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120 - Sterben in Berlin

120 - Sterben in Berlin

Titel: 120 - Sterben in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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aufmerksam zu machen. Der Fürst befahl seinen Hauptleuten, Wachen einzuteilen. Jedem Wachposten wurde ein Hund aus Rudgaars Staffel zugeteilt.
    Die Tiere waren darauf trainiert, auf das Wort der Krieger zu hören, Hundeführung gehörte zur Grundausbildung der Berufskrieger im Pottsdamer Heer.
    Die Sonne ging unter, die Sonne ging auf, und noch immer traf die versprengte Nachhut nicht ein.
    Erst um die Mittagszeit des nächsten Tages erschienen vier Andronen und sechs Frekkeuscher über den Wipfeln. Die Krieger landeten vor der Brücke und mussten sich ein paar harsche Worte des Fürsten anhören. Rudgaar sah nach den vier Hunden, die sie mit sich trugen. Die schwarzpelzigen Tiere waren ein wenig aufgekratzt, aber wohlauf.
    Am nächsten Morgen ließ der Fürst gleich nach Sonnenaufgang die Unterstände abbrechen, die Insekten satteln und beladen, die Hunde in die Transportkäfige führen und die Käfige an den sieben dafür vorgesehenen Frekkeuschern befestigen. Es waren besonders kräftige, weibliche Tiere, und jedes trug neben seinem Reiter und dessen Waffen zwei Hundekäfige. Essen und trinken sollten die Krieger im Sattel.
    Die beiden Kundschafter führten das Geschwader Richtung Sonnenuntergang.
    Zwei, drei Speerlängen über den Baumwipfeln sprangen und schwirrten sie dahin, neunzehn Frekkeuscher und achtunddreißig Andronen. Buschbestandene Trümmerhalden ragten hier und da aus dem Wald, hin und wieder auch von dicker Mooshaut überzogene Steintürme und Eisenskelette, und manchmal sahen sie in Efeu gehüllte Türme, die Rudgaar vorkamen wie drohend oder warnend ausgestreckte grüne Riesenfinger.
    Viel zu häufig mussten sie rasten. Weil Fürst Bolle Karajan sich mit seinem Stab beraten wollte, wie es offiziell hieß.
    Hinter vorgehaltener Hand aber munkelte man, der Fürst würde kränkeln und ein Teil seines fünfköpfigen Stabes ebenfalls. Ein schlechtes Omen am Vorabend einer Entscheidungsschlacht, fand Rudgaar. Die meisten dachten ähnlich wie er, auch wenn es niemand aussprach.
    Erst am frühen Abend erreichten sie den verabredeten Ort, einen kleinen See drei Frekkeuscherstunden von der befestigten Königssiedlung Beelinn entfernt, zwei vom heimatlichen Pottsdam und anderthalb von der befestigten Königssiedlung Braandburg.
    Eine Frekkeuscherstunde entsprach etwa sieben Stunden Fußmarsch.
    Die Botschafter aus Pottsdam warteten bereits. Sie hatten gute Nachrichten: Der Scheinangriff von dreißig Pottsdamer Kriegern unter dem Kommando der fürstlichen Leibgardisten auf die Braandburger Fischteiche hatte sechzig Braandburger Krieger aus ihrer Stadt gelockt. Unter der Führung Osgaards, der rechten Hand des senilen Königs von Braandburg, verfolgten sie die Pottsdamer Truppe durch die Wälder an den Seeufern. Mit ein bisschen Glück würden sie spätestens morgen Mittag in den Hinterhalt der gekauften Bündnispartner laufen. Zwölf weitere Krieger hatte der König von Braandburg als Kundschafter dem Fürsten Bolle Karajan und seiner Hauptstreitmacht hinterher geschickt.
    Später, nachdem sie das Lager aufgeschlagen hatten, bestätigte der Fürst die Gerüchte in einer Ansprache an seine Krieger. »Das Reich ist unser«, sagte er. »Jeder von euch kann rechnen – nicht mehr als fünfundzwanzig waffenfähige Männer bewachen jetzt noch die Palisaden von Braandburg. Und drei von ihnen werden aus meiner Schatulle bezahlt. Um Mitternacht brechen wir auf. Das Reich ist unser!«
    An diesem Abend befreiten sie die Insekten nicht von Sätteln, Proviant und Waffen. Die meisten schliefen in dieser halben Nacht nicht mehr als drei Stunden. Rudgaar ruhte inmitten seiner vierzehn Hunde, und bevor er sich schlafen legte, flüsterte er jedem einzelnen ins Ohr und ließ ihn Trockenfleisch aus seiner Hand fressen.
    Die letzten Wachen gingen kurz vor Mitternacht lautlos von Mann zu Mann und schüttelten jeden Krieger solange, bis er wach wurde. Kurze Zeit später schlüpften die Hunde in die Käfige und die Krieger bestiegen ihre Reitinsekten. Gegessen wurde wieder im Sattel. Nach einer Stunde überflogen und übersprangen sie einen kleinen See, dessen Ufer die Späher als Lagerplatz für die Insekten vorgesehen hatten. Fürst Bolle Karajan führte fünfundvierzig Krieger durch den Wald zu Fuß weiter gegen Braandburg, unter ihnen Rudgaar mit seinen Hunden. Ein Fußmarsch von knapp drei Stunden lag vor ihnen.
    Siebzehn Männer und die vier Boten blieben bei den Insekten zurück. Zehn von ihnen würden drei Stunden vor

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