1241 - Der Mördermönch von Keitum
schlimm! Und keine Spur von dem Mörder. Nichts, was man durch einen Gen-Test hätte lösen können, das Rätsel blieb, und wenn es gelöst werden sollte, dann musste man den Fall von einer ga nz anderen Seite her angehen.
So zumindest sah ich es, als ich mich auf den Weg zum Heimatmuseum machte.
Ich verließ das Hotel durch einen Seitenausgang, ging durch den Ort und konnte trotz allem lächeln. Ich nahm die Insel einfach in mich auf. Das musste ich tun. Diese wenigen Minuten sollten ganz allein mir gehören, und ich stellte fest, dass sich wieder einmal nichts verändert hatte.
Immer noch standen die alten Friesenhäuser mit ihren Spitzgiebeln inmitten der Gärten, die um diese Jahreszeit allerdings etwas trauriger aussahen als im Sommer. Dennoch hatten sie ihren Reiz, und der Geruch, der mir des Öfteren entgege nströmte, deutete an, dass in zahlreichen Kaminen die Feuer brannten.
Ich musste mich in Richtung Watt bewegen, um das Museum zu finden, wo Frau von Weser auf mich wartete. Ich hätte mich bei Claas Claasen noch etwas genauer über sie erkundigen müssen, um zu erfahren, ob sie auch über den Mönch Bescheid wusste und vor allen Dingen, ob sie daran glaubte, dass er der Mörder der drei Frauen war.
Ich hatte es vergessen, aber ich würde es erfahren, da war ich mir sicher.
Sehr oft schaufelte ich mit den Füßen Laub zur Seite. Ich mochte das dabei entstehende Geräusch. Wenn es etwas gab, das mich an den Herbst erinnerte, dann war es das Rascheln des Laubs.
Das unebene Pflaster, die schmalen Bürgersteige, letzte Pfützen vom Regen hinterlassen, das kahle Geäst der Bäume, aber auch der blaue Himmel gaben für einen Landschaftsmaler eine wunderbare Kulisse ab, zumindest nach meinem Geschmack.
Sehr bald hatte ich das alte Friesenhaus erreicht, in dem das Heimatmuseum untergebracht war. Es lag ziemlich geschützt, war von Bäumen umstanden, und wer an ihm vorbeischaute, konnte in der Ferne das Watt liegen sehen. Für mich sah es aus wie graues Blei, über das hin und wieder Vögel strichen, die auf der Suche nach Nahrung waren.
Zur Tür hin führte eine Steinbrücke, ein Weg, der den Besucher direkt bis ans Haus brachte. Da ich den Kopf etwas gesenkt hielt, fiel mir sofort eine bestimmte Verzierung auf, die recht deutlich aus dem steinernen Belag hervorstach.
Es war ein Kreuz!
Kein von der Form normales, sondern ein Andreaskreuz mit den beiden schräg angesetzten und gleich langen Balken. Ich war etwas verwundert und blickte länger zu Boden als es vielleicht nötig gewesen wäre.
Hinter mir hörte ich eine Frauenstimme.
»Es ist das sogenannte Hexenkreuz, Herr Sinclair. Sie sind doch John Sinclair - oder?«
Ich drehte mich um und sah eine Frau, die um die Vierzig war, mich mit einem sehr offenen Lächeln begrüßte, einen Schal um den Hals gewickelt hatte und eine dreiviertellange Jacke trug. Dazu eine braune Hose und Schuhe mit dicken Sohlen. Der leichte Wind spielte mit den blonden kurz geschnittenen Haaren, als sie einen Schritt auf mich zuging und die Hand ausstreckte. »Ja, ich bin John Sinclair.«
»Und ich heiße Silke von Weser. Herr Claasen hat uns hier zusammengebracht.«
»Genau.«
Wir reichten uns die Hände. Der offene Blick, der feste Händedruck, das gefiel mir. Ich hatte schon jetzt den Eindruck, dass mir diese Frau weiterhelfen konnte.
»Sie sagten vorhin Hexenkreuz, Frau von Weser?«
»Ja.«
»Wie kommen Sie darauf?« Da musste sie lachen. »Nicht ich kam darauf. Es waren die Vorfahren, die so dachten. Sehen Sie, dieses aus kleinen Steinen gebildete Pflaster, auch Katzenköpfe genannt, ist sehr wichtig. Reethäuser besitzen keine Regenrinnen. Das Wasser fällt direkt zu Boden und wird über das Traufpflaster weg vom Haus geleitet, damit es dort nicht zu Überschwemmungen kommt. Man nennt diese Wege, die direkt zum Haus führen, auch Steinbrücken, und die eingefü gten Kreuzmuster, die Hexenkreuze, sollten die Bewohner vor Unglück schützen. Das ist die ganze Erklärung. Aber so etwas Ähnliches finden Sie bestimmt in allen Ländern der Welt, kann ich mir zumindest denken.«
»Da haben Sie Recht.«
»Aber Sie sind ja nicht wegen des Hexenkreuzes gekommen. Oder spielt das auch eine Rolle?«
»Man kann nie wissen. Aber im Prinzip haben Sie Recht. Es geht mir um den Mönch.«
»Kennen Sie die Geschichte?«
»Ja.«
Frau von Weser blickte mich von der Seite her an. »Und glauben Sie auch daran?«
»Woran soll ich glauben?«
»Dass von diesem Mönch Unheil
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