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120 - Sterben in Berlin

120 - Sterben in Berlin

Titel: 120 - Sterben in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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»Einschließlich der Mätresse Meister Johaans.«
    Sprach’s und stapfte davon.
    ***
    »Osgaard wird Gertraud töten.« Naura legte einen Eisbeutel auf Johaans Stirn.
    »Das glaube ich nicht«, sagte Johaan müde. Kopfschmerzen plagten ihn. »Osgaard mag ein gerissener Lupa sein, aber niemals würde er die Gastfreundschaft der Königin missbrauchen.«
    »Getruud ist gefährlich. Sie muss weg.« Naura stützte sich auf seine Matratze und streichelte ihm den Bart. »Ich habe ihm gesagt, dass sie für Pottsdam spioniert. Das hat ihn schon fast überzeugt. Nach dem Vorschuss hatte er dann keine weiteren Einwände mehr.«
    »Gertraud eine Spionin?« Johann wandte den Kopf und sah seine Mätresse an. »Du hast ihm einen Vorschuss bezahlt?«
    Seine Augen wirkten trübe, als hätte er Fieber. »Wie viel?«
    »Du weißt, wie viel.« Sie beugte sich über ihn und küsste ihn, bis er abwehrend beide Arme hob.
    »Spionin für Pottsdam? Bist du sicher? Warum hast du das nicht der Königin -«
    »Ich habe keine Beweise«, unterbrach sie ihn scharf. »Und ich kann meine Informanten nicht preisgeben.«
    »Aber… aber die Königin legt Wert auf eine Frau als zweite Beraterin…«
    »Ich weiß, mein Meisterchen, ich weiß. Ich werde Zweite Königliche Beraterin an ihrer Stelle werden.«
    »Du? Aber wie…?«
    »Lass dir etwas einfallen.«
    »Gertraud hat bereits Olaafs Tochter Lucida bei Hof eingeführt…«
    »Olaaf, der Lauscher?«
    »Ja. Sollte Gertraud etwas zustoßen, wird die Königin vermutlich Lucida als Beraterin berufen. Sie hat lange in Warschau gelebt, sie ist sehr klug…«
    »Lass dir etwas einfallen.«
    »Wie du meinst, Naura.«
    »Noch gefährlicher als Gertraud sind Bulldogg und Miouu.«
    »Ja.«
    »Sie müssen beide weg.«
    »Ja.«
    »Sobald Osgaard deine Kollegin getötet hat und ich Beraterin bin, werde ich ihn und seine Gefährten auf den Oberst hetzen.«
    »Das schaffst du nicht.«
    »O doch.«
    »So treu er ist, so stark ist Bulldogg.«
    »Er hat Frau und Kinder, oder?«
    Meister Johaan seufzte, schwieg aber.
    »Gefährlicher noch als er ist aber Miouu.« Naura fand kein Ende mehr. Hatte sie denn für alle den Untergang beschlossen?
    »Sie muss weg.«
    »Sie hat neun Leben, sagt man in Beelinn.« In einer Geste der Ratlosigkeit hob Johaan die Hände.
    Sie schien verwirrt. »Jeder Prim… jeder Mensch hat nur ein Leben.«
    »Fast jeder. Miouu hat neun. Wie willst du sie überwältigen?« Johaan wandte den Kopf zur Seite und rückte den Eisbeutel von der Stirn auf die Schläfe.
    »Es gibt jemanden, der mit ihr fertig wird.«
    »Das glaub ich nicht.« Johaan warf den schmerzenden Schädel hin und her. Der Eisbeutel fiel aufs Kissen. »Wer sollte das sein?«
    »Lass dich überraschen.« Naura nahm den Gummisack mit dem Eis mit spitzen Fingern und legte ihn wieder auf Johaans Schläfe.
    Unten ließ jemand den Klopfring gegen die Tür fallen.
    »Wer ist das?«, flüsterte Johaan.
    »Besuch für mich.« Wieder küsste sie ihn. »Schlaf, mein Meisterchen, schlaf…« Als sie auf Zehenspitzen die Treppe hinunter schlich, drang schon Johaans Schnarchen aus seinem Schlafgemach.
    ***
    Beelinn, Mitte Juli 2520
    »Ich mache mir Sorgen um ihn«, sagte Jenny. »Er wirkt erschöpft.«
    »Nun, meine Königin, die Erklärung ist ganz einfach: Er zollt dem Alter den schuldigen Tribut.« Gertruud hob Schultern und Hände, als würde sie das bedauern. »Das bleibt keinem von uns erspart.«
    Sie sprachen von Johaan, dem Ersten Königlichen Berater.
    Es war früher Abend, die letzten Bittsteller und Prozessparteien hatten gerade den Empfangssaal verlassen.
    Johaans Abschied war knapp ausgefallen. Naura hatte ihn abgeholt.
    »Es ist die Frau«, mischte Miouu sich ein. »Seit sie in seinem Haus lebt, ist Meister Johaan nicht mehr der Alte.«
    »Ich hätte eher gedacht, die Liebe würde ihm gut tun.«
    Jenny rieb sich nachdenklich das Kinn. Ein paar Schritte links ihres mit Fellen ausgelegten Armsessels – manche nannten ihn
    »Thron« – saß eine rothaarige Frau an einem kleinen Tisch und verstaute Wachstafeln und Pergamentrollen in einer Ledertasche: Lucida, die Tochter Olaafs, des Lauschers.
    »Sie tut ihm auch gut«, sagte Gertraud. »Nein, nein – Naura macht ihm sein Leben so angenehm wie möglich. Er wird einfach alt, das ist alles.«
    »Er ist noch nicht einmal sechzig.« Jenny schüttelte ungläubig den Kopf.
    »Nun, meine Königin – Menen altern schneller als wir Frawen, das wisst ihr doch.« Gertraud verfiel in einen

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