1220 - Im mentalen Netz
stand in wachsamangespannter Haltung da, den Kopf lauschend empor und nach vorne gereckt. Ich glaubte, er würde uns mit einem Niesen oder Schnalzen begrüßen, aber er blieb stumm. Es schien, als sähe er uns überhaupt nicht.
„Peruz?" flüsterte Dove, und dann, als der Okrill nicht darauf reagierte, sagte er scharf: „Hiih, Peruz, hiih!"
Doch auch daraufhin reagierte der Okrill nicht. Ich ging dichter an ihn heran, hütete mich aber davor, ihn zu berühren. Doch auch so erkannte ich, was mit ihm los war.
„Er befindet sich in Trance oder so", erklärte ich.
Stalion Dove schlug ihm die flache Hand auf die Nüstern. Mich hätte der Schlag umgehauen.
Der Oxtorner zog die Hand so schnell wieder zurück, als hätte er glutflüssiges Metall berührt.
„Er ist es nicht", sagte er und schluckte. „Das ist nicht Peruz, sondern eine Statue aus Krilyoplast."
Krilyoplast war ein Material, mit dem Künstler lebensecht wirkende Statuen formten, vornehmlich solche, wie sie früher in Wachsfigurenkabinetten zur Schau gestellt worden waren. Nur, daß Krilyoplast nicht wie Wachs war, sondern sich warm und weich anfühlte wie lebendes Fleisch und in Wirklichkeit doch so hart wie Stahl war.
Ich nickte und beugte mich über den transparenten Sarkophag aus Panzertroplon, der ein Stück hinter der Okrill-Statue stand.
Mein Aufschrei ließ Dove herumwirbeln und nach seinem Kombistrahl ergreifen.
„Willst du mich braten?" fragte ich, als ich die Mündung auf mich gerichtet sah.
Der Oxtorner grinste freudlos.
„Ich wäre ein Zauberer, wenn mir das mit meinem leeren Energiemagazin gelänge.
Warum hast du so geschrieen, Shaggy?"
Aber noch während er sprach, kam er näher und trat an den Sarkophag heran. Ich hörte, wie er tief Luft holte.
„Wer ist das? Kennst du sie?"
„Sie heißt Shivauc", antwortete ich und musterte das edel geformte, bronzefarbene Gesicht und den unter einem hauchzarten Seidentuch kaum verhüllten Körper - den Körper einer Göttin. Die Augen waren geschlossen, als schliefe sie.
„Shivauc?" echote Dove. „Den Namen habe ich schon gehört. Ich weiß nur nicht mehr wo und wann."
„Sie war meine Partnerin", erklärte ich und lächelte schief. „Vor Millionen von Jahren.
Zumindest träumte ich, daß sie meine Partnerin sei und daß mein Name Nauvoac wäre.
Wir gehörten zur Organisation Catarac, einem entfernten Vorläufer des Bundes der Zeitlosen beziehungsweise der Sieben Mächtigen, die im Auftrag der Kosmokraten Leben und Intelligenz im Universum verbreiteten. Shivauc und ich waren mit einem Schiff voller Biophoren unterwegs, als wir auf die drei Materiewolken stießen. Durch einen Unfall kam es zu einer spontanen Freisetzung von On- und Noon-Quanten. Dadurch verwandelten sich die Materiewölken in lebende Wesen, die übergangslos den Sprung zur Intelligenz realisierten und sich willentlich nicht zusammenzogen und zu Galaxien mit Sonnen und Planeten weiterentwickelten. Nur der Opfertod von Shivauc und Nauvoac verhinderte Schlimmeres."
„Aber eine neue Gefahr tauchte auf", sagte Shivauc, ohne die Lippen zu bewegen - und ich begriff, daß es sich um eine rein mentale Übermittlung handelte. „Der Dekalog der Elemente infiltrierte unseren kosmischen Traum von der Zeugung der perfekten Lebensform und verwandelte ihn in einen Alptraum. Unter diesem Schock verfielen wir ins Koma, und die Mächte des Chaos stationierten in unseren ÜBSEF-Konstanten ihre Basen BRÜTER, VERSTÄRKER und LAGER.
Der telepathische Impuls des Zentralplasmas sollte uns wecken, aber wir blieben in einer Art Halbschlaf, weil die Basen des Dekalogs von unserer Mentalenergie schmarotzen, so daß uns die Kraft zum endgültigen Erwachen fehlt. Dieser Zustand kann nur geändert werden, wenn jemand nach LAGER geht und die dort stationierten Mentalenergiezapfer ausschaltet."
„Das übernehme ich", erklärte ich im Rausch meiner Gefühle.
„Nein, diese Aufgabe kann nur ein Oxtorner erfüllen", lehnte meine Göttin ab. „Stalion Dove, du wirst nach LAGER gehen. Wegen der tödlichen Aura, die diese Basis umgibt, kannst du allerdings nicht mit deinem normalen Körper hinein. Deshalb erhältst du einen traumrealen Projektionskörper, in dem du nach LAGER versetzt wirst, während deine sterbliche Hülle hier zurückbleibt. Wenn du in LAGER stirbst, wird dein Bewußtsein in den nächsten Projektionskörper fliehen, den ich inzwischen bereitgestellt habe. Mit ihm brichst du wieder nach LAGER auf und so fort."
„Und so
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