1200 - Operation Ikarus
sind auch anders.«
»Ich weiß«, bestätigte Rosy und strich zärtlich über das Gefieder der Flügel. »Es ist noch alles so fremd für mich, aber zugleich auch so wunderbar. Trotzdem habe ich Angst. Ich würde mich am liebsten verkriechen und heulen. Ich weiß nämlich nicht, was ich noch alles machen soll.«
»Wir werden es schon schaffen, Rosy. Da mach dir mal keine Sorgen. Aber etwas anderes ist viel wichtiger. Du hast doch von einer Frau gesprochen, der du vertraust.«
»Ja. Von Dr. Maxine Wells.«
»Die Ärztin?«
»Richtig.«
»Bist du noch immer der Meinung, dass wir dorthin fliegen sollten?«
Rosy überlegte nicht lange. »Klar. Sie ist unsere Chance. Sie wird alles verstehen. Du brauchst von ihr keine Angst zu haben, dass sie dich verrät. Ich kenne sie lange. Sie hat immer Verständnis gehabt, denn sie ist sehr menschlich. Sie liebt Tiere, und sie liebt auch die Umwelt. Wir können ihr vertrauen.«
»Das hört sich gut an. Kennst du den Weg? Weißt du, wie wir zu ihr kommen können?«
»Ja, das weiß ich alles. Es ist kein Problem.«
»Gut.« Carlotta stand auf. »Das werden wir fliegen. Es ist zu riskant zu laufen. Der Killer ist bestimmt noch unterwegs. Ich kenne Babur. Er gibt nie auf.«
»Dann wird er auch die Luft absuchen.«
»Bestimmt.« Carlotta lächelte, als sie den sorgenvollen Ausdruck auf dem Gesicht der neuen Freundin sah.
»Du brauchst dich trotzdem nicht zu fürchten. Wir werden so fliegen, dass er uns nicht sehen kann. Es gibt genügend Schatten.«
In einer Impulsen Reaktion umarmte Rosy die neue Freundin.
»Ich finde es toll, dass ich dich gefunden habe, ehrlich.«
»Ja, manchmal ist das Schicksal wirklich gütig und auch güns tig. Aber leider hält das nicht zu lange an. Los, Rosy, klettere wieder auf meinen Rücken…«
»Gerne.« Sie freute sich darauf, denn diesmal verspürte sie keine Furcht vor dem Flug…
***
Der Wagen fuhr fast lautlos bis an den Rand des Gehsteigs und wurde dort gestoppt. Die Lichter der Scheinwerfer verloschen, und im Innern des Fahrzeugs herrschte für einen Moment Stille, die schließlich vom Seufzen einer Frau unterbrochen wurde.
»Es war ein wunderschöner Abend, Rick - danke.«
»Super, dass es dir gefallen hat.«
»Das hat er.« Die Frau auf dem Beifahrersitz nickte zur Bestätigung.
»Er kann noch fortgeführt werden, Max.«
»Meinst du?«
»Wie ist das mit dem Kaffee?«
Dr. Maxine Wells lachte. »Ja, das alte Spiel. Aber ich bin wirklich müde. Die Party hat mich angestrengt, obwohl sie schön war. Jetzt will ich eigentlich nur in mein Bett und mich ausschlafen. Ich muss morgen wieder hart ran.«
»Schade.«
Maxine Wells richtete sich auf und stellte die Rückenlehne des Sitzes gerade. »Ich weiß ja, was du denkst. Ich kann dich auch verstehen, Rick, aber gib mir noch Zeit, weißt du? Du bist ein netter Kerl, ein toller Freund, aber mehr nicht. Ich…«, sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll. Vielleicht lachst du mich auch aus, aber ich bin eben komisch. Um mit jemandem ins Bett zu gehen, bedarf es bei mir mehr, verstehst du? Mehr als Freundschaft.«
Der dunkelhaarige Mann hinter dem Steuer nickte. Er lächelte vor sich hin. »Ich habe nur nicht mehr gewusst, dass es noch Frauen mit diesen Prinzipien gibt.«
»Da kann man nichts machen.«
»Für immer nichts?«
Maxine lachte. »Das weiß ich nicht. Wer kann schon sagen, was in einer Woche sein wird?«
»Verstehe.«
»Sei doch nicht sauer, Rick.«
»Bin ich nicht. Nur etwas frustriert.«
»Gekränkt in der männlichen Ehre?«
Er musste lachen. »Nein, nein, so ist das nicht. Man kann ja nicht immer gewinnen.«
»Eben.« Die Tierärztin lächelte in sich hinein. Rick war ein netter Kerl, aber auch ein Aufreißer und Macho. Er arbeitete als Anwalt, und über seinen Job hatten sich die beiden auch kennen gelernt. Maxine war mit ihm auf einer Anwaltsparty gewesen, zu der auch noch eine vom Verein gesponserte Ausstellung gehörte, die an diesem Abend ebenfalls eröffnet worden war.
Maxine Wells wollte den Abschied nicht länger hinauszögern. Sie beugte sich zur Seite, hauchte Rick einen KUSS auf seine Wange und sagte: »Schlaf gut.«
»Danke, dito. Kann sein, dass ich mir noch irgendwo einen anständigen Drink nehme.«
»Tu das.«
Sie öffnete die Tür des Jaguars, winkte dem Mann noch einmal zu und ging die kurze Strecke zu ihrem Haus hin. Sie musste dabei einen Vorgarten durchqueren. Eine Automatik sorgte dafür, dass am
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