1238 - Justines Blutfest
gemacht, aber sie wird sich neue Opfer holen und ihre alten Pläne bestimmt nicht aufgeben. Darauf könnt ihr euch verlassen.«
Hatte er Recht? War alles nur Spinnerei? Jedenfalls eignete sich Coomb Island gut als Ausgangspunkt und Basis für solche Aktionen. Da war ich mir sicher.
Ob allerdings im Hintergrund dieser große Zusammenhang bestand, das musste man noch sehen.
»Klingt es für euch nicht gut genug?«, fragte der alte Mann.
Es war schwer, ihm darauf eine Antwort zu geben. Okay, wir waren es gewohnt, mit fantastischen Dingen konfrontiert zu werden, aber dieser Highland-Vampir war einfach noch zu weit weg. Justine Cavallo war mir einfach näher.
»Ich glaube dir, Orson«, sagte ich. »Und das ist nicht einfach nur dahergesagt, aber wir müssen uns um Justine Cavallo kümmern, denn sie ist uns näher, und sie wird sich auch nicht daran hindern lassen, Opfer zu holen.«
»Das befürchte ich auch«, gab der Alte zu und fragte dann:
»Was habt ihr genau vor?«
»Wir werden sie suchen und stellen müssen«, erklärte ich.
»Sie befindet sich auf der Insel, und es ist zu befürchten, dass sie das Blut von mindestens drei Menschen getrunken hat. Wenn das zutrifft und diese Menschen auch zu Vampiren geworden sind, dann hat sie erreicht, was sie wollte. Dann ist die Kettenreaktion bereits eingetreten. So kann es sein, dass in ein paar Stunden, wenn die Fischer zurückkehren, sie von ihren grausam veränderten Familienmitgliedern erwartet werden. So interessant der Highland-Vampir auch sein mag, aber in diesem Fall ist uns Justine Cavallo, die blonde Bestie, viel wichtiger.«
Der alte Mann griff wieder zu seinem Glas und trank es jetzt leer. »Das weiß ich, John, das akzeptierte ich auch, aber ich muss euch noch um etwas Geduld bitten, denn ich habe noch nicht alles preisgegeben.«
»Was gibt es noch?«
Er überlegte und wischte dabei mit dem Handrücken über seinen Mund. »Wie ich schon sagte, ich habe mich sehr intensiv mit dem Highland-Vampir beschäftigt. Ich habe ihn studiert, ohne ihn je gesehen zu haben. Ich konnte mich dabei nur auf mündliche Überlieferungen verlassen, aber ich gab nicht auf. Ich fand hier auf der Insel etwas, das man als einen Beweis ansehen kann. Oder zumindest als einen Hinweis, wenn man skeptischer ist.«
Er machte es spannend. Wir wollten auch keine Zeit mehr verlieren und ihn nicht aufhalten. Deshalb stellten wir auch keine Fragen mehr. Wir schauten zu, wie er sich bückte und sein Gepäckstück mit beiden Händen umfasste. Er schob den quadratischen Kasten ein Stück vor, hob ihn dann an und stellte ihn auf dem Tisch ab.
»Finden wir dort den Beweis?«, fragte ich.
Orson Finley blickte mich an, legte die Stirn in Falten und lächelte vorsichtig. »Ja, Sie werden hier etwas finden, aber ich gehe nicht von einem Beweis aus, sondern vielmehr von einem Hinweis, den ich hier auf der Insel gefunden habe.«
Suko war ebenfalls gespannt, und so rückten wir beide näher an den Tisch heran, um nur alles mitzubekommen. Wir sahen, dass der Kasten an beiden Seiten durch Klemmen gesichert war. Erst wenn sie hochgeklappt worden waren, konnte der Deckel angehoben werden.
Die Klemmen schnackten hoch. Sehr ruhig bewegten sich die Hände des alten Mannes, als er nach dem Deckel griff, einmal kurz ruckte und ihn dann in die Höhe zog.
»Schaut hinein«, flüsterte er.
Das taten wir. Ich wusste nicht, was mein Freund Suko erwartet hatte, ich hatte alles Mögliche angenommen und mir sogar einen Kopf als Inhalt vorstellen können.
Der tatsächliche Inhalt aber überraschte mich und hätte mich beinahe vom Stuhl geschleudert.
Waren es Würmer, die sich dort bewegten?
Nein, keine Würmer, aber das Gefäß war mit einem ekligen und widerlichen Zeug gefüllt, vor dem die meisten Menschen einen regelrechten Horror hatten.
In dem Gefäß befanden sich zahlreiche Blutegel…
***
»Kevin!«, flüsterte Pollack, weil er einfach etwas sagen musste, nachdem er die Überraschung verdaut hatte. »Verdammt, Kevin, gib endlich Antwort…«
Aber Taggert sagte nichts. Er bewegte sich auch nicht. Er stand nur mit seinen gefletschten Zähnen da und schaute mit einem kalten und trotzdem glanzlosen Blick nach vorn, ohne sich zu bewegen. Er schien noch unsicher zu sein, wie er reagieren sollte, denn schließlich stand sein neues Leben erst am Anfang.
Pollack wich zurück. Er freute sich darüber, sich so gut in der Gewalt zu haben. Fast sarkastisch gab er zu, dass er mit Vampiren seine Erfahrungen
Weitere Kostenlose Bücher