120 - Schwur in der Opferhalle
er über Leichen.
„Wir müssen das Dorf verlassen!" sagte er keuchend und packte seine Frau an den Schultern.
Naidu wehrte sich heftig. Er riß sie an sich, hob sie hoch und lief aus dem Dorf. Er hustete und keuchte. Blindlings taumelte er vorwärts, ohne auf seine Schmerzen zu achten. Sein Lendenschurz gloste. Sein Rücken war mit Brandblasen übersät, und seine Fußsohlen waren aufgerissen.
Der Rauch wurde immer dichter. Feuerzungen griffen nach ihm. Doch er schaffte es. Das brennende Dorf lag hinter ihm. Erschöpft legte er Naidu auf den Boden. Sie schluchzte leise vor sich hin. Banjan riß sich den versengten Lendenschurz vom Leib und starrte zum brennenden Dorf. Nur noch drei Häuser standen, doch auch sie würden in wenigen Augenblicken zusammenfallen. Er wischte sich die Tränen aus den Augen und sah sich nach allen Seiten um.
Verzweifelt ballte er die Hände. Seine drei Kinder sah er nirgends.
Neben seiner Frau lag Radschara. Er atmete nur schwach. Dann erkannte er den Dorfältesten, dessen Gesicht halb verbrannt war, und Mariam, die sich nicht bewegte.
Naidu richtete sich langsam auf. Ihr Blick war leer.
„Hast du unsere Kinder gefunden, Banjan?" fragte sie leise.
Banjan gab keine Antwort.
Don Chapman hatte sich im Tempel umgesehen. In den Nachtstunden hatte er unbemerkt ein paar Räume durchsucht. Die Wände und Decken waren von schmalen Gängen durchlöchert, die von Ratten in jahrhundertelanger Arbeit gegraben worden waren.
Der Puppenmann mußte vorsichtig sein. Einmal war ihm eine Ratte entgegengekommen, die so groß wie eine Katze gewesen war. Ihm war keine andere Wahl geblieben - er mußte sie erschießen. Glücklicherweise war der Schuß nicht laut gewesen.
Einen Ausgang aus dem Tempel hatte er auch entdeckt, doch die meiste Zeit hielt er sich im Tempel auf. Er suchte nach Coco, Dorian und Olivaro.
In der Küche der Chakras hatte er sich mit Nahrung und Wasser versorgt.
Die meiste Zeit hielt er sich in einer Nische unter der Decke, im großen Tempelraum auf. Von hier aus konnte er auch hören, was im Opferraum vorging. Und was er zu hören bekommen hatte, war grauenvoll gewesen.
Vergangene Nacht war ein junges Mädchen bestialisch ermordet worden.
Seine Augen hatten sich geweitet, als Dorian Hunter, Coco Zamis und Olivaro die Tempelhalle betreten hatten. Doch er hatte keine Chance gehabt, sich unbemerkt mit einem der drei in Verbindung zu setzen.
Das Gespräch zwischen Ravana und Olivaro war für Don höchst aufschlußreich gewesen. Er konnte aber nicht glauben, daß Coco und Dorian sich tatsächlich mit den Chakras verbündet hatten.
Don vermutete, daß die drei sich in das Vertrauen der Chakras schleichen wollten. Und er wunderte sich, daß Olivaro bei Dorian und Coco war.
Er mußte sich entweder mit Dorian oder mit Coco in Verbindung setzen. Er mußte sie vor Bixby warnen.
Der Puppenmann hatte Cocos Prüfung verfolgt und war glücklich, weil ihr nichts geschehen war. Dorian Hunter und Olivaro verschwanden, doch die Chakras verließen nicht die große Tempelhalle. Don wagte nicht hinunterzuklettern. Zu leicht hätte er entdeckt werden können. Er drückte sich tiefer in die Nische und preßte den Kopf gegen die Wand. Er hörte Stimmen und lauschte.
Ravana fühlte sich wieder stark und mächtig. Die Vernichtung des Dorfes hatte er genossen. Der Tod der Dorfbewohner hatte seine magische Kraft verstärkt. Die meisten Bewohner waren tot, und die Überlebenden wollte er morgen töten.
Er verwandelte sich in den Schattenvogel und flog zum Tempel. Bixbys Geist rührte sich nicht mehr. Er war mit dem seinen nun völlig verschmolzen.
Der Dämon nahm im Tempel. Bixbys Gestalt an, ging in den Opferraum und blieb vor der Statue mit dem Raubkatzengesicht stehen.
„Hörst du mich, Chakravartin?" fragte er.
Doch niemand meldete sich.
Ravana setzte sich auf den Opfertisch und ließ die Statue nicht aus den Augen. Über die Statue konnte er sich mit dem Chakravartin in Verbindung setzen.
Ein paar Minuten später meldete sich die Stimme des Januskopfes.
„Du willst mich sprechen, Ravana?"
Ravana stand auf und blieb vor der Statue stehen.
„Ja, ich will mit dir sprechen." „Haben sie die Prüfungen bestanden?"
„Ja und nein", meinte Ravana. „Sie verhielten sich richtig, doch es gelang mir nicht, Gewalt über sie zu bekommen. Ich weiß noch immer nicht, ob sie auf unserer Seite stehen."
„Das ist schlecht, sehr schlecht sogar. Ich brauche den Ys-Spiegel. Er ist wichtig für
Weitere Kostenlose Bücher