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124 - In der Gewalt der Daa'muren

124 - In der Gewalt der Daa'muren

Titel: 124 - In der Gewalt der Daa'muren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Nacken gelegt und die Augen geschlossen. Seine Lippen bewegten sich; mal murmelnd, mal stumm. Was da an seine Stirn leuchtete, musste eine Art Edelstein sein, ein seltener Kristall vielleicht. Er war an einem Stirnreif befestigt und schien aus dem Inneren heraus aus eigener Kraft Licht erzeugen zu können.
    Der Anblick des Mannes hatte etwas Unheimliches, und Bulldogg erschauerte. Was für eine merkwürdige Art, seine Götter zu verehren! Wozu dieser grüne Edelstein, und warum leuchtete er? Und wollte Arnau denn die ganze Nacht beten?
    Es musste schon eine Stunde nach Mitternacht oder später sein.
    Die Königin wartete sicher schon ungeduldig…
    Auf einmal fiel sein Blick auf Arnaus Fäuste – die silbrig-weiß glänzten! Bulldogg hielt den Atem an. Konnte das sein?
    Und was bei Orguudoos stinkendem Atem trug der Königliche Berater unter seiner Lederweste? Ein silbernes Kettenhemd?
    Oder halt – war das nicht seine Haut, was sich da so hell und schuppig von den Schlüsselbeinen über seinen Hals bis zum Kinn zog? Und jetzt sah Bulldogg es auch unter dem leuchtenden Stein: Die Stirnhaut des Mannes wirkte wie silbernes Geschmeide, wie der Stoff eines ungewöhnlich feinen Kettenhemdes.
    Plötzlich wurde Bulldogg bewusst, dass sein Knie zitterte und sein Atem flog. Er musste seine vorgebeugte Stellung aufgeben, sonst wäre er in die Tiefe gestürzt. Zitternd zog er sich vom Geländer und auf die andere Schmalseite des Balkons zurück. Dort kauerte er sich auf den kühlen Steinboden. Was er gesehen hatte, wühlte ihn auf. Kaum einen klaren Gedanken konnte er noch fassen. Er fragte sich, ob womöglich seine Sinne ihm einen Streich gespielt hatten.
    Irgendwann ging das Licht hinter dem Fenster aus; irgendwann lief ein Bewaffneter über den Kiesweg ins Grundstück hinein und klopfte an die Haustür. Das Fenster öffnete sich und die Stimme von Sergeant Maakus erkundigte sich bei Arnau nach Bulldogg.
    »Bulldogg? Was habe ich mit dem Oberst der Stadtwache zu scharfen? Und was willst du mitten in der Nacht von mir?!«
    Maakus – ein treuer Soldat und noch dazu ein guter Freund Bulldoggs – war klug genug, nicht auf die Frage nach seinem Kommandeur einzugehen. »Die Königin ruft nach Ihnen.«
    »Um diese Zeit?«
    »Es ist wichtig. Königin Jenny will sich das Blut von Kranken anschauen und braucht Ihren Rat.«
    Bulldogg wartete, bis beide Männer das Grundstück verlassen hatten. Danach erst wagte er es vom Baum zu klettern…
    ***
    Pottsdam, Anfang Oktober 2520
    Der Riese im Netz brüllte seine Wut und seine Verzweiflung in die Nacht. So heftig warf er sich hin und her, strampelte und stieß mit den Ellenbogen in die engen Maschen, dass die Pottsdamer Kämpfer zurückwichen, um nicht von ihm verletzt zu werden. Rudgaar sah, wie zwei ihre Spieße hoben und einer seine Armbrust spannte.
    »Was geht uns der Kerl an«, zischte Guundal. »Hauen wir endlich ab.« Die Geheimtür war nur noch zwei Speerwürfe weit entfernt.
    »Kannst du es dir wirklich leisten, auf einen möglichen Bündnispartner zu verzichten?«, flüsterte Rudgaar. »Wenn ich ein Waldmann wäre und den meisten Leuten als vogelfreier Räuber gälte, würde ich es mir nicht leisten.« Er wartete die Antwort Guundals nicht ab, sondern löste die Leine seines alten Rüden und legte einen Pfeil in seine Armbrust. Seine Entscheidung war längst gefallen. »Los! Kommt schon!«
    Er spurtete los und stieß den Kampfschrei der Waldmänner aus. Die Pottsdamer vor dem Fangnetz mit dem Riesen fuhren herum. Rudgaars erster Pfeil traf einen der Speerträger, sein zweiter den Armbrustschützen. Der Doyzdogger ging einem Kämpfer an die Kehle, der schon ausholen wollte, um seinen Speer auf den im Netz verstrickten Körper zu schleudern.
    Guundal und Alv blieb gar nichts anders übrig, als dem Hundemeister zu folgen. Ihre Flüche gingen schnell in das weit und breit gefürchtete Kampfgebrüll über.
    »Rrrauuu! Urrrauuu!«, gellte es durch die nächtliche Stadt. Mit blanken Klingen drangen Vater und Sohn auf die fürstlichen Krieger vor dem Osttor ein.
    Sie waren zu viert, die Pottsdamer zu acht, und kein vernünftiger Mann tritt gegen eine doppelte Überzahl an, doch der Riesenkerl im Netz merkte, dass Hilfe nahte und verdoppelte seine Anstrengungen: Er rollte sich in den Rücken der vom unverhofften Angriff überraschten Kämpfer.
    Rudgaar wusste, dass die Zeit knapp war; schon hörte er die Schritte der Burgwachen auf dem Fahrweg näherkommen. Das Zentrum der Siedlung

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