123 - Der Tempel im Dschungel
hielt. „Wenn wir das alles mitschleppen sollen, ist es schon mehr als genug. Wir werden morgen anfangen, den Hubschrauberlandeplatz zu roden. Dann können wir mit dem Helikopter zurückkommen und die Schätze abholen. "
Der vierschrötige Mann schaute über den Wassertümpel. Das rote Licht der schon halb hinter den Baumwipfeln versunkenen Sonne spiegelte sich darin. Es sah aus, als trieben Blutschwaden im Wasser.
„Wir sollten das Biest. im See erledigen, Chet", sagte der Vierschrötige. „Dann können wir einen Helikopter mit Schwimmkufen nehmen und brauchen nicht extra einen Landeplatz zu schaffen." „Wenn das Monster nicht aus dem Wasser herauskommt, können wir es auch nicht töten", sagte die blonde Frau. „Oder willst du dich als Köder ans Ufer legen, Roger?"
Reena berührte Unga am Arm.
„Das sind Tempelplünderer", flüsterte sie. „Sie entweihen Shivas Tempel und schleppen seine Schätze fort. Dadurch können die Pläne der Padmas gestört, vielleicht sogar vereitelt werden. Wieder eine neue Schwierigkeit, als hätten wir nicht schon genug davon."
„Was stören euch diese Schätze? Euch gehören sie nicht - oder doch?"
„Nein. Wir Padmas legen nicht viel Wert auf irdische Güter. Aber dieser Tempel ist verflucht. Wer ihn ohne die nötige Ehrerbietung vor Shiva betritt oder sich gar an den Schätzen in den unterirdischen Gewölben vergreift, erregt den Zorn der Gottheit. Shiva, der in diesem Tempel wohnt, erwacht und bestraft den Frevler und überhaupt. jeden Menschen, der in seine Nähe kommt, grausam."
Unga überlegte. Vielleicht wohnte ein Dämon in dem Tempel, der es nicht mochte, daß man seinem Domizil zu nahe kam. Oder es gab einen Tempelwächter, ein übernatürliches Wesen oder ein Monster, das Shivas Schätze bewachte.
„Du befürchtest, daß Shiva an die Padmas in der magischen Grotte geraten könnte?" fragte Unga Reena. „Oder daß er auf die Padmas Jagd macht, die dorthin unterwegs sind?"
Reena nickte. „Ich fürchte, es ist schon soweit. Denk an Maya, Unga, und an das, was sie erzählte!" Unga beobachtete den Lagerplatz, auf dem jetzt ein Feuer angezündet wurde. Die fünf Menschen gingen verschiedenen Tätigkeiten nach. Die schöne blonde Frau und der bebrillte Mann waren dabei, das Abendessen zuzubereiten. Der Vierschrötige wühlte in den Schätzen, lachte wie ein Kind und spielte mit den Prunkstücken und den Edelsteinen. Ein schlanker Inder mit weißem Pagri auf dem Kopf hielt jetzt schon Wache und schaute immer wieder zum See hin. Nachdem nun die Sonne endgültig untergegangen war, wurde es rasch dunkler. Und immer noch herrschte jenes unheimliche unheilvolle Schweigen. Es war, als hielte die Natur den Atem an, als lauerte und wartete sie auf etwas.
Der drahtige Mann mit dem bürstenartigen Schnurrbart ging auf den Tempeleingang zu. Er bewegte sich wie ein Schlafwandler. Seine Arme hingen schlaff herunter und baumelten.
„He, Chet!" rief der Vierschrötige. „Wo willst du denn hin?"
Abrupt blieb der drahtige Mann stehen. Es war, als hätte er plötzlich einen Elektroschock erhalten. Langsam drehte er sich um. Unga konnte es auf die Entfernung nicht sehen, aber in seinem Gesicht zuckte es heftig. Er wandte sich an die Leute, die beim Feuer saßen oder standen.
„Ich will mir die Statue Shivas noch einmal ansehen. Sie fasziniert mich."
Der Vierschrötige lachte. „Du mit deiner Statue! Manchmal glaube ich, du hast nicht mehr alle beisammen, Chet. Seit du in der vorletzten Nacht allein im Tempel warst, hast du es ständig mit der Jadestatue. Andauernd streichst du um sie herum wie der Hund um den verbotenen Knochen." „Roger!" sagte die blonde Frau vorwurfsvoll. Dann fragte sie den drahtigen Mann: „Was suchst du in diesem Tempel, Chet? Meinst du immer noch, daß die Statue die Stellung ihrer Arme verändert?" „Laß ihn gehen", sagte der Vierschrötige, „wenn's ihm Spaß macht."
Wortlos drehte der drahtige Mann sich um und verschwand im dunklen Tempeleingang.
Der vierschrötige Mann wandte sich an die anderen. „Diese Ruhe gefällt mir nicht. Wir müssen die Augen offenhalten. Als es das letzte Mal so still war, hat das Wassermonster Mannen Smith und Zakir geholt. Verdammt noch mal, da bin ich aber auch in einen Verein geraten! Zwei lassen sich von irgendeinem Wasserbiest umbringen, Edward Derby hat die Hosen voll, Radsch Bhandri faselt ständig von einem Fluch und Chet MacArthur spinnt mit seiner Statue. Seit zwei Tagen ist er völlig verdreht. Und
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