Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1214 - Ein Raumriese erwacht

Titel: 1214 - Ein Raumriese erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
ertönte, gefolgt von einem entnervenden Gebrüll, dann flog ein Schemen heran. In einem Reflex ließ Ellert sich in seine Einzelviren zerfallen.
    Der Okrill war unglaublich schnell. Er hatte den Metamorpher erreicht, bevor dessen Zerfall, der nicht länger als einen Herzschlag dauerte, abgeschlossen war. Das Tier stieß mit Maul und Pranken gegen eine Art bläulicher Staubwolke. Instinktiv wußte es, daß das der Feind war. Es hieb mit den Pranken um sich und schnappte mit dem Maul, um eine möglichst große Menge des Staubes zu zerfetzen beziehungsweise zu verschlingen.
    Doch die Viren glitten zwischen den Molekülen des Okrill-Körpers hindurch. Ihrem Verhaltensschema folgend, strebten sie danach, den Körper durch die Haut wieder zu verlassen. Aber dort waren die Moleküle so dicht gepackt, daß nicht einmal einzelne Viren genug Platz fanden, um zwischen ihnen hindurch zu schlüpfen. Sie kehrten um und sammelten sich in den Lungen. Von dort aus verließen sie das Tier zusammen mit der ausgeatmeten Luft.
    Nach wenigen Minuten war Ernst Ellert wieder komplett und stand an der dem Okrill gegenüberliegenden Wand. Inzwischen hatte sich sein Sehzentrum so weit an die hier herrschenden optischen und sonstigen Bedingungen angepaßt, daß es die störenden Wahrnehmungen weitgehend ausfilterte und die zweckmäßigen verstärkte. Deshalb vermochte er das Tier schemenhaft zu sehen. Seine Augen sah er sogar klar und deutlich: zwei facettenartig gegliederte Zauberseen, die in kurzen Intervallen ihre leuchtende Färbung von Blau zu Schwarz und umgekehrt wechselten.
    Sympathie breitete sich in Ellert aus. Der Anblick dieser faszinierenden Augen machte ihn wehrlos.
    „Schade, daß ich kein Oxtorner bin", sagte er. „Dann wüßte ich, wie ich dich anzusprechen habe."
    Der Okrill reckte den Kopf hoch und stieß einen durchdringenden Pfiff aus, dann entspannte er sich und trabte mit tief gesenktem Kopf auf eine Stelle der Raum-Zeit-Falte zu, an der die Lichtblitze weniger intensiv waren als anderswo.
    Als Ellert genau hinsah, erkannte er die Umrisse eines auf dem Boden liegenden humanoiden Körpers mit extrem breiten Schultern.
    „Der Oxtorner!" entfuhr es ihm.
    Ein warnendes Grollen des Okrills hielt ihn davon ab, zu dem Oxtorner zu stürzen. Aber er wußte, daß er nicht allzu lange warten durfte. Falls Stalion Dove noch lebte, befand er sich nicht nur in Gefahr, in den Tod hinüber zu dämmern. Er würde von den Gedankenblitzen auch unweigerlich in den Wahnsinn getrieben werden.
    „Ich will deinem Herrn nur helfen, Okrill!" sagte er beschwörend. „Bitte, laß mich heran!"
    Der Okrill ließ sich vor dem Oxtorner nieder, so daß er Ellert den Weg versperrte. Dumpfes Grollen stieg aus seiner Kehle auf. Die grellrote Zunge rollte in seinem halbgeöffneten Rachen hin und her.
    Als ein schmetternder Krach ertönte, vollführten der Okrill und Ellert gleichzeitig einen Luftsprung. In zirka vier Metern Höhe prallten ihre Körper aufeinander, dann stürzten sie schwer zu Boden.
    Der Metamorpher blieb bei Bewußtsein, deshalb sah er vor dem Hintergrund der Lichtblitze die Silhouette eines humanoiden Lebewesens stehen. Er hätte nicht sagen können, wer es war, aber das wilde, ungezügelte Flammen der gelben Augen verriet es ihm.
    Taurec!
    Plötzlich sank der Kosmokrat in die Knie. Sein „Flüsterhemd" raschelte und raunte dabei.
    „Gnade!" flehte Taurec. „Ihr Wächter des Obersten Lichts, tötet mich, aber nehmt das von mir!"
    Ellert hatte Heiterkeit empfunden, als der Kosmokrat in die Knie gegangen war. Jetzt schämte er sich dafür. Anscheinend wirkten die von den Lichtblitzen ausgelösten Wahnvorstellungen vernichtend auf seinen Verstand - und er mußte das vorher gewußt haben. Dennoch hatte er dieses Risiko nicht gescheut, weil er ihn, Ellert, sowie den Oxtorner und seinen Okrill nicht im Stich lassen wollte.
    „Taurec!" schrie er. „Kehr um! Ich schaffe es allein!"
    Der Kosmokrat wimmerte nur noch. Er ließ sich zu Boden fallen und kroch in Ellerts Richtung. Sein Körper zuckte dabei, als würde er von einem Kugelhagel durchsiebt.
    Der Anblick verlieh Ellert zusätzliche Kräfte. Er rappelte sich auf, kroch auf allen vieren über den reglosen Körper des Okrills und auf den Oxtorner zu.
    Sieben Versuche, den fast unglaublich schweren Körper Doves hochzustemmen, schlugen fehl - trotz der enormen Kräfte des Virenorganismus. Ellert wollte schon aufgeben, da hörte er, wie Taurec etwas sagte.
    Aber er verstand es nicht.

Weitere Kostenlose Bücher