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124 - In der Gewalt der Daa'muren

124 - In der Gewalt der Daa'muren

Titel: 124 - In der Gewalt der Daa'muren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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zum Audienzsaal und ging zum »Thron«. Davor blieb er stehen und deutete eine Verbeugung an. »Habt Ihr doch noch eine Lösung für das Problem gefunden, meine Königin?«
    Das erste Mal hatte Jenny ihn kurz nach Mitternacht rufen lassen, weil ihr die grassierende Krankheit keine Ruhe ließ. Sie wollte wissen, ob Arnau womöglich ein Verfahren kannte, mit dem sich Erreger im Blut nachweisen ließen. Sie selbst hatte zu wenig Ahnung von Medizin. Doch auch der Mann vom Gödenboorger Hof hatte ihr nicht helfen können.
    »Nein.« Jenny erhob sich und stieg die drei Stufen zu ihm hinunter. »Diesmal geht es mir um die Frage: Wer sind Sie wirklich?«
    »Bitte?« Er machte eine begriffsstutzige Miene, sie gelang ihm perfekt. »Wie soll ich Eure Frage verstehen, meine Königin?«
    Dicht vor ihm blieb Jenny stehen und blickte ihm in seine hellen grünen Augen. Hatte deren Schönheit nicht etwas Kaltes? Die Frau aus der Vergangenheit spürte die Hitze, die von seinem Körper ausging, und zum ersten Mal, seit sie Arnau kannte, erregte sie diese Hitze nicht. Im Gegenteil – ihr wurde unheimlich zumute. »Sie sind beobachtet worden; beim Beten, wie mein Augenzeuge vermutet.« Jenny wandte sich ab, ging ein paar Schritte Richtung Saaltür und blieb stehen. »Ihre Haut veränderte sich.« Sie drehte sich nicht nach Arnau um; er sollte ihr die Furcht nicht ansehen. »Zu silbernen Schuppen, wenn ich den Zeugen richtig verstanden habe.« Verstohlen tastete sie nach der Pistole unter dem Stoff der oberen Beintasche ihrer Pilotenkombi. »Sie glänzte wie ein silbernes Kettenhemd, so drückte sich der Zeuge aus. Wer also sind Sie wirklich?«
    Sie hatte fest damit gerechnet, dass Arnau – oder wie immer er hieß – den Vorwurf leugnen oder sich in fadenscheinige Erklärungen retten würde. Daher war sie überrascht, als er den Kopf sinken ließ und mit leiser Stimme sagte: »Ja, ich habe gelogen. Es tut mir Leid. Ich versuche meine Andersartigkeit zu verbergen, weil sie nur Feindseligkeit und Furcht hervorruft.« Er blickte auf und sah sie an. »Es stimmt: Ich bin ein Mutant.«
    Eine Zeitlang musterten sie sich schweigend. Blass, fast durchscheinend war Arnaus Haut, und in diesem Augenblick konnte Jenny sich tatsächlich vorstellen, dass sie sich verändern und einen silbrigen Glanz annehmen konnte.
    »Woher kommen Sie?«, fragte sie. »Doch nicht aus Gödenboorg?«
    »Von weit her.« Er machte einen Schritt auf sie zu. In einer herrischen Geste hob Jenny die Hand, sodass er stehen blieb.
    »Aus einem Königreich, dessen Macht und Größe im Verborgenen blüht. Sein Herrscher schickt mich zu Euch.«
    »Was wollen Sie von mir?«
    »Mein König hat mich zu euch gesandt, um euch die Erlaubnis zu überbringen, ihm und seinem Reich zu dienen.«
    Jenny stand wie vom Donner gerührt. »Ihr werdet es nicht bereuen.« Arnau verzog seinen schönen Mund zu einem Lächeln. Es wirkte weder spöttisch noch arrogant. Jedes Wort schien er genau so zu meinen, wie er es sagte.
    Jenny fröstelte. »Verschwinde!«, herrschte sie ihn an. »Pack deine Sachen und geh! Bevor der erste Bauer seinen Stand auf dem Marktplatz errichtet, hast du Beelinn verlassen!«
    Das Lächeln erstarb ihm auf den Lippen, in seinen Augen blitzte es, sein Kinn wurde kantig, seine Haut noch bleicher.
    Jenny griff in die Beintasche. Ihre Faust schloss sich um den Kolben der Armeepistole. Doch Arnau zog es vor, sich zu verneigen. Danach rauschte er an ihr vorbei und verließ den Saal. Jenny glaubte einen warmen Luftzug zu spüren. Sie hörte die Tür hinter sich ins Schloss fallen.
    Eine Zeitlang verharrte sie wie gelähmt. Bis Schritte auf der Treppe sie aus der Erstarrung rissen. Sie drehte sich um: Ann stand auf dem Treppenabsatz. Vor ihr hockte der Hund.
    »Jennymom…!« Ann rannte auf sie zu. Jenny ging in die Knie und schloss sie in die Arme. Das Herz der Kleinen hämmerte an ihrem Herzen. »Ist er doch böse…?«
    »Ich weiß es nicht, Anniemouse. Ich weiß es wirklich nicht…«
    ***
    Luukwald, Mitte Oktober 2520
    Die Nacht dämmerte herauf, irgendwo in den Ruinen rief der erste Kawiezer, ( mutierter Waldkauz, dunkelgrünes Gefieder, schwarzer Scheitelkamm, 80 cm hoch, ca. 180 cm Spannweite ) Nebel stieg aus dem Wald und sammelte sich über den Baumwipfeln.
    Vom nahen See brachten die Söhne Guundals einen Korb voller Fische. Brunor gestattete zwei Feuer in den Ruinen eines großen Saales. Feuer genehmigte er grundsätzlich nur kurz vor Einbruch der Dunkelheit, und auch

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