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12 - Wer die Wahrheit sucht

12 - Wer die Wahrheit sucht

Titel: 12 - Wer die Wahrheit sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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genommen werden.
    »Und alle anderen Gäste konnten für die Mordzeit Alibis nachweisen?«, fragte St. James.
    Das habe er damit nicht sagen wollen, antwortete Le Gallez. Aber so wie die Beweise ineinander griffen, sei es für den Fall völlig unerheblich, was alle anderen am Morgen der Ermordung von Guy Brouard getan hatten.
    Was sie gegen China Rivers in der Hand hätten, sei vernichtend, und es bereitete Le Gallez offensichtliches Vergnügen, die Einzelheiten aufzulisten. Ihre vier Beamten von der Spurensicherung hätten sich mit dem Tatort befasst und ihr Pathologe mit dem Leichnam. Die River habe am Tatort einen Teilabdruck hinterlassen, einen Fußabdruck, der zwar zur Hälfte von einem breiten Tangblatt verwischt war, aber in den Sohlen ihrer Schuhe hätten sie Sandkörner gefunden, die genau dem groben Sand an der Bucht entsprachen, und die Abdrücke eben dieser Schuhe stimmten mit dem gefundenen Teilabdruck überein.
    »Aber sie kann ein anderes Mal an der Bucht gewesen sein«, gab St. James zu bedenken.
    »Richtig. Ich kenne die Story. Sie konnten sich auf Brouards Anwesen frei bewegen, wenn Brouard sie nicht gerade selbst herumgeführt hat. Aber das erklärt nicht, wie ihre Haare in den Reißverschluss der Trainingsjacke gekommen sind, die er an dem Morgen anhatte, als er umgebracht wurde. Oder wie seine Haare an ihren Umhang gekommen sind.«
    »Was für ein Umhang?«
    »Na, wie so eine schwarze Decke. Keine Ärmel, nur am Hals ein Knopf.«
    »Ein Cape?«
    »Und auf dem Stoff waren seine Haare, genau da, wo man erwarten kann, sie zu finden, wenn sie ihm den Arm um den Hals gelegt hat, um ihn ruhig zu halten. Sie hat dummerweise nicht daran gedacht, das Ding hinterher auszubürsten.«
    St. James sagte: »Die Art, wie er getötet wurde - ziemlich ungewöhnlich, finden Sie nicht auch? Mit dem Stein, meine ich. Wenn er ihn nicht selbst versehentlich geschluckt hat -«
    »Wohl kaum«, unterbrach ihn Le Gallez.
    »- dann muss er ihm mit Gewalt in die Kehle gestoßen worden sein. Aber wie? Bei einem Kampf? Haben Sie Spuren eines Kampfes gefunden? Am Strand vielleicht? Oder an seinem Leichnam? An China River, als Sie sie festgenommen haben?«
    Le Gallez schüttelte den Kopf. »Kein Kampf. War auch gar keiner nötig. Deswegen haben wir ja von Anfang an nach einer Frau gesucht.« Er trat zu einem der Tische und ergriff einen darauf stehenden Plastikbehälter, dessen Inhalt er auf seine offene Hand schüttelte. Er sah ihn durch, sagte: »Ah, das geht«, und pickte eine angebrochene Rolle Polos heraus. Er schälte einen der Drops aus dem Papier, hielt ihn hoch, um ihn St. John zu zeigen, und sagte: »Der Stein, mit dem wir es zu tun haben, ist nur wenig größer als das hier. Mit einem Loch in der Mitte, so dass man ihn an einen Schlüsselring hängen kann. Und rundherum mit eingeritzten Mustern. Jetzt passen Sie auf!« Er steckte das Bonbon in den Mund und schob es mit der Zunge in die Backentasche. »Man kann beim Küssen mehr weitergeben als Bakterien«, sagte er.
    St. James verstand, hatte aber dennoch seine Zweifel. Le Gallez' Theorie erschien ihm höchst unwahrscheinlich. Er sagte: »Aber sie hätte einiges mehr tun müssen, als nur den Stein weiterzugeben. Sicher, es ist möglich, dass sie ihn ihm in den Mund geschoben hat, wenn sie ihn küsste, aber doch bestimmt nicht die Kehle hinunter. Wie sollte sie das bewerkstelligt haben?«
    »Sie hat ihn überrumpelt«, sagte Le Gallez. »Er ist verblüfft, als er plötzlich den Stein im Mund hat. Sie hat beim Kuss eine Hand in seinem Nacken, er befindet sich in der richtigen Stellung. Ihre andere Hand liegt auf seiner Wange, und in dem Moment, wo er zurückschreckt, weil sie ihm den Stein in den Mund geschoben hat, umschlingt sie ihn mit einem Arm, drückt ihn nach hinten und stößt ihm die Finger in den Hals. Samt dem Stein. Und schon ist er erledigt.«
    »Nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich halte das für reichlich unwahrscheinlich«, sagte St. James. »Ihr Staatsanwalt kann doch unmöglich glauben, dass er damit. haben Sie hier Geschworene?«
    »Spielt überhaupt keine Rolle. Die Geschichte mit dem Stein braucht keinen Menschen zu überzeugen«, sagte Le Gallez. »Es ist nur eine Theorie, die vor Gericht vielleicht überhaupt nicht zur Sprache kommen wird.«
    »Und warum nicht?«
    Le Gallez lächelte dünn. »Weil wir einen Zeugen haben, Mr. St. James«, antwortete er. »Und ein Zeuge ist mehr wert als hundert Sachverständige und tausend schöne

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