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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Stück Bodens, aus dem sie sich gelöst hatten. An den frisch herausgebrochenen Steinbrocken hafteten keine Gras- oder Lichtnelken, die überall auf den Klippen in Büscheln wucherten. Und die Felsbrocken, die zum Wasser hinuntergestürzt waren, waren im Gegensatz zu den schon länger dort unten liegenden Icart-Gneisblöcken frei von Vogelmist.
    Es war ein sehr gefährlicher Ort, und Paul, ein Kind der Insel, wusste das. Aber er hatte von Mr. Guy gelernt, dass die Erde oftmals Geheimnisse preisgab, wenn sie sich dem Menschen öffnete, und aus diesem Grund beschloss er, sich ein wenig genauer umzusehen.
    Er ließ Taboo oben auf der Klippe zurück und suchte sich einen Weg quer über den klaffenden Einschnitt, den der Steinschlag hinterlassen hatte. Er achtete sorgfältig darauf, dass er mit den Händen stets festen Halt an einem Granitzacken hatte, und querte auf diese Weise langsam und sich gleichzeitig abwärts bewegend den Felshang.
    Auf halber Höhe etwa entdeckte er es, so dick mit einem halben Jahrhundert Erde, getrocknetem Schlamm und Kieseln verkrustet, dass er zuerst glaubte, es wäre nichts weiter als ein ovaler Stein. Aber als er es mit dem Fuß lostrat, sah er etwas glänzen wie Metall, eine Rundung, die sich aus dem Inneren des Objekts hervorkrümmte. Also hob er es auf.
    Hier, an der Felswand hängend, konnte er es nicht untersuchen, darum trug er es, zwischen Kinn und Brust geklemmt, nach oben. Dort schälte er in Gesellschaft von Taboo, der das Ding neugierig beschnupperte, die Kruste zunächst mit seinem Taschenmesser, dann mit den Fingern ab, um zu sehen, was die Erde so viele Jahre lang verborgen hatte.
    Wer konnte sagen, wie es hierher gekommen war? Die Nazis hatten sich nicht die Mühe gemacht, hinter sich aufzuräumen, als ihnen klar wurde, dass der Krieg verloren war und die Invasion Englands niemals stattfinden würde. Sie kapitulierten und ließen wie die geschlagenen Eindringlinge, die die Insel vor ihnen besetzt gehalten hatten, alles zurück, was mitzunehmen ihnen zu beschwerlich war.
    Da war es kein Wunder, dass man rund um einen Wachturm, der einst von Soldaten besetzt gewesen war, immer wieder Teile ihrer Hinterlassenschaft fand. Dieses Ding hier war zwar kein persönliches Besitzstück, aber es wäre den Nazis zweifellos sehr nützlich gewesen, hätten die Alliierten oder Widerstandskämpfer versucht, hier zu landen.
    Im Halbdunkel des Geheimverstecks griff Paul jetzt in seinen Rucksack. Er hatte das Fundstück Mr. Ouseley bringen wollen, als seinen ersten stolzen Beitrag. Aber das konnte er jetzt nicht mehr - nach der Szene an diesem Morgen -, er würde ihn hier zurücklassen, wo er sicher war.
    Von Taboo aufmerksam beobachtet, öffnete Paul die Schnallen des Rucksacks, griff hinein und nahm den Schatz heraus, den er in ein altes Handtuch eingewickelt hatte. Er schlug das Handtuch auseinander, um, so wie das alle tun, die sich der Suche nach den Spuren der Geschichte verschrieben haben, seinen Fund ein letztes Mal verzückt zu betrachten, bevor er ihn zur Aufbewahrung an einem sicheren Ort verstaute.
    Er vermutete, dass die Handgranate längst nicht mehr gefährlich war. Sie war zweifellos jahrelang der Witterung ausgesetzt gewesen, bevor sie von Erde zugedeckt worden war, und der Stift, der früher vielleicht die Sprengladung in ihrem Inneren gezündet hätte, war wahrscheinlich längst festgerostet. Trotzdem war es besser, sie nicht in seinem Rucksack herumzutragen. Weder Mr. Guy noch sonst jemand musste ihm sagen, dass es ratsam war, sie an einem Ort zu verwahren, wo niemand an sie herankam. Jedenfalls so lange, bis er sich überlegt hatte, was er mit ihr anfangen wollte.
    In der Nebenkammer des Dolmen, in der er und Taboo sich jetzt befanden, war das Geheimfach. Mr. Guy hatte es ihm gezeigt: ein natürlicher Spalt zwischen zwei Mauersteinen des Dolmen. Ursprünglich sei dieser Spalt vermutlich nicht da gewesen, hatte Mr. Guy ihm erklärt. Doch Zeit, Witterung und die Bewegungen der Erde. Nichts von Menschenhand Geschaffenes kann der Natur auf Dauer unbeschadet standhalten.
    Der Uneingeweihte hätte das Geheimfach, das sich auf der einen Seite neben dem Feldbett befand, für eine Lücke zwischen den Steinen gehalten. Aber wenn man die Hand tief hineinschob, entdeckte man hinter dem Stein, der dem Feldbett am nächsten war, eine zweite, breitere Öffnung, und das war das Geheimfach, wo man das aufbewahren konnte, was zu kostbar war, um es fremden Blicken auszusetzen.
    Wenn ich dir

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