1211 - Guywanos Druiden-Festung
Bei mir ist es eine gewisse Vorsicht, die mich so reagieren lässt. Ich kenne ja die Gefahren der anderen Seite, und ich weiß zudem, wie mächtig und gefährlich die Magie des Guywano ist.«
»Was willst du tun?«
»Im Hintergrund bleiben.«
»Einverstanden.« Suko kannte den Freund aus Aibon. Wenn es hart auf hart kommen würde, war er der Letzte, der kniff. Er ging eben auch gern seinen eigenen Weg.
»Kannst du uns noch berichten, was uns in der Festung erwartet? Ich denke, du kennst sie.«
»Nicht genau. Ich brauchte sie bisher nicht zu betreten, aber ich habe sie beobachten können. Ihr werdet sicherlich überrascht sein von dem, was ihr seht. Ich kann euch nur einen Rat geben. Haltet euch an die Möglichkeiten. Ihr müsst mit dem fertig werden, was ihr seht. Alles andere hat keinen Sinn. Das ist mein Ratschlag an euch.«
Shao wiegte den Kopf. »Hört sich ja alles recht geheimnisvoll an.«
»Vielleicht, aber es gibt immer Unterschiede.« Ryan drehte sich, um einen Blick auf die Burg werfen zu können. »In den Fenstern seht ihr das Licht. Sie sind der Beginn der magischen Korridore. In irgendeinem davon werdet ihr auch John Sinclair finden können, falls euch ein Blick gelingt.«
»Das wollen wir doch hoffen«, sagte Shao.
»Ich wünsche euch alles Glück der Welt.«
»Ziehst du dich zurück?« Shao wollte es wirklich genau wissen.
Der Rote Ryan lächelte und zuckte die Achseln. »Das hier ist nicht meine Welt, Freunde. Ich bin hier eingedrungen und muss, wenn man mich entdeckt, damit rechnen, als ein Eindringling behandelt zu werden. Deshalb muss ich vorsichtig sein. Ich bin mehr ein defensiver Mensch, wie ihr wisst.«
»Sollen wir dir das glauben?«
»Das ist eure Sache.« In seinen Pupillen leuchtete die grüne Farbe. Sie sahen zugleich klar aus, als hätte jemand Glas in die Augen gedrückt.
Suko schlug ihm auf die Schulter. »Viel Glück…«
***
Shao und ihr Partner gingen an dem toten Monster vorbei.
Schon einmal hatten sie sich in der Festung umschauen können, und jetzt, beim zweiten Betreten, hatte sich ebenfalls nichts verändert. Noch immer war sie leer, und noch immer schauten sie durch die Leere dorthin, wo sich die Treppe befand.
Es war keine helle und auch keine dunkle Welt. Sie setzte sich aus Schatten und Helligkeit zusammen. Beide liefen ineinander und wurden konturenlos.
Über ihnen verschwand die Decke im Dunkel. Nur die Fenster sandten diese fahlgrüne Farbe ab, aber sie wussten jetzt auch, dass es sich um keine normalen Fenster handelte. Sie waren Eingänge, Wege oder Tore in eine Welt der Qualen.
Jedenfalls für diejenigen, die nicht auf Guywanos Seite standen.
Es war kühl. Das Mauerwerk strahlte den alten Geruch ab, und auf dem Boden verteilt lagen die kleinen Killer-Gnome, die auch noch im Tod ihre verdammten Messer umklammert hielten und sie nie loslassen würden.
Bis zur anderen Wand mussten sie gehen. Da führte die geländerlose Treppe in einer breiten Zickzackform in die Höhe, ähnlich wie bei einer Feuerleiter. Nur über die waren die Fenster zu erreichen und damit die Eingänge zur anderen Zone.
Als sie den Beginn der Treppe erreicht hatten, schauten beide zurück. Den Roten Ryan hörten und sahen sie nicht, was Shao nicht passte. »Glaubst du wirklich, dass sich unser Freund zurückgezogen hat?«, fragte sie.
»Ich will es nicht hoffen.«
»Aber möglich ist es.«
»Nein, er wird zur richtigen Zeit eingreifen. Vergiss nicht, dass er sich wie ein Spion im Feindesland fühlen muss. In einer derartigen Situation musst du einfach vorsichtig sein.«
»Egal, packen wir's.« Shao wollte als Erste gehen, aber Suko schob sie zur Seite.
»Nein, lass mich das machen.«
»Traust du mir nicht?«
»Gib mir Rückendeckung.«
»Okay, Chef, wie du willst.«
Shao hatte sich verändert. Sie war selbstsicherer geworden. In ihrer zweiten Existenz war sie als Kämpferin unübertroffen.
Für Suko war sie eine verlässliche Partnerin.
Schon vom Boden aus hatten sie gesehen, dass sie bis zum Ende der Treppe durchgehen mussten. Was sie dort erwartete, war für sie nicht sichtbar, abgesehen von den grünlichen Vierecken, die wie ausgeschnitten in der Wand zu sehen waren.
Es gab keine Angreifer mehr. Die Kreatur war erledigt.
Wahrscheinlich schäumte Guywano vor Zorn, aber daran konnten sie nichts ändern.
Im alten Mauerwerk hatte sich der Geruch gesammelt. Es stank wie nach alten Lappen, die allmählich vor sich hinmoderten. Es roch nach Verfall.
Auf der Hälfte
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