischen Botschaft erzählt. Und ich weiß, dass daraus alles Mögliche entstehen kann. Aber das ist das Letzte, was ich zugeben will.«
    Sie sah ihm forschend ins Gesicht. »Wie konntest du glauben, dass ich dich verlassen könnte, Simon? Ganz gleich, für wen. Jemanden lieben, heißt doch was

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