1223 - Ordobans Erbe
glauben. Die Heiterkeit legte sich jedoch schnell, als er Deneides strafenden Blick bemerkte.
Die hagere Frau seufzte ungeduldig.
„Ich sagte bereits, daß ich es ernst meine. Du kannst dir die Bilder ansehen - und Holtz Khaan klang auch nicht so, als sei ihm nach blöden Witzen zumute. Der Mann arbeitete in einem Lagerraum, als ihm plötzlich eine Wand den Rückweg versperrte und ihn einschloß. Wohlgemerkt: Keine Projektion, sondern echtes, massives Mauerwerk. Khaan hat sich über den Armbandtelekom gemeldet und gebeten, daß man ihn herausholt. Du könntest das per Teleportation am schnellsten erledigen."
Gucky blinzelte, noch immer mißtrauisch. Was Deneide sagte, klang unglaublich. Er überlegte, ob er in ihren Gedanken lesen sollte, doch er entschied sich dagegen. Es gab keinen Grund, an der Aufrichtigkeit der Funkerin zu zweifeln. Waylon Javier, dem er einen fragenden Blick zuwarf, hob bedauernd die Schultern; auch er stand offenbar vor einem Rätsel.
„Eine Wand aus dem Nichts", brummte der Ilt gereizt. „In einem Lagerraum der BASIS.
Was sagt Hamiller dazu?"
„Frag ihn!" forderte Deneide ihn auf.
Gucky wartete, bis auf einem Monitor das Erkennungszeichen der Bordpositronik aufleuchtete.
„Du weißt, worum es geht?"
„Natürlich, Sir", bestätigte Hamiller in seiner charakteristischen Sprechweise. „Ein Besatzungsmitglied wurde angeblich eingemauert."
„Angeblich!" schnaubte Gucky. „Es stimmt also gar nicht?"
„Sie müssen verzeihen, Sir, wenn ich mich unglücklich ausgedrückt habe. Es stimmt, daß jemand eingemauert ist. Fraglich ist seine Eigenschaft als Besatzungsmitglied."
Der Mausbiber blickte verwirrt um sich.
„Was heißt das? Deneide, du hast doch mit dem Mann gesprochen. Wie nannte er sich?
Khaan?"
„Holtz Khaan", nickte die Cheffunkerin der BASIS.
„Eine Person dieses Namens ist an Bord nicht registriert", bemerkte die Hamiller-Tube.
„Vielleicht handelt es sich um ein Pseudonym."
Gucky schüttelte unwillig den Kopf. Im Moment begriff er nur, daß auf der BASIS etwas nicht stimmte. Was ihm mißfiel, war die Gelassenheit, mit der über das ungereimte Vorkommnis gesprochen wurde.
„Und?" fragte er provozierend. „Hat sich jemand um den Mann gekümmert?"
„Dazu bestand kein Anlaß", erklärte die Positronik trocken. „Wir waren der Auffassung, daß Sie dem Eingeschlossenen am schnellsten helfen können. Schließlich sind Sie der Teleportation mächtig, Sir."
Gucky rang um seine Beherrschung.
„Und wenn es eine Falle ist?" preßte er hervor. „Ein Trick des Dekalogs ...?"
„Ich kann Sie beruhigen, Sir", schmeichelte die Hamiller-Tube. „Der fragliche Sektor ist selbstverständlich längst abgeriegelt und steht unter permanenter Beobachtung. Aus Sicherheitsgründen wurde allerdings bislang darauf verzichtet, die Mauer zu untersuchen oder gar zu zerstören. Ihre Existenz wirft noch Fragen auf. Optisch ist sie vorhanden, materiell ebenfalls - aber sie ist weder als Energie noch als Masse anzumessen. Ich rate weiterhin, nichts zu unternehmen, was den Eingeschlossenen in irgendeiner Weise gefährden könnte - auch wenn wir noch gar nicht wissen, wer sich hinter dem Pseudonym überhaupt verbirgt."
Gucky nickte langsam. Die Ausführungen der Bordpositronik zerstreuten seine Zweifel an der Ernsthaftigkeit, mit der das seltsame Phänomen behandelt wurde.
„Gibt es eine Verbindung zum Lagerraum?" wollte Gucky wissen. „Kann mäh sich die Sache einmal ansehen?"
„Ja, Sir."
Das verschnörkelte H, Erkennungssymbol der Hamiller-Tube, verschwand vom Monitor.
An seiner Stelle erschien das Abbild eines mäßig ausgedehnten Raumes. Fassungslos betrachtete der Ilt die Wiedergabe und musterte die Wand, deren ungewöhnliche Struktur darauf hinwies, daß sie nachträglich eingezogen worden „war. Sie erinnerte an die Kalksandsteinmauern konventionell errichteter Häuser.
„Und dahinter...?" Gucky verzog die Winkel der spitzen Schnauze. „Dahinter schmachtet dieser Holtz Khaan...?"
„Wenn nicht alles täuscht: Ja. Und da dieser Raum nur einen Ausgang hat, ist der Mann eingeschlossen."
„Besteht die Telekomverbindung zu ihm noch?"
„Er hat sie getrennt und reagiert nicht auf meine Kontaktversuche. Ich bedaure es zutiefst, Sir, aber Sie werden sich höchstpersönlich dorthin bemühen müssen. Ich rate Ihnen allerdings, einen Schutzanzug anzulegen."
„Spar dir deine klugen Tipps, Blechkasten", versetzte Gucky. „Ich bin nicht mehr ganz so grün hinter den Ohren,
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