1237 - So rächt sich eine Bestie
Stimme.
»Gut, Sinclair, gut! Alles klar bis jetzt. Hieve ihn hoch! Aus dir wird noch mal ein echter Retter.«
»Aber nur mit Pamela Anderson.«
»Wer ist das?«
»Vergiss es.« Ich hielt den Mann fest und wartete wieder auf die nächste Welle, die es mir leichter machte.
Ja, sie schwappte heran und klatschte gegen den unteren Körper des Mannes. Sie hob ihn an, ich warf meinen Körper nach hinten und zog meine menschliche Beute so über die Bordwand hinweg.
Da Tom Carry mich bei meinen Bemühungen unterstützte, war es recht leicht, den Mann aufs Trockene zu bekommen und ihn auf den Rücken zu legen. Das Licht unserer Positionslaterne fiel so weit nach unten, dass es über das Gesicht des Mannes hinwegzuckte. Er lebte, und er atmete noch. Er keuchte, er würgte, er spie Wasser, und als wir ihn genauer anschauten, da war zumindest ich davon überzeugt, Panik in seinen Augen leuchten zu sehen.
Tom holte eine Decke aus einer Kiste hervor..
»Die braucht er. Der Mann ist bestimmt unterkühlt. Ein paar Minuten später, und er wäre daran gestorben.« Gemeinsam wickelten wir ihn in die Decke ein. Er zitterte, er bewegte seine Lippen, ohne es zu wollen, er hatte die Augen verdreht, und die Haut in seinem Gesicht kam mir blau und verfroren vor.
»Kennst du ihn?«, fragte ich Tom.
»Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Von der Insel jedenfalls ist er nicht. Muss einer vom Festland sein. Egal, sind ja auch Menschen«, erklärte er in seinem typischen Humor und holte dann aus seiner Innentasche eine flache Flasche hervor, die mit einer bräunlichen Flüssigkeit gefüllt war.
»Rum?«, fragte ich.
»Genau, denn der tut ihm jetzt gut.« Wenn Tom das sagte, musste das stimmen, denn er war der Mann mit den entsprechenden Erfahrungen. Er lachte.
»Hoffentlich kann der Gute auch trinken. Wäre wirklich schade um den guten Schluck.«
Tom setzte die Öffnung an. Es klappte besser als gedacht.
Zwar liefen einige Rinnsale über das Kinn des Mannes, aber das meiste verschwand in seinem Mund.
Ich wusste den Schiffsbrüchigen in guten Händen und blickte noch mal zu diesem großen Schiff hinüber. Der Mann wäre ertrunken, wenn wir ihn nicht aus dem Wasser gezogen hätten.
Es stand fest, dass er von irgendwo herstammen musste, denn einfach vom Himmel gefallen war er bestimmt nicht. Da kam für mich nur das Schiff in Frage. Aber warum er über Bord gesprungen oder geworfen worden war, das stand noch in den Sternen. Das mussten wir herausfinden, und ich hoffte, dass der Mann in der Lage war, es zu sagen.
Tom Carry hatte das Gesicht des anderen abgetrocknet. Er rieb über die kalten Wangen hinweg, während der Gerettete hustete und noch immer zitterte. Er war in meinem Alter, um sein Kinn herum klebten dünne Barthaare, und das übrige Haar war ihm entweder ausgefallen oder er hatte es sehr kurz geschnitten, weil es auf seinem Kopf so gut wie nicht zu sehen war.
Tom Carry bemerkte meinen Blick und kam meiner Frage zuvor. »Ich denke, wir haben ihn so weit, dass er reden kann. Was meinst du, Sinclair? Stammt er vom Schiff?«
»Sicher. Vom Himmel gefallen ist er nicht.«
»Dann frage ich mich, warum ihn die anderen nicht aus dem Wasser geholt haben.« Tom verengte die Augen und warf einen Blick über das Wasser. »Allmählich habe ich das Gefühl, dass ich dir Recht geben muss. Hier scheint einiges nicht in Ordnung zu sein.«
»Das werden wir hoffentlich von ihm erfahren.«
Tom flößte ihm noch einen Schluck Rum ein. Diesmal trank der Mann besser. Er verschüttete kaum etwas, und Tom musste die Flasche dann zurückziehen, weil der Mann nicht genug von dem Zeug bekommen konnte.
Er lag auf dem Rücken und verdrehte die Augen, weil er uns beide anschauen wollte. Ich lächelte ihm zu, während Tom die Flasche zudrehte und verschwinden ließ.
»Können Sie reden?«, fragte ich.
Er zögerte mit einer Antwort. Als ich in seine Augen schaute, las ich dort das Gefühl der Angst. Es steckte tief in ihm, und ich fragte mich, ob es die Angst vor dem Ertrinken oder vor etwas anderem war.
»War knapp«, sagte er.
»Stimmt.« Ich lächelte. »Aber wir haben es geschafft, und jetzt geht es weiter.«
»Ja«, flüsterte er und fügte noch etwas hinzu, was mich stutzig machte. »Für mich.«
Bevor ich näher auf die Bemerkung eingehen konnte, stellte Tom Carry eine Frage. »Hast du auch einen Namen?«
»Taggert, Kevin Taggert.«
»Okay, ich heiße Tom, und das ist John. Wir sind Fischer. Hast verdammtes Glück gehabt, dass wir dich
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