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1212 - Niemand hört die Schreie

1212 - Niemand hört die Schreie

Titel: 1212 - Niemand hört die Schreie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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gelassen. Nun senkte sie rasch den Kopf, als ich sie anschaute. Ich hätte ihr Interesse an mir wohl nicht merken sollen.
    »Wer ist das?«, fragte ich.
    »Wen meinen Sie?«
    »Die Frau auf dem Bild.«
    Betty Florman zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung…«
    »Wieso denn? Stellen Sie sich immer Fotos auf die Kommode, wenn Sie nicht wissen, wer…«
    »Ich habe es auf einem Flohmarkt erworben. Das Bild gefiel mir. Ich gab ihm nur einen anderen Rahmen. Ich weiß nicht, wer diese Person darauf ist. Aber der Künstler hat sie wirklich gut getroffen.«
    »Sie ist sehr hübsch.«
    »Stimmt.«
    »Sie lächelt und sagt trotzdem durch ihre Mimik: Vorsicht, nicht zu nahe kommen.«
    »Kann sein.«
    Ich ging bis zu einem Sessel und schob ihn so, dass ich die offene Tür im Auge behalten konnte. Erst dann setzte ich mich und stellte die nächste Frage.
    »Es gibt Louise Baker nicht mehr. Sie hat ihren Frieden gefunden.«
    »Das sagen Sie.«
    »Sie nicht?«
    Betty Florman hob die Schultern. Ich wartete vergeblich auf eine Antwort und konnte mir vorstellen, dass sie auch in der Zukunft ziemlich verstockt sein würde. Es würde nicht leicht sein, ihren Panzer zu durchbrechen.
    »Wissen Sie, dass der Schuss auf mich ein Mordversuch gewesen ist?«
    Betty Florman schrak nicht mal zusammen. Sie nahm es hin, und ich erhielt auch eine Antwort. »Sie waren der Eindringling. Ich habe Sie gebeten, mein Haus zu verlassen…«
    »Ja, natürlich«, unterbrach ich sie.
    »Nachdem ich Ihnen geholfen hatte, die beiden Männer zu vertreiben und Ihnen dann zur Seite stand, um den Sarg ins Haus zu tragen.«
    »Das war Ihr Problem.«
    »Klar, Sie hätten es auch allein geschafft. Aber Sie hätten nicht rufen sollen, dass die Person im Sarg nicht tot ist. Da wird man misstrauisch. Ich gebe allerdings zu, dass Sie Recht hatten. Louise war tatsächlich nicht tot. Sie lebte nur auf ihre Art und Weise weiter, eben als Vampirin.«
    Sie schwieg.
    Ich sprach weiter. »Das haben Sie akzeptiert. Sie lebten mit einer Blutsaugerin unter einem Dach.« Ich musste lachen.
    »Entschuld igen Sie, aber das ist nicht normal, um es mal ganz vorsichtig auszudrücken. Menschen und Vampire, wie passt das zusammen? Normalerweise würde ein Vampir einen Menschen nie neben sich dulden. Es sei denn, er sieht ihn als Beute an, aber das war bei Ihnen wohl nicht der Fall. Sie scheinen sich gut mit ihr verstanden zu haben. Kompliment, gratuliere. Das passiert wirklich nicht oft.«
    »Was wollen Sie denn von mir?«
    »Nur die Wahrheit wissen.«
    »Die haben Sie gesehen. Und Sie haben diese Wahrheit auch vernichtet. Seien Sie stolz auf sich. Gehen Sie jetzt. Und nehmen Sie mir vorher die Fesseln ab.«
    Ich dachte nicht im Traum daran und sagte stattdessen: »Was Sie getan haben, war ein Mordversuch an einem Polizeibeamten. Ich hatte nur Glück. Die Kugel hätte auch leicht meinen Hals durchschlagen können.«
    »Ich wusste nicht, dass Sie zur Polizei gehören.«
    »Was nicht unbedingt entscheidend ist, denn Mordversuch bleibt Mordversuch.«
    »Sie waren der Eindringling. Ich wollte nicht mehr, dass Sie länger bei mir bleiben. Ich habe Sie nicht weiter gebraucht. Deshalb sollten Sie gehen.«
    Ich blieb bei Mordversuch und sagte leise, aber sehr bestimmt: »Wer so etwas tut, der muss schon verdammt gute Gründe haben. Darauf können Sie sich verlassen. Man schießt nicht einfach auf Menschen. Sie wollten etwas verbergen. Hätte ich an Ihrer Stelle auch getan, nur bin ich nicht an Ihrer Stelle, sondern jemand, der die Dinge mit ganz anderen Augen sieht und sehen muss. Ich habe es geschafft, Louise Baker zu erlösen.«
    »Wie bitte? Erlösen?« Deutlich war der Spott aus ihrer Stimme zu hören. »Was reden Sie denn da?«
    »Wenn ich einem Vampir die Existenz nehme, dann ist es nichts anderes als eine Erlösung. So muss man das sehen, Mrs. Florman.«
    »Sie kennen sich aus.«
    »Das stimmt allerdings.«
    »Dann sind Sie ein Fachmann?«
    »Auch.«
    Mit meiner Offenheit bekam sie Schwierigkeiten, denn damit hatte sie nicht gerechnet. Sie schlug die Augen nieder, und ich hätte einiges darum gegeben, wenn es mir gelungen wäre, ihre Gedanken zu erraten.
    Sie hatte sich wieder gefangen und fragte mit leiser Stimme:
    »Was wollten Sie hier?«
    »Vorbeifahren. Ich hatte Freunde besucht und war auf der Rückfahrt. Das ist alles. Es war nichts geplant. Mich hat wirklich das Schicksal hergeführt. Ich hatte diese Straße einfach als Abkürzung ge nommen. Reiner Zufall.«
    »Ja, so kann man

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