120 - Bogenschütze des schwarzen Todes
für die Auflösung des »Lagers«
erörtern wollten, wurden von den Ereignissen ebenso überrumpelt wie José Almirez .
Der Bursche
in dem hellbeigen Anzug wollte etwas sagen, als er im Ansatz des Sprechens
innehielt.
Ein
ungläubiger Ausdruck lag auf seinem Gesicht.
»Das gibt’s
doch nicht! Manuel -«, stieß der im beigen Anzug hervor, »schau dir das an! Da
war einer während unserer Abwesenheit hier ...«
Der mit
Manuel Angesprochene fuhr zusammen wie unter einem Peitschenschlag.
Der
Rauschgiftschmuggler Antonio tat zwei schnelle Schritte nach hinten in das
Halbdunkel der geräumigen Höhle, das vom Licht nicht ganz erreicht wurde.
Aber der
diffuse Schein genügte, um zu erkennen, daß die Höhle an dieser Stelle
weiterging. Und das schien davor noch nie der Fall gewesen zu sein.
Der Gauner im
hellbeigen Anzug hielt im nächsten Moment eine Pistole in der Hand und ein
metallisches Klicken war zu hören, als er den Hahn spannte.
»Seit wann
gibt’s hier einen Durchbruch ?« fragte der Bewaffnete
tonlos.
Gemeinsam mit
seinem Kumpan Manuel sah er sich seine Entdeckung aus nächster Nähe an.
Beide Männer
waren aufs höchste erregt.
Die Tatsache,
daß es hier einen Durchlaß gab, Von dem sie nichts wußten, war eine Entdeckung
von allergrößter Tragweite.
»Das ist...
eine Felsentür .. verdammt noch mal, Manuel..., wieso
haben wir das Ding nie früher gesehen ?«
Der Sprecher
mit der Waffe tastete die leicht in die Höhle ragende Platte ab.
Sie war kalt
und massiv. Aber sie ließ sich bewegen, als er dagegen drückte.
Die beiden
Männer suchten nach dem Mechanismus.
Die gewaltige
Felsentür ruhte offensichtlich auf kugelrund geschliffenen Steinen, die wie ein
Kugellager funktionierten. Leise knirschend und mit erstaunlicher Leichtigkeit,
fast ohne besonderen Kraftaufwand, ließ sich das tonnenschwere Tor bewegen.
Antonio und
Manuel blickten sich an. Ihre Mienen drückten Überraschung, Ratlosigkeit und
Furcht aus.
»Die
Abtrennwand existierte schon immer«, bemerkte der Gauner Manuel. »Wir haben sie
nur nie registriert, weil die Höhle für uns an diesem Punkt zu Ende war. Claro ? Ein dünner Riß in der Wand war uns bekannt, daß er
aber in Wirklichkeit der Spalt einer Felsentür war, konnte natürlich niemand
ahnen .«
Die beiden
Männer standen noch immer auf der Schwelle, die Felsenwand stand halb offen und lenkte den Blick in eine düstere, uralte
Kaverne, in die nie ein Sonnenstrahl gefallen war.
»Und wieso,
Manuel, hat sich dieser Spalt plötzlich so stark erweitert ?«
»Da gibt’s
eigentlich ganz plausible Erklärungen, Antonio .« Die
Stimme des Mannes hatte wieder an Festigkeit gewonnen. »Der Berg kann sich
gesetzt haben ... oder es kam zu einer Erdverschiebung. Hier im Gebirge nichts
Außergewöhnliches. Solche Massen sind ständig in Bewegung. Ein leichtes
Erdbeben, das sonst keinerlei Schäden verursacht hat, kann Ursache des sich
erweiternden Spaltes gewesen sein. Risse entstehen und erweitern sich ... Etwas
Alltägliches.
Auch die
Straßenarbeiten in den vergangenen Wochen können die Ursache sein.
Viele
Sprengungen wurden durchgeführt. Die letzte gestern mittag. Durch die Erschütterungen
ist ohne weiteres möglich...«
Der mit der
Pistole wirkte sichtlich erleichtert.
»Und ich habe
schon gedacht, daß die Polizei uns die ganze Zeit gewissermaßen durch die
Hintertür beobachtet hat und nur einen geeigneten Moment abwartet, um
zuzuschlagen .«
»Unsinn,
Antonio! Die Gelegenheit hätte sie dann wahrhaftig schon mehr als einmal gehabt .«
»Vielleicht
wollte sie noch mehr Beweise haben und hat abgewartet, bis wir unseren
Großabnehmer hier persönlich begrüßen. Was inzwischen ja auch in der Tat in den
Bereich des Möglichen gerückt ist. Alfredo Mendoles wird sich bestimmt morgen die Höhle anschauen, und vielleicht kann er sogar ein
paar Vorschläge machen, die unsere künftige Zusammenarbeit betreffen und ...«
Es sollte nie
herauskommen, wie diese zukünftige Zusammenarbeit aussah.
Die Gestalt
stand plötzlich wie aus dem Boden geschossen vor ihnen.
Sie war
schwarz und hob sich von ihrem düsteren Hintergrund kaum ab. Schwarz und
blankpoliert war der Totenschädel, den die Statue, die sie beide plötzlich sahen
und meinten, im ersten Moment nicht wahrgenommen zu haben, trug.
Die
merkwürdige Gestalt hielt Pfeil und Bogen in skelettierten Händen. Auch die
Fingerknochen waren schwarz, als wäre die Skulptur irgendwann mal einem Feuer
ausgesetzt
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