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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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nur drei Gruppen von Menschen: Die eigentlichen Inselbewohner, die Gewohnheit, Tradition und Liebe zur Insel dort hielten, Steuerflüchtlinge, die so viel wie möglich von ihrem Geld vor dem Zugriff ihrer jeweiligen Regierung schützen wollten, und Banker, die in St. Peter Port beschäftigt waren und an den Wochenenden heim nach England flogen.
    Nach St. Peter Port begaben sich auch die St. James' und Cherokee River. Es war die größte Stadt der Insel und der Regierungssitz. Hier befanden sich das Polizeipräsidium und die Kanzlei von China Rivers Anwalt.
    Cherokee war den größten Teil der Reise sehr gesprächig gewesen. Er war vom Hundertsten ins Tausendste gekommen, als hätte er Angst vor einem Schweigen zwischen ihnen und dem, was es bedeuten könnte, und St. James hatte überlegt, ob dieses unablässige Wortbombardement sie davon abhalten sollte, über die Sinnlosigkeit der Mission nachzudenken, in der sie unterwegs waren. Wenn China River verhaftet und unter Anklage gestellt worden war, mussten hinreichend Beweise gegen sie vorliegen, um ihr den Prozess zu machen. Und wenn es direkte Beweise waren und nicht nur Indizien, würde es für St. James kaum Möglichkeiten geben, sie anders zu interpretieren als die Sachverständigen der Polizei.
    Aber nach einer Weile schien es gar nicht mehr so, als wollte Cherokee sie mit seinem Dauermonolog von Gedanken über ihr gemeinsames Vorhaben ablenken, sondern eher so, als versuchte er krampfhaft, sie für sich einzunehmen. St. James spielte den unbeteiligten Zuschauer bei alledem, das fünfte Rad an einem Wagen auf schlingernder Fahrt ins Ungewisse. Und ihm war gar nicht wohl bei dieser Fahrt.
    Cherokee erzählte vor allem von seiner Schwester. Chine - wie er sie nannte - hatte endlich das Surfen gelernt. Ob Debs das gewusst habe? Ihr Freund Matt - hatte Debs ihn mal kennen gelernt? Musste sie ja, richtig? -, also, er hatte es endlich geschafft, sie ins Wasser rauszulotsen. ich meine, weit genug raus, sie hatte ja immer eine Riesenpanik vor Haien. Er hat ihr die Grundlagen beigebracht und sie jeden Tag üben lassen, und an dem Tag, an dem sie schließlich auf dem Brett stand. Sie hatte endlich erfasst, worum es ging. Geistig erfasst, meine ich. Das Zen des Surfen.
    Cherokee wollte immer, dass sie zum Surfen zu ihm runter nach Huntington käme... im Februar oder März, wenn die Wellen stürmisch werden konnten, aber sie kam nie, weil in ihrem Kopf eine Fahrt nach Orange County eine Fahrt zu Mam war, und Chine und Mam... Die beiden kamen nicht miteinander klar. Sie waren einfach zu verschieden. Mam machte immer irgendwas falsch. Zum Beispiel, als Chine das letzte Mal übers Wochenende runtergekommen war - lag wahrscheinlich schon mehr als zwei Jahre zurück -, da hatte sie ein Riesending daraus gemacht, dass Mam kein einziges sauberes Glas im Haus hatte. Natürlich hätte sich Chine selber ein Glas spülen können, aber darum ging's nicht. Mam hätte sie vorher spülen müssen, weil wenn man die Gläser vorher spülte, dann bedeutete das was. Wie, zum Beispiel, ich liebe dich oder willkommen oder es ist schön, dass du hier bist. Na ja, er, Cherokee, schaute jedenfalls immer, dass er sich raushielt, wenn die zwei loslegten. Sie waren beide echt gute Menschen, Mam und Chine, wirklich. Sie waren eben nur so verschieden. Aber immer wenn Chine in den Canyon kam - Debs wusste doch, dass Cherokee im Canyon lebte? Modjeska. Landeinwärts. In der Blockhütte. Na, jedenfalls stellte Cherokee seitdem überall saubere Gläser auf, wenn Chine ihn besuchte. Er hatte zwar nicht viele, aber die, die da waren - immer blitzblank. Wenn Chine saubere Gläser wollte, dann bekam sie saubere Gläser. Aber komisch war es schon, nicht? Worüber Menschen sich aufregen konnten...
    Den ganzen Flug über hörte Deborah Cherokees weitschweifiger Suada zu. Er sprang zwischen Reminiszenz, Enthüllung und Erklärung hin und her, und binnen einer Stunde gewann St. James den Eindruck, dass ihn, neben der ganz natürlichen Angst um seine Schwester, heftige Schuldgefühle plagten. Hätte er sie nicht gedrängt, ihn zu begleiten, wäre sie nie in die Situation geraten, in der sie sich nun befand. Er war zumindest teilweise schuld. Jeder kann mal in der Scheiße landen, so formulierte er es, aber in dieser besonderen Scheiße wäre China eindeutig nicht gelandet, wenn Cherokee nicht darauf gedrungen hätte, dass sie mitkommen sollte. Und er hatte deshalb darauf gedrungen, weil er sie gebraucht hatte,

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