Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1224 - Das Herz der Hexe

1224 - Das Herz der Hexe

Titel: 1224 - Das Herz der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
ersten Moment zumindest. Bei näheren Hinschauen allerdings stellte ich fest, dass die Person in Trance versunken war und die normale Welt verlassen hatte. Sie war tief in ihre eigene Welt hineingeglitten und möglicherweise in einen finsteren Seelenschacht gefallen und dort gefangen genommen worden.
    Sie trug eine Brille mit hellem Gestell. Hinter den Gläsern sahen die Augen sehr groß aus, aber da bewegte sich nichts.
    Mir fielen nur die Schwellungen und die Rötung an ihrem linken Auge auf, wie von einer Allergie hinterlassen. Nach unten hin lief das Gesicht spitz zu, und sie hatte sehr schmale Lippen, die aufeinandergepresst waren. Vom Alter her schätzte ich sie zwischen 40 und 50 Jahre ein.
    Suko war mein Interesse an der Person aufgefallen. Er hatte sie ebenfalls gesehen und stieß mich an.
    »Das ist nicht unsere Amy.«
    »Ich weiß. Trotzdem stimmt einiges nicht mit ihr, das sieht doch ein Halbblinder.«
    »Richtig.«
    Die Frau kam näher. Sie war ja nicht allein. In ihrer Umgebung bewegten sich die anderen Besucher des Kräutermarkts.
    Man hörte Stimmen und auch mal das Starten eines Automotors, doch von dieser normalen Umgebung bekam die Person nichts mit. Sie war eine Gefangene ihres düsteren Inneren.
    Etwas anderes kam für mich nicht in Frage. Und sie war möglicherweise auch eine Wissende, aber das wollte ich noch genauer herausfinden.
    Als sie unsere Bank fast erreicht hatte, erhob ich mich. Ich hütete mich davor, zu schnell aufzustehen, sondern schob mich langsam hoch und ging auch einen Schritt nach vorn, und so blockierte ich ihr den Weg.
    Das störte sie nicht, denn sie ging einfach weiter, wie von einem unsichtbaren Band gezogen.
    Wahrscheinlich wäre sie auch gegen mich gelaufen, doch das wollte ich verhindern, denn ich sprach sie an. »Hi…«
    Das eine Wort reichte, um sie zu stoppen. Sie schaute mich durch die Gläser der Brille an, und ich suchte in ihren Augen so etwas wie Leben, aber da war nichts. Tote Augen, kein Leben, keine Emotionen, sie wirkte auf mich wie ein Zombie, aber das war sie nicht. »Sind Sie allein hier?«, fragte ich.
    »Bin ich.«
    »Möchten Sie etwas kaufen?«
    »Nein.«
    »Nur schauen?«
    »Ja, und suchen.«
    Ich hatte bisher einige Antworten von ihr bekommen und konnte darüber auch nur den Kopf schütteln. Denn die Worte waren ohne Emotionen abgegeben worden. Die Stimme war völlig neutral geblieben, ebenso wie die Haltung der Frau.
    »Ich heiße John Sinclair…«
    »Karin, einfach nur Karin.«
    »Deutsche?«
    »Ja.«
    »Wohnen Sie hier?«
    »Seit zwei Jahren.«
    Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie überhaupt in der Lage war, selbst eine Frage zu stellen. Um das zu tun, musste man sein Gehirn anstrengen, man musste nachdenken und sich die Worte zurechtlegen. Das war bei ihr jedoch nicht möglich, denn sie gab nur Antworten.
    Ich machte ihr einen Vorschlag. »Wie wäre es, wenn wir uns setzen, dann könnten wir gemütlicher miteinander reden?«
    »Ich will es nicht.«
    »Okay, einverstanden. Was wollen Sie sonst noch?«
    »Schauen.«
    »Auch kaufen?«
    »Nein, nur schauen.« Ich wechselte das Thema und sagte:
    »Sie sind auf der Suche, nicht wahr? Sie sind anders als die übrigen Frauen hier, das sieht man Ihnen an. Wen oder was suchen Sie?«
    »Den Weg suche ich.«
    »Darf ich mithelfen?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Der Weg ist nur für mich. Das neue Ziel, es ist ganz nah. Es befindet sich hier.« Zum ersten Mal bewegte sie sich und deutete mit der rechten Hand einen Kreis an. »Ich höre die Botschaft, ich habe sie gesehen. Sie ist so alt, noch älter als die Menschen. Sie war schon immer da, und sie hält sich nicht mehr versteckt. Sie ist uns übermittelt worden. Ich spüre sie, und auch die anderen merken, dass nicht alles zerstört ist, was es einmal gegeben hat. Es kommt zurück. Ja, es kommt zurück, es ist alles vorbereitet.«
    »Können Sie es sehen?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Aber spüren.«
    »Ja.«
    »Wo ist es?«, fragte ich leise, weil auch sie so leise gesprochen hatte. »Wo hält es sich versteckt?«
    »Unter uns. Unter unseren Füßen und dabei tief in der Erde vergraben. Viele haben gedacht, dass es tot ist, aber es lebt. Ich spüre seinen Herzschlag, sein Pulsieren. Es ist so biblisch alt und doch vorhanden. Und es wird bald zu mir kommen.«
    »Woher wissen Sie das so genau?«
    »Man hat es mir heute gesagt. Es ist eine Botin unterwegs. Eine die genau Bescheid weiß.«
    Ich runzelte die Stirn und bemerkte aus

Weitere Kostenlose Bücher