123 - Der Tempel im Dschungel
brüllte los. „Chet, bist du hier? Lebst du noch?" Nur das Echo antwortete ihm. „Shiva!" schrie er. „Komm doch her, du Feigling! Zeig dich, verdammte Statue, damit ich dir den Wanst mit Stahlmantelgeschossen vollpumpen kann!"
Ein höhnisches Lachen war zu hören. Roger Ballard verlor die Nerven.
Er entsicherte das AR-15-Gewehr, stellte auf Einzelfeuer und gab drei Schüsse ab. Die Detonationen hallten in dem Tempelbau, als wollten sie ihn sprengen.
Unga sprang mit einem Tigersatz vor und packte Ballard an der Schulter. „Was soll das? Wohl verrückt geworden, was? Wenn wir jetzt etwas unternehmen wollen, dann müssen wir den Tempel Schritt um Schritt absuchen und in die unterirdischen Gewölbe vordringen."
Roger Ballard nickte verdrossen. „Du hast recht, Trii-Trag…"
„Du kannst mich Unga nennen. Ein Mann und die Frauen bleiben draußen. Wir andern sehen uns hier gründlich um."
„Hast du auch was zu befehlen?" fuhr Roger Ballard Unga an. „Wenn hier überhaupt einer kommandiert, bin das ich, klar?"
„Wir sollten dem die Führung überlassen, der am meisten von der Sache versteht", sagte Unga. „Ich kenne mich mit übernatürlichen Dingen aus, obwohl es da immer neue Überraschungen gibt. Und daß es hier nicht normal zugeht, ist doch wohl klar.“
„Ach, du bist ja ein ganz Scharfsinniger, Unga. Ein richtiger Sherlock Trii - Traa - oder wie du heißt. Und auf Geister verstehst du dich auch? Sind alle Isländer solche Genies?"
„In Island denken die Leute und haben nicht nur ein großes Mundwerk", konterte Unga trocken. „Von mir aus können wir auch abstimmen. Mir liegt nichts daran, hier den Befehlshaber zu spielen. Also, wollen wir den Tempel durchsuchen und nach Chet MacArthur und der Shiva-Statue forschen oder nicht?"
„Sollten wir nicht bis morgen früh warten?" fragte Edward Derby schüchtern.
Es war ihm anzusehen, daß er Angst hatte.
„Ach was, morgen früh", schnauzte Roger Ballard. „Jetzt müssen wir sehen, daß wir etwas ausrichten können. Also Unga ist dafür, sich hier umzusehen. Ich auch. Wie verhält es sich mit dir, Radsch?"
Der schlanke indische Arzt zögerte.
„Ich glaube nicht mehr, daß Shiva uns von hier weggehen läßt", sagte er. „Seine Rache wird uns so und so treffen. Es ist unsere Pflicht, nach unserem Kameraden Chet MacArthur zu suchen."
Roger Ballard brummte mißbilligend. Für ihn war das krauses Gerede.
„Wie ist es mit Ihnen, Lady?" fragte Unga Liz Ballard.
„Wir dürfen Chet nicht im Stich lassen", sagte sie. „Obwohl ich nicht glaube, daß wir ihm noch helfen können. Diesen Schrei und dieses Gelächter werde ich mein Lebtag nicht vergessen." „Reena?"
„Tut, was ihr tun müßt", sagte die Padma-Sadhu. „Die Katastrophe ist nicht aufzuhalten. Ich will eine geistige Botschaft an die Padmas senden, die hoffentlich schon am Ort der Erleuchtung angelangt sind."
Diese blumige Rede bedeutete nicht mehr und nicht weniger, als daß Reena eine telepathische Botschaft an die Padmas in der magischen Grotte senden wollte. Zuvor hatte sie das nicht getan, aus Angst, ihre Gedanken könnten statt der Padmas die Chakras erreichen und diesen die magische Grotte verraten. Jetzt wollte Reena die Padmas unbedingt vor der Rache Shivas warnen. Das zu tun, war ihr wichtiger, als weiter die Vorsichtsmaßregeln einzuhalten.
„Gut", sagte Unga. „Wer von den Männern hält Wache draußen?"
„Radsch soll das machen", sagte Roger Ballard. „Er verschlingt meine Frau ohnehin mit Blicken, da kann er auch auf sie aufpassen. In diesem widerlichen, fauligen Tümpel steckt nämlich ein Monster, das schon zwei von uns getötet hat, Unga. Gleich am ersten Abend, als wir hier waren."
Er wandte sich an Radschendra Bhandri. „Wenn das Biest kommt, dann wirf ihm ein paar Dynamitpatronen an den Kopf, Radsch. Aber gleich, wenn du es siehst."
Bhandri winkte müde ab. Sprechen wollte er mit Roger Ballard nicht, nachdem der seine Zuneigung zu Liz so grob bloßgestellt hatte.
Ballard boxte ihn in die Seite. „Zieh kein Gesicht, Radsch! Wenn ich nicht mehr aus dem Tempel zurückkomme, kannst du den Witwentröster spielen."
Reena und Liz verzogen das Gesicht. Unga dachte bei sich, daß dieser Roger Ballard einer der gröbsten Klötze war, die er je getroffen hatte.
Radschendra Bhandri, Liz Ballard und Reena blieben also beim Feuer zurück. Unga, Roger Ballard und Edward Derby drangen in den Tempel ein. Der kleine Sekretär schlotterte an allen Gliedern und verkroch
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