1233 - Der Kunst-Vampir
andere Antwort. Außerdem musste sie sich um die nächsten Gäste kümmern, die sie kannte, denn sie erhob sich und umarmte die Vier der Reihe nach.
Wir hatten uns schon von der Kasse entfernt und gingen über den Innenhof mit seinen holprigen Steinen. Die Party wurde außen und innen gefeiert. Auf dem Hof waren kleine Stände aufgebaut, an denen man etwas zu trinken bekam und auch essen konnte. Das interessierte uns weniger, denn wir schauten uns lieber die Gäste an.
Es hatten sich nur wenige Personen hierher gewagt, die nicht zur Szene gehörten. Die meisten von ihnen waren eben Grufties, die auf Bänken saßen, sich kaum unterhielten und sich in ihr Innenleben hinein verkrochen hatten.
Es herrschte alles andere als Partystimmung. Aber das musste hier wohl so sein.
Justine Cavallo entdeckten wir nicht, und auch Roy Peters lief uns nicht über den Weg. Dafür erhielten unsere Gesichter hin und wieder einen rötlichen Anstrich, wenn wir durch das entsprechend gefärbte Licht schritten. Man hatte Girlanden gespannt und mit roten Birnen bestückt. So war auch hier die richtige Atmosphäre entstanden.
Die Musik drang durch die offene Tür nach draußen. Uns lockte der Innenraum und damit auch die Ausstellung. Das Seil gab es nicht mehr. Jeder konnte frei durchlaufen, was wir auch tun wollten, aber schon sehr bald wurden wir gestoppt, denn in diesem rötlichschwarzen Dämmerlicht hatte uns Roy Peters entdeckt.
Zuerst winkte er, dann kam er auf uns zu. Er hatte sich umgezogen und trug jetzt ein schwarzes glänzendes Hemd mit sehr weit geschnittenen Ärmeln.
»Ah, das sind Sie ja wieder.« Wir wurden begrüßt wie alte Freunde. Roy war richtig aufgeregt. Er fuchtelte mit den Armen, lachte und sagte dann: »Sie glauben nicht, was passiert ist!«
»Was denn?«, fragte Dagmar, obwohl sie und ich schon ahnten, was sich hier verändert hatte.
»Er ist wieder da!«, flüsterte uns der Mann verschwörerisch zu. »Ob Sie es glauben oder nicht.«
»Nein!«
»Doch, Frau Hansen. Er ist tatsächlich zurückgekehrt.«
»Wer hat ihn denn gebracht?«, fragte ich. »Ist es die Blonde gewesen?«
»Wo denken Sie hin? Das hätte ich gern gehabt.« Er bewegte seinen Kopf in die verschiedenen Richtungen. »Ich war nur mal kurz weg, und als ich zurückkam, da stand er wieder an seinem Platz, als wäre überhaupt nichts gewesen. Können Sie sich das vorstellen?«
»Wenn Sie das sagen.«
»Ja, ich schwöre. Aber ich habe keine Ahnung, wie das passieren konnte, ehrlich.«
»Dann können wir ihn ja besichtigen«, sagte Dagmar.
»Aber sicher. Sofort. Das Prunktstück meiner Ausstellung möchte ich keinem vorenthalten.«
Sicher, es zog uns zu ihm hin, aber ich hatte noch eine Frage, die ich unbedingt loswerden wollte. »Ist Ihnen an dieser Gestalt vielleicht nach ihrer Rückkehr etwas aufgefallen?«
Roy Peters schaute mich fast entsetzt an. »Wieso? Was wollte mir denn aufgefallen sein?«
»Kann es sein, dass er sich verändert hat? Natürlich nur vom Äußeren her?«
Peters brauchte nicht lange zu überlegen. »Nein«, sagte er dann, »er sieht aus wie immer.«
»Das wissen Sie genau?«
»Ja, Herr Sinclair.« Er trat einen kleinen Schritt nach hinten.
»Warum stellen Sie die Fragen?«
»Ich bin eben ein misstrauischer Mensch und…«
»Hören Sie auf. Wenn ich mir keine Gedanken darüber mache, dann brauchen Sie das auch nicht. Es läuft doch alles bestens. Ich bin zufrieden, und Sie können es bald auch sein, wenn ich das richtig sehe. Seien Sie einfach locker und feiern mit uns. Sie werden sehen, dass es bestimmt Spaß macht.«
»Das glauben wir Ihnen sogar«, sagte ich und lächelte. »Wissen Sie, Menschen wie wir wollen immer auf Nummer sicher gehen. Das bringt der Beruf mit sich.«
»Kann ich verstehen.« Er hob die Schultern. »Sie werden mich bestimmt entschuldigen, denn ich muss mich noch um die anderen Gäste kümmern. Wir sehen uns dann.«
»Das glaube ich auch.«
Als Peters außer Hörweite war, hörte ich Dagmar Hansen leise lachen. »Er hat nichts bemerkt, John, keine Veränderung. Kannst du das glauben?«
»Ja. Peters ist so euphorisch gewesen, dass er alles andere vergessen hat.«
»Dann lass uns gehen.«
Ich hatte das Kreuz noch immer vor der Brust hängen. Da sollte es auch bleiben. Noch bestand kein Grund, es zu ziehen, um einzugreifen.
Aber ich wartete schon auf den Wärmestoß. Je näher wir dem Ziel kamen, desto gespannter wurde ich. Dagmar war einen Schritt voraus, denn sie konnte es kaum
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