1211 - Guywanos Druiden-Festung
wie eine große Königin auf dem Druidenthron.«
»Da willst du doch erst noch hin.«
»Du bist schon tot, Sinclair!«
Noch immer musste ich mich daran gewöhnen, dass die Person, die mit normaler Stimme sprach, eine Mischung aus Mensch und Echse war. Einen Echsenkörper hätte ich noch eher akzeptieren können als dieses hässliche Schuppengesicht.
Zum ersten Mal seit wir uns hier in diesem Reich begegnet waren, hob sie die Waffe an. Sie hatte Mühe es zu tun, denn ihre Kräfte waren nicht gewachsen. Zudem war die Waffe recht schwer, und ich hörte auch ihr scharfes Keuchen.
Sie legte es mit der breiten Seite über die linke Schulter. Es sah so aus, als läge auf ihr ein schmaler Steg aus Gold.
»Ich werde dir die Klinge durch den Körper rammen!«, versprach sie mir, »und anschließend schlage ich dir den Kopf ab. Er wird meine Trophäe sein, und ich werde sie Guywano auf einem goldenen Tablett servieren. Dann stehe ich ganz oben.«
»Ja, das dachte ich mir.«
»Du willst dich nicht wehren?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Aber wie?«, flüsterte Selina, »wie willst du dich wehren? Es gibt keine Chance. Du besitzt eine Waffe, die mit geweihten Kugeln geladen ist. Das weiß ich, und du siehst auch, wie gut ich über dich informiert bin. Zudem weiß ich, dass du auf dein Kreuz vertraust, aber auch das wird dir nicht zur Seite stehen. Du darfst nie vergessen, wo wir uns befinden, wir sind in Aibon. Im Paradies der Druiden, in dem andere Regeln herrschen.«
»Das habe ich nicht vergessen.«
»Dann gibst du auf?«
Sie wartete auf meine Antwort, mit der ich mir Zeit ließ.
Stattdessen richtete ich meinen Blick auf ihr Gesicht. Trotz der starren echsenhaften Augen, die wie Glasstücke schimmerten, glaubte ich, so etwas wie Neugierde darin zu lesen. Ihr Maul stand spaltbreit offen. Ich sah durch die Lücke und erkannte auch die Bewegung der dicken und trotzdem geschmeidigen Zunge darin. Das war ihre zweite Waffe.
Dann schüttelte ich den Kopf.
»Du gibst also nicht auf?«
»Nein, Selina. Ich habe noch nie in meinem Leben aufgegeben. Ich verteidige mich immer.«
»Wie denn?«, höhnte sie.
»Greif mich an, ich werde es dir zeigen.«
»Ja«, sagte sie, »ja, das werde ich auch. Alle Trümpfe stehen auf meiner Seite, und du wirst den Tod auf eine besondere Art und Weise erleben.«
Nach diesen Worten hob sie das Schwert des Salomo leicht an, um es dann zu senken.
Ich rechnete mit einem Stich und dem raschen Vorschnellen der Klinge, aber die Frau mit dem Echsengesicht dachte gar nicht daran. Sie kam locker auf mich zu. Das Schwert hielt sie gesenkt, und nur ihr breites Maul zuckte.
»Du bist schon tot!«, wiederholte sie sich. »Ja, du bist tot. Du weißt es nur nicht.«
Ich zog trotzdem die Beretta.
Vielleicht hätte ich schneller reagieren sollen, denn ich hatte sie wieder mal unterschätzt. Es war ein Fehler gewesen, mich auf das Schwert zu konzentrieren. An die Zunge hatte ich dabei nicht mehr gedacht.
Und sie war noch schneller und vor allen Dingen zielsicher.
Diesmal prallte sie nicht gegen meinen Körper, sondern erwischte die Waffe in meiner Hand.
Auch das Metall machte ihr nichts aus. Die Zunge krallte sich zwar nicht daran fest, sie schlug mir die Beretta einfach durch den harten Aufprall aus der Hand.
Ich fluchte, mein Arm schnellte in die Höhe, und dann konnte ich nur noch auf die Beretta schauen, die zu meinen Füßen lag.
In einem Reflex wollte ich mich bücken und sie an mich nehmen, unterließ es aber, denn in dieser Lage hätte sie mir mit dem Schwert leicht den Kopf vom Rumpf trennen können.
»Willst du sie nicht aufheben, Sinclair?«
»Nein, noch nicht.«
»Und dein Kreuz? Was ist damit? Los, hol es hervor. Versuch doch, mich damit zu stoppen.«
»Ich weiß, dass es hier nicht seine eigentliche Stärke besitzt«, erklärte ich. »Also werde ich dir den Gefallen auch nicht tun.«
»Dann musst du mit deinen eigenen Händen kämpfen, Sinclair, wenn du alles andere ablehnst.«
»Jabitte!«
Meine Antwort überraschte und verwirrte sie.
Genau das kam mir entgegen!
Mit einem Angriff hatte sie nicht gerechnet. Vor allen Dingen mit keinem ohne Waffen. Und so kämpfte ich in dieser Welt mit dem, was mir von der Natur gegeben war.
Ich sprang sie einfach an!
***
Es war in diesem Augenblick kein zu großes Risiko für mich, denn sie musste, um zuzustoßen, das schwere Schwert erst anheben. Außerdem wollte ich meine Beretta zurückhaben.
Wer sagte mir denn, dass die
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