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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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hatte Mr. Guy diesen besonderen Ort genannt. Es war eine kuppelförmige Bodenerhebung, dicht mit Gras bewachsen und von einem ausgetretenen Pfad umgeben.
    Die Zuflucht der Geister befand sich jenseits des Waldes, hinter einer Trockenmauer auf einer Wiese, wo früher die frommen Guernsey-Rinder gegrast hatten. Sie war von Unkraut überwuchert und drohte, schon bald unter Brombeersträuchern und Farngestrüpp zu verschwinden, weil Mr. Guy keine Rinder hatte, die den Wildwuchs abweideten, und weil die Gewächshäuser, die an die Stelle der Rinder gerückt waren, abgebaut und fortgebracht worden waren, als Mr. Guy den Besitz gekauft hatte.
    Paul kletterte über die Mauer und ließ sich drüben auf den Fußweg hinunterfallen. Taboo folgte ihm. Der Weg schlängelte sich durch den Farn zu dem überwachsenen Hügel und mündete in einen zweiten Pfad, der um den Hügel herum zur Südwestseite führte. Hier, hatte Mr. Guy Paul einmal erklärt, hatten die Menschen uralter Zeit, die diesen Ort nutzten, das Licht der Sonne am stärksten und am längsten empfangen.
    Eine Holztür, weit jüngeren Ursprungs als der Erdhügel, befand sich auf etwa halbem Weg um ihn herum. Sie war an zwei aufrecht stehenden Steinen unter einem quer liegenden Deckstein verankert und mit einem Vorhängeschloss gesichert.
    Ich habe Monate gebraucht, um den Zugang zu finden, hatte Mr. Guy ihm erzählt. Ich wusste, was das war. Es war leicht zu erraten. Was sonst hätte ein Erdhügel mitten auf einer Wiese zu suchen? Aber den Eingang zu finden. Es war teuflisch, Paul. Dreck hatte sich angehäuft, alles war voller Buschwerk und Gestrüpp - die Torsteine hier waren völlig überwachsen. Selbst als ich die ersten Steine unter der Erde entdeckte, brauchte ich Monate, um zwischen den Torsteinen und den Tragsteinen im Inneren des Hügels zu unterscheiden - Monate, mein Prinz. Aber ich finde, es hat sich gelohnt. Jetzt habe ich hier einen Ort für mich allein, und glaub mir, Paul, jeder braucht einen Ort für sich allein.
    Es hatte Paul überrascht, dass Mr. Guy bereit gewesen war, diesen besonderen Ort mit ihm zu teilen. Ihm war die Kehle wie zugeschnürt gewesen vor Glück, und er hatte gelächelt wie ein Tor. Gegrinst wie ein dummer August. Aber Mr. Guy hatte es richtig verstanden. Er hatte gesagt: Neunzehn-drei-siebenund-zwanzig-fünfzehn. Kannst du dir das merken? Das ist die Zauberzahl, mit der wir hineinkommen. Ich verrate sie nur besonderen Freunden, Paul.
    Paul hatte sich die Zahlenkombination gewissenhaft eingeprägt und stellte sie jetzt ein. Er schob das Schloss in die Tasche und stieß die Tür auf. Sie war kaum einen Meter zwanzig hoch. Er nahm den Rucksack ab, um mehr Bewegungsfreiheit zu haben, und drückte ihn an die Brust, als er halb geduckt unter dem Türsturz hindurchtrat.
    Taboo, der vor ihm war, blieb plötzlich stehen, hob witternd die Schnauze und knurrte. Es war dunkel hier drinnen, das schwache Dezemberlicht, das durch die Tür fiel, reichte nicht aus, um die Finsternis zu durchdringen, und obwohl das Geheimversteck abgeschlossen gewesen war, zögerte Paul bei der Reaktion des Hundes. Er wusste, dass es auf der Insel Geister gab; Geister der Toten, Geister, die Hexen gehorchten, und Elfen, die in Hecken und Bächen hausten. Auch wenn er einen menschlichen Eindringling nicht zu fürchten brauchte, konnte es gut sein, dass etwas anderes in dem Hügel sein Unwesen trieb.
    Doch Taboo fürchtete sich offensichtlich nicht vor Geistern. Die Steine beschnuppernd, die den Boden bildeten, wagte er sich weiter in die Höhle vor, verschwand im Vorraum und stieß von dort ins Zentrum des Bauwerks vor, wo die Decke immerhin so hoch war, dass ein Mensch aufrecht stehen konnte. Nach einer Weile kehrte der Hund zu Paul zurück, der immer noch unschlüssig an der Tür stand, und wedelte mit dem Schwanz.
    Paul bückte sich und drückte seine Wange an das drahtige Fell des Hundes. Taboo leckte ihm die Wange und duckte sich. Er sprang drei Schritte zurück und kläffte einmal hell, eine Aufforderung zum Spiel. Doch Paul kraulte ihm nur die Ohren, schloss die Tür und tauchte mit dem Hund in die Dunkelheit dieses stillen Gewölbes ein.
    Er kannte sich gut genug aus, um sich ohne Licht zurechtzufinden, und während er mit einer Hand den Rucksack an die Brust gedrückt hielt, schob er die andere an der feuchten Steinmauer entlang, um sich den Weg zur Mitte der Höhle zu ertasten. Mr. Guy hatte ihm erklärt, dass dies ein Platz von großer Bedeutung war, ein

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